Handelsblatt App
Jetzt 4 Wochen für 1 € Alle Inhalte in einer App
Anzeigen Öffnen
MenüZurück
Wird geladen.

26.06.2019

17:47

Geldpolitik

Bafin-Chef warnt vor beschleunigtem Bankensterben bei EZB-Zinssenkung

Von: Andreas Kröner

Eine Zinssenkung würde den Druck auf Banken erhöhen, sagt Bafin-Chef Hufeld. Er erwartet eine harte Marktbereinigung – und das Aus für einige Banken.

Der Bafin-Präsident findet, dass der Bankensektor noch nicht genug getan habe, um auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren. Reuters

Felix Hufeld

Der Bafin-Präsident findet, dass der Bankensektor noch nicht genug getan habe, um auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren.

Frankfurt Schon heute ist die Lage der deutschen Banken alles andere als rosig. Viele große Geldhäuser verdienen seit Jahren ihre Kapitalkosten nicht. Der Rückstand auf die Konkurrenten aus den USA und Asien wird immer größer. Und aus Sicht von Felix Hufeld, dem Präsidenten der deutschen Finanzaufsicht Bafin, ist keine Besserung in Sicht – im Gegenteil.

Falls die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen wie angedeutet nochmals senken sollte, wird sich die Situation laut Hufeld weiter zuspitzen. „Da hilft gar kein Drumherumreden: Dann wird’s halt tougher“, sagte der Bafin-Chef im Frankfurter Wirtschaftspresseklub ICFW. „Dann wird Marktbereinigung härter stattfinden.“

Die Banken leiden seit Jahren unter der Niedrigzinspolitik der EZB. Aktuell müssen sie 0,4 Prozent an Strafzinsen zahlen, wenn sie über Nacht Geld bei der Notenbank parken. Laut einer Studie des Finanzdienstleisters Deposit Solutions überwiesen die europäischen Geldhäuser allein im vergangenen Jahr 7,5 Milliarden Euro an Negativzinsen an die EZB – das entspricht rund 21 Millionen Euro täglich. Für die deutschen Finanzinstitute waren die Belastungen dabei besonders groß.

Und künftig könnte es für sie noch teurer werden. Denn EZB-Präsident Mario Draghi hat vergangene Woche erklärt, dass im Kampf gegen niedrige Inflationsraten weitere Zinssenkungen denkbar seien. Manche Ökonomen erwarten, dass die EZB den Einlagenzins auf einer ihrer nächsten Ratssitzungen auf minus 0,5 Prozent senken wird.

Vielen Banken würde das schwer zusetzen. „Jeder Basispunkt mehr, der über die 0,4 Prozent hinausgehen würde, kostet ein paar Hundert Millionen extra“, sagte Hufeld. Der Druck auf deutsche Finanzinstitute würde in der Folge weiter zunehmen. „Dann werden mehr Banken aus dem Markt gehen, dann wird es mehr Konsolidierung und schnellere Konsolidierung geben.“

Betroffen wären aus Sicht des Bafin-Chefs vor allem kleine und mittelgroße Geldhäuser. „Es versteht sich von selbst, dass ich mir die meisten Sorgen mache um mittlere und kleinere private Banken“, erklärte Hufeld. Denn diese hätten – anders als Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken – keine Verbundstrukturen, in denen schwache Institute aufgefangen und mit benachbarten Instituten verschmolzen werden.

Die Zahl der Banken in Deutschland ist in den vergangenen Jahren bereits kräftig gefallen. Laut der Beratungsfirma Barkow Consulting sank die Zahl von gut 2000 im Jahr 2007 auf 1 583 Ende vergangenen Jahres. 2018 fiel der Rückgang allerdings nicht mehr so stark aus wie in den Jahren zuvor. Das lag daran, dass im Zuge des geplanten EU-Austritts Großbritanniens viele internationale Geldhäuser Aktivitäten von London nach Frankfurt verlagerten und neue Töchter oder Zweigstellen in der Mainmetropole eröffneten.

Sollten nach einer weiteren Zinssenkung künftig mehr Banken aus dem Markt ausscheiden, könne es auch „unkontrollierte Insolvenzsituationen“ geben, warnte Hufeld. Die Finanzaufsicht werde jedoch alles tun, um das zu verhindern. „Wir haben null Probleme damit, dass Banken aus dem Markt ausscheiden“, betonte der Bafin-Präsident. Aber wenn es dazu komme, solle dies in einem kontrollierten Prozess passieren.

Die deutschen Geldhäuser forderte Hufeld auf, ihre Geschäftsmodelle robuster zu machen. Denn neben einer möglichen Zinssenkung der EZB müssten sich die Banken auch auf eine Abkühlung der Konjunktur einstellen. „Es ist absehbar, dass wir irgendwann wieder in schwierigeres Fahrwasser kommen.“ Die Finanzinstitute müssen sich dann auf eine steigende Zahl von Firmenpleiten und Kreditausfällen einstellen.

„Geld weg ist Geld weg“

Grundsätzlich ist Hufeld der Ansicht, dass der deutsche Bankensektor im Vergleich zu anderen Branchen noch nicht genug getan hat, um auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren. „Es ist ein Mangel an Problembewusstsein und der Bereitschaft, sich harten Einschnitten zu stellen“, kritisiert der Bafin-Präsident.

Besonders die Kosten sind aus seiner Sicht bei vielen Instituten noch zu hoch. Ihm sei klar, dass Kostensenken kein Patentrezept sei und dass man damit irgendwann an Grenzen stoße. „Denn irgendwo hört das Fett auf: Dann kommen der Muskel und der Knochen“, sagte Hufeld. „Wenn das so ist, dann muss man an die Geschäftsmodelle rangehen.“

Der Grund, warum viele Bankchefs vor drastischen Schritten zurückschrecken, liege oft im persönlichen Bereich. „Wenn Sie 61 sind, dann sagen Sie: ‚Damit kann sich auch mein Nachfolger beschäftigen‘, wenn Sie nicht eine brennende Plattform haben.“ Viele wollten nicht als der Manager in die Geschichte eingehen, der die Zahl der Geschäftsfelder deutlich reduziert habe.

Die Bafin ist neben der Bankenaufsicht auch für den Verbraucherschutz zuständig. Und hier gehen bei der Bonner Behörde in letzter Zeit immer mehr Beschwerden von Kunden von Onlinebanken ein. „Der Anstieg ist nicht dramatisch, aber er ist deutlich“, erklärte Hufeld. „Dass hier jetzt dran zu arbeiten ist, ist evident.“

Zuletzt waren vor allem Smartphonebanken wie N26 in die Kritik geraten. Die Bafin hat Finanzkreisen zufolge bereits im vergangenen Jahr bei einer Sonderprüfung bei dem Berliner Start-up Mängel festgestellt. Im Mai ordnete die Behörde bei N26 dann bessere interne Sicherheitsmaßnahmen gegen Geldwäsche an. N26 erklärte, es nehme die Anordnung sehr ernst und habe schon im Vorfeld notwendige Maßnahmen mit der Bafin abgestimmt.

Hufeld nannte N26 bei seinem Auftritt im ICFW nicht beim Namen. Aber er betonte, dass schnell wachsende Institute sicherstellen müssten, dass sie alle regulatorischen Voraussetzungen erfüllten. „Es gibt keinen Online-Bonus“, betonte der Bafin-Chef. Denn für Kunden sei es egal, ob sie bei einer On‧linebank oder einer klassischen Bank schlechte Erfahrungen machten. „Geld weg ist Geld weg.“

Mehr: Bafin-Chef Hufeld warnt vor einer blinden Begeisterung für grenzüberschreitende Bankenfusionen.

Direkt vom Startbildschirm zu Handelsblatt.com

Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.

Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.

×