Senkt die EZB den Einlagenzinssatz für Banken weiter, müssen Kunden mit höheren Gebühren oder Minuszinsen rechnen, warnen die Genossenschaftsbanken.
Marija Kolak
Die Präsidentin des BVR sieht die Profitabilität im Kundengeschäft in Gefahr.
Bild: imago/sepp spiegl
Frankfurt Die deutschen Volks- und Raiffeisenbanken erwarten, dass die Zinsen noch mehrere Jahre lang sehr niedrig bleiben. „Wir rechnen nicht mit einer Wende beim Leitzins in den kommenden fünf Jahren“, sagte Marija Kolak, die Präsidentin des Bundesverbands BVR, am Donnerstag. „Wir werden uns darauf einstellen müssen.“ Die Märkte hätten bereits ein klares Signal gesendet: „Zinswende ade.“
Das hat laut Kolak Folgen für die genossenschaftlich organisierten Geldhäuser: „Es wird für Banken immer schwieriger, eine angemessene Profitabilität im Kundengeschäft sicherzustellen.“ Das gelte vor allem, wenn auf die Weitergabe der negativen Zinsen im Mengengeschäft verzichtet wird.
Ein Bruchteil der insgesamt knapp 900 Volks- und Raiffeisenbanken verlangt von seinen privaten Kunden Strafzinsen für hohe Einlagen auf Giro- oder Tagesgeldkonten, meist ab Summen von 100.000 oder 500.000 Euro. Für geringere Einlagen gilt es als Tabu, Minuszinsen zu berechnen – nicht nur bei den Genossenschaftsbanken, sondern auch bei Sparkassen und privaten Banken.
Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hatte kürzlich angekündigt, dass die Geldpolitik in der Euro-Zone noch lockerer werden dürfte. Der Leitzins liegt bereits bei null.
Viele Beobachter gehen seitdem davon aus, dass die EZB ihre bereits auf einem Rekordtief liegenden Einlagenzinsen für Banken im September noch einmal um zehn Basispunkte auf minus 0,5 Prozent senken wird. Dieser Strafzins kostet die Banken Milliarden, weil sie den Minuszins in der Regel nur an Firmenkunden mit hohen Einlagen weiterreichen. Die Volksbanken erwarten nun offenbar, dass sich die Zinspolitik auch unter der künftigen EZB-Chefin Christine Lagarde nicht ändert.
Wenn sich das Thema der niedrigen Zinsen aber bestätige, würden „alle Banken das neu bewerten müssen“, sei es mit Blick auf Gebühren oder auf andere Themen, sagte Kolak. Bereits im vergangenen Jahr haben die Genossenschaftsbanken ihren Provisionsertrag gesteigert, teils auch, indem sie die Preise erhöht haben.
Die Volks- und Raiffeisenbanken und ihre Verbundunternehmen stehen trotz der bereits schwierigen Zinssituation sehr gut da. Sie verdienten 2018 zusammen 7,8 Milliarden Euro vor Steuern. Das ist zwar ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Vorjahr, 2017 hatte der Vorsteuergewinn der genossenschaftlichen Finanzgruppe noch knapp neun Milliarden Euro betragen; 2015 waren es sogar fast zehn Milliarden Euro.
Doch das Ergebnis könne sich im internationalen Vergleich sehen lassen, sagte BVR-Vorstand Gerhard Hofmann. „Wir sind eine der ertragsstärksten Organisationen.“
Einmal im Jahr tun die Volks- und Raiffeisenbanken, die Sparda-Banken, die PSD-Banken und ihre Verbundunternehmen so, als wären sie ein großer Konzern, und berechnen einen gemeinsamen Jahresabschluss, das „konsolidierte Ergebnis“. Da das eine komplexe Rechnung ist, veröffentlicht der BVR die Zahlen erst im Juli des Folgejahres. Zu den Verbundunternehmen gehören die DZ Bank, die Versicherung R+V, die Fondsgesellschaft Union Investment und die Bausparkasse Schwäbisch Hall.
Aufgrund dieser Ergebnisberechnung kann die genossenschaftliche Finanzgruppe eine Bewertung für ihre Kreditwürdigkeit insgesamt erhalten. Die Ratingagenturen S&P und Fitch geben der Gruppe eine sehr gute Note – wie sie weltweit nur sehr wenige Banken erhalten. Das wiederum hilft dem Spitzeninstitut der Volks- und Raiffeisenbanken, der DZ Bank. Der Grund: Alle Genossenschaftsbanken stehen im Krisenfall füreinander ein.
Mehr: Wie die Sparkassen stemmen sich auch die Volks- und Raiffeisenbanken erfolgreich gegen die Minizinsen. Mit 2,2 Milliarden Euro verdienten sie genauso viel wie die Konkurrenz.
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