Der Start-up-Investor Peter Jungen erwartet einen Rückgang der Risikobereitschaft von Profi-Investoren. Das gelte insbesondere für Erstfinanzierungen.
Peter Jungen
Jungen hat das Preisvergleichsportal Idealo mitgegründet.
Bild: Patrick Junker für Handelsblatt
Peter Jungen (80) war Vorstandschef des Bauunternehmens Strabag. Er hat das Preisvergleichsportal Idealo mitgegründet und gemeinsam mit anderen Business Angels in mehr als hundert Unternehmen investiert. In den USA arbeitet er dafür mit den New York Angels zusammen, in Israel mit iAngels und in China mit der Investmentfirma Sinovation Ventures des IT-Vordenkers Kai-Fu Lee.
Herr Jungen, die Coronakrise treibt Aktionäre aktuell zu Panikverkäufen. Wie ist die Stimmung bei den Geldgebern, die in nicht börsennotierte Firmen investieren?
In vielen Venture-Capital-Gesellschaften geht gerade die Sorge um, wie man in diesen unsicheren Zeiten Investoren für den nächsten Fonds gewinnen kann. In den Fonds sind ja Unternehmen und vermögende Privatleute Partner, die womöglich selbst von der Coronakrise betroffen sind. Und wenn schon der Wert ihrer Aktiendepots in den Keller rauscht, sinkt die Bereitschaft, auch noch in neue Start-ups zu investieren. Das sind schließlich zu jeder Zeit hochriskante Investments.
Zuletzt wurden einige neue VC-Fonds aufgelegt. Erwarten Sie trotzdem kurzfristig einen Rückgang der Finanzierungsrunden?
Einige Wagniskapitalgeber werden vorsichtiger und horten ihr Kapital. Statt in neue Start-ups zu investieren, halten sie das Geld lieber für solche Unternehmen zurück, in die sie bereits investiert haben und die womöglich bald Unterstützung brauchen. Besonders schwierig dürfte es für Unternehmen werden, die gerade ihre Series A, also die erste große Finanzierungsrunde, planen. Das sind typischerweise Firmen, die sicher schon zwei bis drei Jahre alt sind.
Die ganz frisch gegründeten Firmen sind also auf der sicheren Seite?
Nein, ganz junge Firmen sind in der Regel auf Business Angels angewiesen. Und die kalkulieren die aktuelle Risikolage natürlich auch ein. Hinzu kommt noch: Wenn VCs auf die Bremse treten, werden auch Business Angels vorsichtiger. Schließlich sorgen Angels üblicherweise in der Seedphase für die erste Finanzierung und setzen darauf, dass VCs das Wachstum der Unternehmen im Anschluss mit größeren Finanzierungssummen weiter aufbauen. Relativ sicher sind deshalb eigentlich nur jene, die bereits große Investoren gewonnen haben.
Nun gab es in den letzten Jahrzehnten schon andere Krisen, was lässt sich daraus ableiten?
Krisen gab es, aber sie kamen nie so plötzlich. In Deutschland lässt sich das sehr gut an der Kursentwicklung des Dax ablesen. Es ging an den Börsen immer schon auch bergab, aber die aktuelle Geschwindigkeit ist ungewöhnlich. Hinzu kommt noch, dass die Krise nicht nur die Wirtschafts- und Finanzwelt betrifft, sondern alle Bürger in ihrem täglichen Leben einschränkt. Insofern sind Vergleiche schwierig möglich. Klar ist aber, dass in einem solchen Umfeld der Risikoappetit der Investoren, auch der Business Angels, zurückgeht. Andererseits sind gerade in Krisenzeiten häufig sehr erfolgreich Start-ups gegründet und finanziert worden – so zum Beispiel Idealo.
Sie waren Mitgründer und Präsident des europäischen Business Angels Netzwerks (EBAN), das gerade gegenüber der EU-Kommission und dem EU-Parlament Liquiditätshilfen für Start-ups gefordert hat. Was genau stellen Sie sich da vor?
Ich habe dieses Thema vor zwei bzw. drei Wochen auch schon persönlich gegenüber der Spitze der Europäischen Investitionsbank (European Investment Bank) und der EU-Kommission angesprochen. Die Finanzierungspläne von Start-ups sind meist sehr eng, da kann ein Liquiditätsengpass von wenigen Wochen schon tödlich sein. Anders als etablierte Unternehmen haben Start-ups bei Banken keine Kreditlinie, weil sie keine Sicherheiten bieten können. Ich sehe jetzt insbesondere die Notwendigkeit, dass die European Investment Bank, die KfW und die Förderbanken der Länder Liquiditätshilfen gewähren. Die einzelnen Darlehen müssen nicht groß sein, aber es ist wichtig, dass sie schnell bereitgestellt werden. Die Reaktionen auf diese Anregungen waren positiv.
Vielen Dank für das Interview.
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