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27.08.2019

18:30

Haftungsfragen

Cum-Ex-Geschäfte – und die Frage nach der Verantwortung

Von: Volker Votsmeier

Die Ermittlungen richten sich in der Regel gegen Finanzinstitute und ihre Mitarbeiter. Experten sehen auch mögliche Pflichtverletzungen der Führungskräfte.

Haben Führungskräfte der Banken die Cum-Ex-Geschäfte um des Profits willen aktiv befördert oder sie gesehen, sie aber nicht verhindert? dpa

Justitia

Haben Führungskräfte der Banken die Cum-Ex-Geschäfte um des Profits willen aktiv befördert oder sie gesehen, sie aber nicht verhindert?

Frankfurt, Düsseldorf Vor Gericht zeigt sich immer klarer, dass die Cum-Ex-Geschäfte rechtlich nicht haltbar sind. Zuletzt sprach das Finanzgericht Köln anlässlich eines Urteils gegen einen US-Fonds von einer „kriminellen Glanzleistung“.

Inzwischen gibt es mehr als 60 Ermittlungskomplexe, die sich gegen Finanzinstitute und ihre Mitarbeiter richten. Dabei geht es um potenzielle Steuerhinterziehung von schätzungsweise zwölf Milliarden Euro, hinzu kommen einige Milliarden für die juristische Aufarbeitung der Geschäfte.

Die ersten beiden Anklagen der Staatsanwaltschaften Köln und Frankfurt machen deutlich, dass große Teile der Branche verstrickt waren. Kreditinstitute traten als Leerverkäufer auf, hebelten die Geschäfte mit Fremdkapital, sicherten sie ab oder fungierten als Depotbank. Die Milliardentransaktionen waren so eng getaktet, dass sie nur nach vorheriger Absprache funktionierten.

Den Banken drohen hohe Steuernachzahlungen und Strafen, sodass sich ihnen die Frage stellt, wen sie für das finanzielle Desaster in Anspruch nehmen können. Teilweise verklagen sie sich untereinander, so wie die Helaba die Depotbank Société Générale oder die M.M. Warburg die Deutsche Bank.

Der Insolvenzverwalter der Maple Bank geht gegen die Steueranwälte vor, die Gutachten pro Cum-Ex geschrieben haben – deshalb hat er die Top-Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer verklagt. Einzelne Banken versuchen es bei ihren Versicherern, die allerdings wenig geneigt sind, für den Schaden aufzukommen.

Besonders heikel ist die Frage nach der Verantwortlichkeit – schließlich haben sich die Bankchefs selbst angreifbar gemacht. Sie müssen sich potenziell den Vorwurf gefallen lassen, die Geschäfte um des Profits willen aktiv befördert oder sie gesehen, aber nicht verhindert zu haben. Experten sehen darin eine mögliche Pflichtverletzung.

„Geschäftsleiter, die eine Beteiligung an solchen Geschäften als Leerverkäufer, Käufer oder Depotbank ermöglichten, handelten pflichtwidrig und haben den geschädigten Aktiengesellschaften den hieraus entstandenen Schaden zu ersetzen“, sagt Tim Florstedt, Jura-Professor an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht.

Auch auf die Frage, ob sich Vorstände auf Rechtsgutachten verlassen dürfen, hat Florstedt eine Antwort: Sie dürfen nicht. „Standardisierte Rechtsgutachten bilden bei den Cum-Ex-Geschäften keinen verlässlichen Vertrauenstatbestand.“

Bislang ist erst ein Fall öffentlich bekannt, in dem eine Bank ehemalige Vorstände in Regress nehmen will: Die Hypo-Vereinsbank (HVB) zerrte drei Ex-Führungskräfte vor Gericht. Der Streitwert beträgt 180 Millionen Euro.

Gut möglich, dass andere Banken dem Beispiel der HVB folgen müssen. Einige Aufsichtsräte prüfen bereits ein solches Vorgehen – täten sie das nicht, würden sie sich selbst angreifbar machen. Dass die Staatsanwaltschaften bereits etliche Bankvorstände als Beschuldigte führen, steigert den Druck auf die Aufseher.

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