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10.02.2023

15:12

Investmentfonds

Privatanleger ziehen Milliarden aus Fonds ab

Von: Ingo Narat

Die deutschen Fondsanbieter profitieren von Geldanlagen großer Investoren. Doch ein drohendes Provisionsverbot könnte das Geschäft mit Privaten belasten.

Bei Anleihefonds flossen im vergangenen Jahr 17,4 Milliarden Euro ab. dpa

Euro-Münze

Bei Anleihefonds flossen im vergangenen Jahr 17,4 Milliarden Euro ab.

Frankfurt Anleger haben im vergangenen Jahr netto 4,2 Milliarden Euro aus den vor allem auf private Investoren ausgerichteten Investmentfonds abgezogen. Das berichtete der deutsche Fondsverband BVI, der zur Vorlage der Jahreszahlen am Donnerstag erstmals auf eine Pressekonferenz verzichtete.

Die Geldabzüge aus diesen sogenannten Publikumsfonds sind maßgeblich den Börsenturbulenzen und hier vor allem den historisch hohen Verlusten an den Anleihemärkten zuzuschreiben. Bei den Anleihefonds flossen 17,4 Milliarden Euro ab.

Laut BVI-Präsident Dirk Degenhardt reagierten die Anleger „besonnen“ auf die Börsenturbulenzen, ausgelöst durch Krieg, steigende Energiepreise und hohe Inflation. „Wir haben keine hohen Rückflüsse, sondern eher eine Kaufzurückhaltung“, kommentiert er. Im Finanzkrisenjahr 2008 beispielsweise hätten die Privatanleger 27 Milliarden Euro abgezogen.

Entwicklung der Fondsbranche im schlechten Börsenjahr 2022 „widerstandsfähig“

Der Verband bezeichnet die Entwicklung der Fondsbranche im sehr schlechten Börsenjahr 2022 als „widerstandsfähig“. Grund sind die anhaltenden Geldzuflüsse institutioneller Adressen, etwa von Altersvorsorgeeinrichtungen und Versicherungen.

Diese frischen Gelder für sogenannte Spezialfonds beliefen sich auf 67,7 Milliarden Euro, damit kommen separat verwaltete Mandate für solche Kunden. Das gesamte verwaltete Vermögen der Branche ist im Jahresendvergleich durch die Börsenrückschläge um zwölf Prozent auf 3,8 Billionen Euro gesunken.

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Auf die Branche kommt allerdings eine ganz neue Herausforderung zu. Die EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness prüft die Abschaffung der provisionsbasierten Anlageberatung, wie es in einigen europäischen Ländern bereits Praxis ist. Sie will Anfang Mai einen Vorschlag machen. Das würde auch die Fonds betreffen.

In Deutschland erhalten beispielsweise Banken Provisionen als Entgelt für ihre Beratungsleistung. Bei den aktiv gemanagten Fonds sind das die Ausgabeaufschläge als Einmalgebühr beim Kauf und vor allem Teile der jährlich abgezogenen laufenden Kosten.

Aufschläge betragen etwa bei Aktienprodukten oft fünf Prozent der Anlagesumme. Die laufenden Provisionen können in der gleichen Anlageklasse und bei den beliebten Mischfonds rund ein halbes Prozent jährlich oder etwas mehr betragen. Bei einer Provisionsabschaffung müssten die Anleger für die Beratung separat zahlen.

So ein Verbot würde laut Verband zu einer Beratungslücke gerade bei kleineren Anlagebeträgen führen. Ein in Großbritannien vor zehn Jahren eingeführtes Provisionsverbot habe genau dazu geführt. Auch deutsche Sparer seien kaum bereit, ein gesondertes Honorar zu bezahlen.

Die Meinung zu der Initiative ist geteilt. Ein Befürworter ist etwa Sean Hagerty, Europachef von Vanguard. Der zweitgrößte Asset-Manager arbeitet vor allem mit preiswerten Indexfonds, das heißt Produkten ohne Ausgabeaufschlag und sehr geringen laufenden Gebühren. Hagerty glaubt: „Ein Verbot wäre gut für unser Geschäft, und es würde die Kosten der Anleger deutlich senken.“

Erstpublikation am 09.02.23, um 13:30 Uhr.

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