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01.09.2020

06:46

Neue Gesellschafter

Hamburger Privatbank Berenberg bekommt eine neue Führung

Von: Michael Maisch

Künftig soll ein gleichberechtigtes Trio das Hamburger Geldhaus leiten. Das Wealth Management und das Asset Management sollen kräftig wachsen.

Das Geldhaus wurde bereits 1590 gegründet. PR

Gebäude der Berenberg Bank in Hamburg

Das Geldhaus wurde bereits 1590 gegründet.

Frankfurt Für die Hamburger Privatbank Berenberg beginnt eine neue Ära. Wie angekündigt steigen David Mortlock (45) und Christian Kühn (52) zu persönlich haftenden Gesellschaftern des 1590 gegründeten Bankhauses auf. Die Aufseher haben der Ernennung der beiden als Geschäftsleiter bereits zugestimmt, und die Gesellschafter der Bank haben ihre Berufung beschlossen.

Aber die Ernennung von Mortlock und Kühn bedeutet nicht nur eine personelle Änderung in der operativen Führung der Bank, sondern auch eine neue Struktur im Topmanagement. Bislang wurde die Bank von Hendrik Riehmer und Hans-Walter Peters, dem Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter, geführt. Peters wird Ende des Jahres aus Altersgründen in den Verwaltungsrat wechseln. Nach seinem Ausscheiden soll Berenberg von einem gleichberechtigten dreiköpfigen Team aus Riehmer, Mortlock und Kühn geführt werden.

Den Posten des Sprechers der Gesellschafter wird es nicht mehr geben. „Wir kennen uns schon sehr lange und haben uns darauf geeinigt, dass es auch ohne Primus inter Pares geht“, erläutert Riehmer im Gespräch mit dem Handelsblatt. Aber auch Peters, der gerade erneut zum Präsidenten des privaten Bankenverbandes gewählt wurde, will nach seinem Wechsel in den Verwaltungsrat weiter operativ mitmischen, vor allem was die Kundenbetreuung angeht. Das hatte der 65-Jährige Anfang des Jahres angekündigt. „Und daran hat sich nichts verändert“, betont Riehmer.

Peters und Riehmer haben die Traditionsbank in den vergangenen Jahren zu einer internationalen Investmentbank umgebaut, die sich vor allem auf den Aktienhandel und die Platzierung von Aktien spezialisiert hat. Mit inzwischen 114 Analysten und 890 analysierten Unternehmen gehört Berenberg mittlerweile zu den wichtigen Spielern in Europa in diesem Geschäft. Aktuell steht die Bank auf den sogenannten League Tables, die die Leistungskraft der Investmentbanken messen, in der Kategorie Aktienplatzierung in Europa auf Rang 13 mit einem Volumen von 1,7 Milliarden Euro.

Gewinner der Krise

Ausbauen will Riehmer vor allem zwei Bereiche, für die er die operative Führung übernommen hat: das Wealth Management und das Asset Management. Außerdem wird er für das Corporate Banking zuständig sein. David Mortlock leitet wie bisher das Investment Banking, und Christian Kühn ist für Steuerungs- und Überwachungsfunktionen wie IT, Risk und Compliance verantwortlich.

Bislang zählt sich Berenberg zu den Gewinnern der Coronakrise. Ähnlich wie andere Investmentbanken profitierten die Hamburger von den heftigen Ausschlägen an den Märkten nach Ausbruch der Pandemie, die Kunden und Investoren zwang, ihre Portfolios umzuschichten.

In den ersten acht Monaten dieses Jahres lägen die Erträge aus dem Handel rund 35 Prozent über dem Vorjahr, berichtet Riehmer. Jetzt geht er allerdings davon aus, dass die Märkte in „ruhigeres Fahrwasser“ kommen und die Sonderkonjunktur im Handel langsam ausläuft. Juli sei bereits ein schwächerer Monat und der August deutlich schwächer gewesen.

Schwächerer Handel

Während sich der Handel abschwächen dürfte, hofft Riehmer auf ein lebhafteres Geschäft mit Aktienplatzierungen. Bereits ab Mai habe es deutlich mehr Kapitalerhöhungen gegeben, und auch bei Börsengängen ziehe das Geschäft wieder an. Trotz der Sommerpause sei die Bank an fünf Transaktionen in den USA beteiligt, darunter auch die Börsengänge der beiden Biotech-Firmen Curevac und Biontech, die beide an der Entwicklung von Impfstoffen gegen Covid-19 arbeiten, und die mit ihren Platzierungen insgesamt 800 Millionen Dollar einsammelten. „Die Pipeline für Aktienplatzierungen im vierten Quartal sieht sehr vielversprechend aus“, meint Riehmer.

Im Asset-Management hat Berenberg im ersten Halbjahr zwei Milliarden Euro an neuem Geld eingesammelt. Auch im Wealth Management gab es mit 350 Millionen Euro Nettozuflüsse – „die ersten seit Jahren“ räumt Riehmer ein. Die Trendwende führt er auf die gute Performance der vier Strategien zurück, die Berenberg in diesem Bereich im Angebot hat.

Geschmälert wird Riehmers Freude durch den schwachen Dollarkurs. Rund 1,4 Milliarden Einlagen halten Kunden der Bank in der US-Währung. Durch den Zinsverfall in den USA „brachen uns quasi über Nacht 10 Millionen Dollar an Einnahmen weg“, berichtet der Banker.

2020 besser als 2019

Aber insgesamt sei das erste Halbjahr „sehr gut gelaufen, und es müsste noch eine Menge schiefgehen, damit wir 2020 nicht besser abschneiden als 2019“, fasst Riehmer die wirtschaftliche Lage zusammen. Nach dem schwierigen Jahr 2018, das neben einem Einbruch des Ergebnisses um über zwei Drittel auf rund 23 Millionen Euro auch zum Abbau von rund 150 Stellen in IT und Investment Banking führte, konnte Berenberg 2019 den Jahresüberschuss auf 60,5 Millionen Euro steigern. Außerdem verkaufte die Bank die Mehrheit an ihrer Schweizer Tochter und trennte sich vom Geschäft mit unabhängigen Vermögensverwaltern.

Jetzt will Riehmer wieder auf Wachstum umschalten. Im Investmentbanking betrifft das vor allem das US-Geschäft. Dort hat die Bank derzeit 35 Analysten, bis Ende des Jahres könnten es 50 werden, als langfristiges Ziel hat Riehmer 100 im Auge.

Im Wealth Management verwaltet Berenberg derzeit knapp zehn Milliarden Euro, innerhalb von drei bis fünf Jahren will Riehmer diese Summe auf 20 Milliarden Euro steigern. Im Asset Management soll das in den Aktienfonds und daran angelehnten Mandaten verwaltete Vermögen sogar von 4,5 Milliarden Euro auf 15 bis 20 Milliarden Euro wachsen. „Diese Ziele mögen aggressiv klingen, aber wir haben viel in die beiden Plattformen investiert – und diese Investitionen werden sich auch auszahlen“.

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