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18.12.2022

15:28

Krypto

Rückschlag für Krypto: Binance Wirtschaftsprüfer Mazars lässt Arbeit ruhen

Nach dem Zusammenbruch der Kryptobörse FTX versetzt die Ankündigung von Mazars, vorerst keine Berichte zu den Vermögenswerten von Kryptofirmen zu erstellen, der Branche einen weiteren Schlag.

Marktführer Binace hatte die Übernahme von FTX geprüft, aber nach Einsicht in die Bücher davon Abstand genommen. Reuters

Binace-Chef Changpeng Zhao

Marktführer Binace hatte die Übernahme von FTX geprüft, aber nach Einsicht in die Bücher davon Abstand genommen.

Frankfurt Die in der Kryptobranche führende Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Mazars erstellt nach eigenen Angaben vorerst keine Berichte mehr zu den Vermögenswerten von Kryptofirmen wie Binance. Es gebe Bedenken hinsichtlich der Art und Weise, wie die sogenannten Proof-of-Reserves-Berichte von der Öffentlichkeit verstanden werden, erklärte Mazars am Freitag.

Binance bestätigte, dass Mazars zunächst die Arbeit für Kryptokunden ruhen lassen wolle. Die Rivalen Crypto.com und Kucoin erklärten, offen für eine Zusammenarbeit mit anderen Wirtschaftsprüfern zu sein. Kryptowährungen fielen danach auf breiter Front. Der Bitcoin verbilligte sich am Freitag um bis zu 2,8 Prozent. Das Binance Token BNB fiel um bis zu 4,8 Prozent.

Die Mazars-Entscheidung ist ein Rückschlag für die Kryptobranche, die bemüht ist, ihre Glaubwürdigkeit bei Investoren wiederherzustellen. Ihr Ansehen hatte stark gelitten unter dem Zusammenbruch der Kryptobörse FTX von Sam Bankman-Fried, der unter Verdacht steht, Kundengelder für private Zwecke abgezweigt zu haben. Wirtschaftsprüfer standen zuletzt ebenfalls in der Kritik, da sie bei FTX keine Warnsignale erkannt hatten.

„Kein vollständiges Bild“

Mazars war führend bei sogenannten Proof-of-Reserves-Berichten, die im Wesentlichen bestätigen, dass die von den Kunden bereitgestellten Informationen im Großen und Ganzen stimmen. Anders als bei einer vollständigen Prüfung stehen dabei aber nur die Vermögenswerte eines Unternehmens im Fokus, nicht aber seine Verbindlichkeiten.

Esther Mallowah vom globalen Berufsverband für geprüfte Wirtschaftsprüfer ICAEW bewertet die Proof-of-Reserves-Berichte so: „Besser als nichts, aber ich glaube nicht, dass sie das vollständige Bild liefern, das Investoren brauchen.“

Ähnlich sieht es Simon Taylor, Leiter für Strategie und Inhalt beim Krypto-Start-up Sardine. „Der Nachweis von Reserven ist nicht dasselbe wie der Nachweis der Solvenz“, sagte er. „Das Problem bei FTX war, dass die Firma zwar Reserven hatte, diese Reserven aber im Verhältnis zu ihrem Risiko in einem Bank-Run-Szenario massiv überbewertet waren.“

Aus Angst vor weiteren Einbrüchen haben sich viele Anleger zuletzt dafür entschieden, ihre Token zu verkaufen. In den letzten zwei Wochen wurden laut Daten von Cryptoquant Bitcoin und Ether im Wert von mehr als zwei Milliarden Dollar von zentralen Börsen abgezogen, sowie sogenannte Stablecoins im Wert mehr als 550 Millionen Dollar.

Schlechte Buchhaltung

Der Kryptowährungssektor steht seit Längerem wegen des Mangels an etablierten Prüfungsstandards in der Kritik. Wohin das führen kann, wurde beim Fall FTX offenbar. Der Mitbegründer und ehemalige CEO der Börse, Sam Bankman-Fried, wurde diese Woche auf den Bahamas verhaftet und muss sich nun in den USA einer Anklage wegen Betrugs stellen.

In den USA laufen zudem bereits Klagen gegen zwei Wirtschaftsprüfer – Prager Metis und Armanino – die verschiedene Bereiche von FTX geprüft hatten und aus Sicht der Kläger Alarmsignale übersahen.

Wie schwach die Buchhaltung von FTX offenbar war, zeigen auch Aussagen des neuen FTX-Chefs John J. Ray. Der hatte am Dienstag vor US-Gesetzgebern erklärt, dass die untergegangene Kryptobörse ihre Finanzen mit der Buchhaltungssoftware Quickbooks gemanaged habe. Die Software ist für kleine und mittelständische Firmen gedacht, war aber aus Rays Sicht für ein Unternehmen von der Größe von FTX völlig ungeeignet.

Schlechtes Image der Branche

Viele Kryptofirmen haben in der Vergangenheit darüber geklagt, dass es ihnen nicht gelungen ist, eine der großen vier Wirtschaftsprüfer zu engagieren, also PwC, Deloitte, EY oder KPMG. „Viele Wirtschaftsprüfungsgesellschaften haben Angst, für Kryptounternehmen zu arbeiten“, sagte Binance-CEO Changpeng „CZ“ Zhao im CNBC-Interview am Donnerstag. Die großen vier wüssten gar nicht, wie man Kryptobörsen prüft.

Kritiker verweisen allerdings auf das schlechte Image der Branche, deren Zahlungsmittel häufig für Geldwäsche und andere betrügerische Aktivitäten eingesetzt wird. Die vier großen Wirtschaftsprüfer lehnten Stellungnahmen ab.

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