Die Koalition von SPD, FDP und Grünen ist besiegelt. Das Handelsblatt listet acht wichtige Projekte auf, die Verbraucher unmittelbar betreffen.
Robert Habeck, Annalena Baerbock (beide Grüne), Olaf Scholz (SPD) und Christian Lindner (FDP), v.l.n.r.
Die Ampel-Koalition will neben mehr Kapitaldeckung in der Altersvorsorge auch einen höheren Sparer-Freibetrag festlegen.
Bild: Reuters
Berlin Auf knapp 180 Seiten hat die Ampelkoalition in ihrem Vertrag aufgelistet, was die Bundesbürgerinnen und Bundesbürger in der kommenden Legislaturperiode erwartet. Das Handelsblatt listet acht wichtige Projekte auf, die Verbraucherinnen und Verbraucher unmittelbar betreffen werden.
Gute Nachrichten für Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Koalition hat sich darauf verständigt, den Sparerpauschbetrag zum 1.1.2023 auf 1000 Euro für Singles und auf 2000 Euro für zusammenveranlagte Ehepaare zu erhöhen. Zuvor lag die Grenze bei 801 Euro und 1602 Euro. Kapitalerträge etwa aus Dividenden, die nicht über den Freibetrag hinausgehen, müssen nicht versteuert werden.
Zur Abgeltungsteuer findet sich nichts im Koalitionsvertrag. Das deutet darauf hin, dass der Status quo erhalten bleibt, was eine gute Nachricht für die meisten Bundesbürgerinnen und -bürger sein dürfte. „Es ist positiv zu werten, dass Pläne zur Abschaffung oder Erhöhung der Abgeltungsteuer dem Vertrag nicht zu entnehmen sind“, konstatiert der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler. Dabei hatte die SPD andere Vorstellungen.
Die zum 1. Januar 2009 eingeführte Abgeltungsteuer sieht vor, dass Erträge wie Zinsen, Dividenden und Kursgewinne, die über den Sparerfreibetrag hinausgehen, pauschal mit 25 Prozent versteuert werden. Zusätzlich könnte noch ein Solidaritätszuschlag für Besserverdienende hinzukommen. Die Steuer wird automatisch von der Depotbank an die Finanzverwaltung abgeführt.
Sowohl CDU als auch SPD hatten vor, die Abgeltungsteuer in der nächsten Legislaturperiode abzuschaffen. Anleger sollten ihre Kapitalerträge mit ihrem persönlichen Einkommensteuersatz versteuern, der in der Regel höher als 25 Prozent sein dürfte. Andererseits hatte sich die FDP immer dafür ausgesprochen, die geltende Kapitalertragsteuer beizubehalten.
Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP will ein Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit sein. Lesen Sie hier den gesamten Koalitionsvertrag im Original.
Eine Abkehr vom bisherigen Steuerregime für Kapitalerträge könne höheren bürokratischen Aufwand nach sich ziehen und berge auch die Gefahr von Steuererhöhungen, argumentiert die FDP. Offensichtlich haben sich die Liberalen mit ihrem designierten Finanzminister Christian Lindner durchgesetzt.
Online-Hauptversammlungen waren zunächst der Not geschuldet. Doch sie dürften die Pandemie überdauern. Nach den guten Erfahrungen will die Koalition dauerhaft Online-Hauptversammlungen ermöglichen. Dabei sollen die Aktionärsrechte „uneingeschränkt“ bewahrt werden.
Das wird zwar in dem Koalitionsvertrag nicht näher ausgeführt, doch bislang war es bei Online-HV nicht möglich, spontan Fragen zu stellen. Ein Austausch mit dem Vorstand kam so nicht zustande. Fragen mussten vorher eingeschickt werden. Auch das Anfechtungsrecht war eingeschränkt. „Das Hauptversammlungsformat darf nicht die Aktionärsrechte bestimmen“, fordert Tüngler von der DSW.
Das Vergleichsportal für Bankenentgelte ist überfällig. Nach dem Willen der Koalitionäre soll jetzt die Finanzaufsicht Bafin eine Vergleichswebsite für Kontoentgelte einrichten. Das entspricht einem Vorschlag der SPD, der zuletzt am Widerstand der Union gescheitert war. Eigentlich sollten die EU-Mitgliedstaaten bis Ende Oktober 2018 sicherstellen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher entgeltfreien Zugang zu mindestens einer Website haben, die einen Vergleich der Gebühren für ein Girokonto ermöglicht. Die Gebühren unterscheiden sich nämlich kräftig unter den Instituten. Durch mehr Transparenz will man den Wettbewerb verstärken.
Der Versuch der Bundesregierung, private Interessenten als Betreiber zu finden, endete in einem Desaster. Das Portal Check24 erhielt die nötige Zertifizierung und erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen. Doch als Verbraucherschützerinnen und Verbraucherschützer eine Klage gegen Check24 wegen ungenügender Abdeckung des Marktes einreichten, zog sich Check24 zurück. In der Zwischenzeit deckt Stiftung Warentest die Lücke ab.
Für Verbraucherschützerinnen und Verbraucherschützer sind Restschuldversicherungen der Inbegriff des Provisionswuchers. Sie sollen den Kundinnen und Kunden beim Abschluss eines Darlehensvertrags Schutz bieten. Im Fall von Arbeitslosigkeit, Berufsunfähigkeit, Krankheit oder Tod sollen diese Versicherungen einspringen. Im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition heißt es, dass der Abschluss des Versicherungsvertrags und der Abschluss des Kreditvertrags zeitlich um mindestens eine Woche entkoppelt werden sollen.
Denn zu oft entstand bei Verbraucherinnen und Verbrauchern der Eindruck, dass der Kreditvertrag ohne Versicherung nicht zu erhalten ist. Schon die Koalition von Union und SPD hatte sich darauf verständigt, Abschlussprovisionen bei Restschuldversicherungen zu deckeln. Bei einer Marktuntersuchung durch die Finanzaufsicht Bafin gaben zwölf Banken an, dass sie 50 Prozent der Versicherungsprämie als Provision erhalten, in Ausnahmefällen lag sie sogar bei mehr als 70 Prozent.
Die Ampelkoalition will prüfen, wie die Transparenz beim Kredit-Scoring zugunsten der Betroffenen erhöht werden kann. „Handlungsempfehlungen werden wir zeitnah umsetzen“, heißt es im Koalitionsvertrag. Damit reagiert die Koalition auf ein gewisses Unbehagen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern gegenüber Wirtschaftsauskunfteien. Wenn man einen Kredit abschließen, ein Auto oder ein Handy kaufen will, erkundigen sich Banken und Geschäfte bei Wirtschaftsauskunfteien wie der Schufa nach der Bonität der Kundin oder des Kunden.
Diese wird ihnen in Form eines Score-Werts mitgeteilt. Diese Kennziffer gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit jemand in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten zu bedienen. Nicht immer ist jedoch klar, wie diese Score-Werte zustande kommen. Hier will die Koalition offensichtlich ansetzen.
Die neue Regierung probt den Einstieg in die kapitalgedeckte Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung – zumindest teilweise. Von einer „Aktienrente“ ist man zwar noch weit entfernt, doch ein Anfang ist gemacht.
Konkret soll die Deutsche Rentenversicherung 2022 aus Haushaltsmitteln einen Kapitalstock von zehn Milliarden Euro erhalten. Dieser Fonds soll von einer unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stelle verwaltet werden und die Mittel global anlegen, heißt es im Koalitionsvertrag. Die Idee dahinter: Mit dem Geld sollen Renditechancen am Kapitalmarkt genutzt werden.
Mit der 2002 eingeführten Riester-Rente wollte die Bundesregierung Privatpersonen animieren, für das Alter vorzusorgen – mit staatlicher Förderung. Angesichts des sinkenden Rentenniveaus sind Vorsorgelücken programmiert. Doch die Attraktivität der Riester-Rente ist begrenzt. Jetzt strebt die neue Bundesregierung eine grundlegende Reform an.
„Wir werden dazu das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds mit einem effektiven und kostengünstigen Angebot mit Abwahlmöglichkeit prüfen“, heißt es im Koalitionsvertrag.
Verbraucherschützerinnen und Verbraucherschützer halten die „Prüfung“ für Zeitverschwendung, da die Mängel offensichtlich sind und Vorschläge bereits vorliegen. Auch bei der betrieblichen Altersvorsorge, der dritten Säule der Altersvorsorge, wird Reformbedarf gesehen. Den Trägern soll ermöglicht werden, in Anlageklassen zu investieren, die höhere Renditen versprechen.
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