Die Finanzbranche klagt über den Minuszins der Notenbank. Dabei gleichen beim Blick auf die Geldhäuser positive Effekte die negative Wirkung aus. Das dürfte sich jetzt aber ändern.
Banken in Frankfurt
Die deutschen Geldhäuser attackieren die Negativzinspolitik der EZB. Doch laut einer Bundesbank-Analyse sind die Folgen für die Geschäftsbanken gar nicht so schlimm.
Bild: picture alliance / Foto Huebner
Frankfurt Seit Jahren schon jammern die deutschen Banken über die Negativzinsen in der Euro-Zone. Doch laut einer Analyse der Bundesbank sind die Klagen der Finanzwirtschaft überzogen. Demnach hat sich die Ertragslage der Geldhäuser durch die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) bis zum Ausbruch der Coronakrise nicht verschlechtert.
Die Negativzinsen sorgen zwar dafür, dass die Zinsmargen der Geldhäuser im Kredit- und Einlagengeschäft sinken. „Allerdings gingen die rückläufigen Zinsmargen nicht mit einer Verschlechterung der Bankenprofitabilität einher“, schreibt die Bundesbank in ihrem aktuellen Monatsbericht. Der EZB-Strafzins führt demnach nicht automatisch zu geringeren Bankgewinnen.
Auf der einen Seite drücken Minuszinsen auf die Margen, auch die Zahlungen für den EZB-Strafzins an sich belasten die Ertragslage der Institute. Auf der anderen Seite aber profitieren die Banken und Sparkassen laut Bundesbank davon, dass sie ihr Kreditgeschäft ausgeweitet haben und die Risikovorsorge bis zur Coronakrise sehr gering war.
Auch das betrachtet die Notenbank als Folge der Minuszinsen. So trage die Negativzinspolitik zu einer Belebung der Kreditnachfrage bei, heißt es im Monatsbericht. Die Bundesbank verweist zudem auf die gute Wirtschaftsentwicklung, die zu wenig Risikovorsorge im Kreditgeschäft führe.
In der Coronakrise droht der EZB-Strafzins, auch unterm Strich die Geschäftsbanken zu belasten. Der Wirtschaftsabschwung wird laut Bundesbank zunehmend auf die Ertragslage der Banken drücken. Ihre Risikovorsorge ist bereits gestiegen. „In diesem Umfeld wird für die Banken auch der Margendruck im Kredit- und Einlagengeschäft schwerer zu kompensieren sein.“ Damit steige die Wahrscheinlichkeit, dass der negative Zinssatz „hemmend auf die Kreditvergabe wirkt“.
Über die Strafzinsen der EZB wird besonders in Deutschland heftig diskutiert. Die Notenbank hatte im Juni 2014 Negativzinsen eingeführt, zunächst in Höhe von 0,1 Prozent. Vor gut einem Jahr erhöhte sie den Strafzins für kurzfristige Einlagen der Geldhäuser auf 0,5 Prozent, er greift oberhalb eines bestimmten Freibetrags. Die EZB zielt darauf ab, dass die Geldhäuser möglichst viele Kredite an Unternehmen und Verbraucher ausgeben, um damit Investitionen und andere Ausgaben anzukurbeln.
Nach Berechnungen des privaten Bankenverbands BdB müssen die deutschen Geldhäuser in diesem Jahr rund 2,6 Milliarden Euro Strafzinsen an die EZB zahlen. BdB-Präsident Hans-Walter Peters sagte vor einigen Tagen, dass die Ertragskraft speziell der deutschen Banken unter den Minuszinsen leide – und das seit 2014.
Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK), die gemeinsame Interessenvertretung der Bankenverbände, beharrt auch jetzt darauf, dass die Negativzinspolitik der EZB eine „große Belastung für die Banken und Sparkassen in Deutschland“ sei, und verweist auf die künftige Entwicklung: „Auf Dauer drohen die Negativzinsen die Erträge aber nachhaltig zu verringern“, erklärte die DK am Montag. „Dies wird letztlich auch die Kreditvergabefähigkeit von Banken und Sparkassen spürbar beeinträchtigen.“
Bislang gilt das laut Bundesbank überhaupt nicht. Sie stellt fest, dass die Geschäftsbanken ihr Kreditgeschäft mit Start des EZB-Negativzinses stark ausgeweitet haben. Die Entwicklungen infolge des EZB-Strafzinses hätten „weitestgehend der geldpolitischen Intention“ entsprochen. Sowohl die Kreditvergabebereitschaft der Banken als auch die Kreditnachfrage seien durch die expansive Geldpolitik gestützt worden.
Dass die Zinsmarge im Kredit- und Einlagengeschäft gesunken ist, hat vor allem einen Grund: Während die Kreditzinsen seit Juni 2014 kontinuierlich gefallen sind, ist der aggregierte Einlagenzinssatz nach wie vor positiv. Das bedeutet, dass die Einlagen der Bankkunden insgesamt nach wie vor positiv verzinst sind – zumindest minimal. Die durchschnittliche Verzinsung privater Einlagen lag zuletzt im Mittelwert (Median) bei 0,01 Prozent, ermittelte die Bundesbank.
Für Unternehmen ist dieser Wert bereits seit Ende 2016 negativ. Die meisten Geldhäuser geben den EZB-Strafzins an Firmenkunden mit hohen Einlagen also weiter, bei privaten Kunden wagt der Großteil das jedoch nicht. Stattdessen haben viele Geldhäuser die Gebühren zum Beispiel für Girokonten erhöht.
Gleichwohl berechnen immer mehr Banken unter Umständen bei privaten Giro- und Tagesgeldkonten Minuszinsen. Dem Verbraucherportal Biallo zufolge ist ihre Zahl inzwischen auf 214 gestiegen – 20 mehr als noch Ende September. Vor gut einem Jahr, Ende Juli 2019, veranschlagten demnach nur 30 Geldhäuser für hohe Einlagen privater Kunden einen Minuszins – von den Banken oft „Verwahrentgelt“ genannt. 1300 Geldhäuser wurden dabei untersucht.
Kreditinstitute dürfen nicht einfach so Minuszinsen abzwacken, sondern nur mit Einwilligung bestehender Kunden oder für neue Konten. Daher berechnen einige Banken Strafzinsen auf hohe Beträge vermögender Kunden, wenn diese dem zugestimmt haben. Oder die Geldhäuser belegen neue Konten mit Minuszinsen.
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