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26.08.2021

22:46

Nachhaltige Geldanlagen

Streit mit Ex-Managerin hat unangenehme Folgen für DWS – Jetzt prüft die US-Börsenaufsicht

Von: Katharina Kort, Andreas Kröner, Yasmin Osman, Anke Rezmer

PremiumDie SEC will klären, ob die Fondstochter der Deutschen Bank bei Angaben über nachhaltige Anlagen geschummelt hat. Der Aktienkurs bricht um mehr als 13 Prozent ein.

Die Untersuchungen der SEC und der Bundesstaatsanwaltschaft in Brooklyn sollen sich in einem frühen Stadium befinden. Reuters

Logo der DWS

Die Untersuchungen der SEC und der Bundesstaatsanwaltschaft in Brooklyn sollen sich in einem frühen Stadium befinden.

New York, Frankfurt Der Streit zwischen der DWS und ihrer ehemaligen Nachhaltigkeitschefin Desiree Fixler hat für Deutschlands größte Fondsgesellschaft unangenehme Folgen: Die US-Börsenaufsicht SEC und die Finanzaufsicht Bafin wollen Vorwürfe Fixlers, die DWS habe bei ihren Angaben über nachhaltige Vermögensanlagen übertrieben, genauer überprüfen. Das erfuhr das Handelsblatt von mit dem Thema vertrauten Personen.

Das „Wall Street Journal“ hatte zuerst über die SEC-Überprüfung berichtet. Der Aktienkurs der DWS brach daraufhin um mehr als 13 Prozent ein. Auch Aktien der DWS-Mutter Deutschen Bank gaben nach. Die Deutsche Bank und ein Sprecher des US-Justizministeriums lehnten einen Kommentar zu dem Bericht ab, die SEC reagierte zunächst nicht auf die Bitte um Stellungnahme. Die Bafin teilte mit, sie äußere sich nicht zu einzelnen Unternehmen. Auch die DWS äußerte sich nicht zu möglichen SEC-Untersuchungen.

Die Vorwürfe sind ein Rückschlag für die DWS und ihre Konzernmutter Deutsche Bank. Beide Unternehmen wollen sich beim Thema Nachhaltigkeit profilieren.

DWS-Chef Asoka Wöhrmann betont regelmäßig, sein Haus weise bei diesem wichtigen Trendthema für Vermögensverwalter einen in der Branche „einzigartigen Ansatz zur Integration von Nachhaltigkeitsaspekten“ vor, der über bisherige Branchenstandards weit hinausreiche. Zweifel an den Nachhaltigkeitsangaben können nicht nur zu Ärger mit den Behörden führen, sondern auch die Glaubwürdigkeit beschädigen.

Auslöser für die Nachforschungen der Aufsicht sind Vorwürfe Fixlers, die DWS habe ein zu rosiges Bild über das Ausmaß ihrer nachhaltig verwalteten Anlagen gezeichnet. Darüber hatte das „Wall Street Journal“ erstmals Anfang August berichtet. Fixler wiederholte die Vorwürfe auch gegenüber dem Handelsblatt.

DWS trennte sich im Frühjahr von Nachhaltigkeitschefin

Die DWS hatte sich von ihrer ehemaligen Nachhaltigkeitschefin im Frühjahr 2021 getrennt. Seither streiten sich das Fondshaus und Fixler Finanzkreisen zufolge vor dem Arbeitsgericht. Es soll unter anderem um die Frage gehen, ob die Kündigung noch in der Probezeit erfolgte.

Der Ex-Nachhaltigkeitschefin zufolge soll die DWS das Fondsvermögen, das sie ökologisch, sozial oder ethisch (Environment, Social, Governance, kurz ESG) angelegt hat, zu hoch ausgewiesen haben. Das Fondshaus hatte 459 Milliarden Euro des gesamten verwalteten Vermögens 2020 der Kategorie „ESG-Integration“ zugeordnet, was knapp 60 Prozent des gesamten Fondsvermögens entspricht.

Fixler moniert, dass das nicht den Tatsachen entsprochen habe. Sie versteht unter dem Begriff, dass dieses Fondsvermögen in ESG-kompatible Anlagen überführt oder entwickelt werden soll. Nach ihrem Eindruck habe das Fondshaus das zumindest damals nicht konkret in Angriff genommen, auch taugten dessen Risikomanagementsysteme nicht dafür.

Die DWS wies Fixlers Vorwürfe zurück: „Die DWS steht zu den Offenlegungen in ihren Jahresberichten. Wir weisen die Anschuldigungen einer ehemaligen Mitarbeiterin entschieden zurück“, teilte ein Sprecher am Abend mit. Die DWS werde sich im Rahmen ihrer treuhänderischen Verantwortung im Namen ihrer Kunden weiterhin konsequent für nachhaltige Geldanlage einsetzen.

Die Fondsgesellschaft betonte, dass mit „ESG-integrierten“ Anlagen das Vermögen gemeint sei, das in Sachen Nachhaltigkeit auf den Prüfstand gestellt worden sei. Überdies habe es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Geschäftsberichts keine verbindlichen Standards für die Klassifizierung nachhaltiger Investments gegeben.

Sind die Angaben der DWS ausreichend transparent?

Auch im Kleingedruckten des Geschäftsberichts steht, dass „ESG-integiert“ bei der DWS nur bedeutet, dass diese Vermögenswerte unter dem Gesichtspunkt ökologischer, sozialer und ethischer Kriterien analysiert wurden. Das bedeutet nicht unbedingt, dass sie ESG-Kriterien auch genügen.

Ob die Angaben der DWS damit ausreichend transparent oder womöglich irreführend waren, ist nun eine Frage für die Behörden. Die Untersuchungen der SEC und der Bundesstaatsanwaltschaft in Brooklyn befinden sich noch in einem frühen Stadium, wie die US-Zeitung unter Berufung auf Insider berichtete.

Nachhaltige Fonds werden in jüngster Zeit in den USA stärker unter die Lupe genommen. SEC-Chef Gary Gensler forderte gerade erst höhere Standards für solche Fonds. „Wenn es um nachhaltiges Investieren geht, gibt es derzeit eine riesige Spanne, was die Vermögensverwalter mit bestimmten Wörtern meinen können oder welche Kriterien sie ansetzen“, erklärte er auf Twitter. Und er forderte mehr Transparenz: „Investoren sollten in der Lage sein nachzubohren und zu sehen, was unter der Haube ist von Fonds, die sich als ‚grün‘ oder ‚nachhaltig‘ vermarkten“, schrieb er dazu. 

Bafin prüft Vorwürfe gegen DWS

Auch die Bafin prüft die Vorwürfe Handelsblatt-Informationen zufolge. Die Behörde kommentierte das nicht. Eine Bafin-Sprecherin sagte, die Behörde werte für jeden Fonds und jede Fondsgesellschaft unter ihrer Aufsicht die jährlichen Prüfberichte aus. In diesen Berichten stellten die Wirtschaftsprüfer etwa fest, ob ein Fonds „im Einklang mit seinen Anlagebedingungen verwaltet wurde oder ob dagegen verstoßen wurde“. „Dies umfasst insbesondere auch die für den Fonds geltenden ESG-Vorgaben, die in den Anlagebedingungen des Fonds niedergelegt sind“, erklärte die Sprecherin.

In der Finanzbranche beobachten viele die Untersuchungen der Behörden genau, denn die Frage, wie nachhaltig die eigenen Anlagen sind, treibt den gesamten Sektor um. Unter den Anbietern weltweit gebe es einen regelrechten „Wettlauf“, wer in diesem Bereich am fortschrittlichsten sei, heißt es in der Branche.

Fondsanbieter gehen mit dem Thema sehr unterschiedlich um, sagte eine mit dem Thema vertraute Person. Manche hätten sich lange Gedanken über sinnvolle Kriterien gemacht und seien bei der Einstufung „ESG-konform“ eher konservativ. Andere gingen laxer vor und wiesen einen sehr hohen Anteil von nachhaltigen Investments aus, obwohl die Anlagen in Wahrheit meist nicht grüner, sozialer oder ethischer seien als bei der Konkurrenz.

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