Die Coronakrise hat den Wechsel zum Mobile Banking vorangetrieben. Ganz unterschiedliche Kundenbedürfnisse fordern die Kreditinstitute heraus. Eine Studie zeigt, welche Angebote überzeugen.
Mobile Banking Apps werden immer beliebter
Geldgeschäfte erledigen immer mehr Menschen via App von unterwegs.
Bild: dpa
Köln Bankgeschäfte im Internet erledigen – in der Pandemie hat sich dieser Trend beschleunigt. Das zeigt eine Studie des IT-Branchenverbands Bitkom aus dem Oktober 2021. Danach nutzen 80 Prozent der Kunden inzwischen Online-Banking. Auch ältere Menschen steigen um. Immerhin 39 Prozent der über 65-Jährigen wickeln ihre Bankgeschäfte inzwischen digital ab – das bedeutet einen Zuwachs von 83 Prozent im Vergleich zu 2020.
Immer wichtiger wird dabei das Smartphone. Schon 64 Prozent der Onlinenutzer setzen laut Bitkom-Erhebung auf dieses mobile Endgerät für ihre Überweisungen.
„Die Finanzbranche spürt den Vormarsch des Digitalen wie kaum eine andere“, sagt Tim Härle, Marktforscher bei SWI Finance in Hamburg, das für das Handelsblatt die Nutzungsqualität und den Funktionsumfang der Mobile-Banking-Lösungen von 15 Instituten untersucht hat. Darunter sind die größten bundesweit tätigen Filialbanken und Direktbanken sowie bekannte Neobanken, also jene Banken ohne Filialen mit reinem Onlineservice.
Die Analyse zeigt: Insgesamt erfüllen die mobilen Angebote die Erwartungen, sieben Banken erzielten die Note „Sehr gut“. „Viele Banken haben ihre Apps im Vergleich zum Vorjahr noch einmal weiterentwickelt“, sagt Härle.
Die Tester spielten Nutzungsszenarien durch, etwa Terminüberweisungen oder den Download von Kontoauszügen. Den Fokus legt die Studie auf die Nutzungsqualität, also eine komfortable Bedienung. „Der beste Funktionsumfang bringt schließlich nichts, wenn die Prozesse nicht funktionieren“, sagt Härle. „Dann wird das Kundenerlebnis immer negativ sein.“ Eine gute App sei „wenig verschachelt“ und lasse sich intuitiv bedienen. „Auch Neukunden müssen jede Funktion direkt finden und verstehen können.“ Das gelte besonders für ältere und weniger digitalaffine Nutzer, die sonst schnell frustriert seien.
Im SWI-Ranking gibt es einen Wechsel an der Spitze. Die Sparkassen verdrängten im Gesamtergebnis, das sowohl Apps als auch den Zugang über den Browser berücksichtigt, die Deutsche Bank von Platz eins. Im Vorjahr lagen die Sparkassen noch auf dem zweiten Rang. Nun punkten sie vor allem bei der Nutzungsqualität. Besonders gut funktionierte etwa die Fotoüberweisung, bei der die Handykamera Rechnungen automatisch einliest. Platz drei belegt wie im Vorjahr die ING.
Die Sparkassen-App hat nach Angaben der Finanzgruppe heute etwa 13 Millionen aktive Nutzer – das sind zwei Millionen mehr als Ende 2020. Im März soll ein weiteres Update die Nutzeroberfläche modernisieren, sagt Wiebke Schwarze, Sprecherin beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband. Bereits heute können Sparkassen-Neukunden direkt in der App per Video-Legitimation ein Girokonto eröffnen. Bei Weiterentwicklungen beziehe man stets die Rückmeldungen der Nutzer ein, sagt Schwarze.
Deren Bedürfnisse lassen sich allerdings kaum über einen Kamm scheren. Verschiedene Kundengruppen hätten ganz unterschiedliche Erwartungen, sagt Thomas Peek, Partner Banking & Capital Markets bei der Beratung und Wirtschaftsprüfung Deloitte. Im „European Banking Trend Radar“ haben die Deloitte-Experten im vergangenen November neun übergeordnete Trends herausgearbeitet, die teils schnelles Handeln der Banken erfordern. Wichtigste Lektion sei die generationsspezifische Ansprache. „Viele jüngere Kunden nutzen für das Banking fast nur noch das Handy, ältere wollen dagegen oft nicht auf persönliche Beratung verzichten“, sagt Peek. Der Bezug zu einer Person, der sie vertrauen, sei ihnen in der Regel wichtig.
Zudem könne es eine Hemmschwelle geben, sich mit komplexeren digitalen Funktionen auseinanderzusetzen und sensible Daten am Smartphone zu teilen. „Gleichzeitig ist die ältere Generation wegen ihres hohen Vermögens für die Banken aber sehr wichtig“, sagt Peek. Es sei daher zu kurz gedacht, Filialen einfach zu schließen, ohne auf einzelne Zielgruppen abgestimmten digitalen Ersatz zu schaffen. „Auf persönliche Beratung werden viele auch nach der Pandemie nicht komplett verzichten wollen.“ Eine Möglichkeit könne sein, die Beratung per Videotelefonie in die Apps zu integrieren. „Heute sind die Apps in der Regel noch nicht so gestaltet, dass sie alle Generationen zugleich ansprechen“, sagt Peek.
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Eine mögliche Option: Banken könnten verschiedene Versionen einer App anbieten. „Noch besser wäre es aber, wenn sich dieselbe App flexibel an den jeweiligen Nutzer anpassen kann“, sagt Peek. Hier gebe es technisch noch Nachholbedarf. Die Geldhäuser könnten beispielsweise Fragebögen integrieren, die ein Profil der Bedürfnisse der Nutzer erstellen. So könne man verhindern, dass eine App mit nicht benötigten Funktionen überfrachtet wird. Das macht die Angebote für weniger digitalaffine Nutzer zugänglicher.
Um maßgeschneiderte Lösungen zu schaffen, spielen persönliche Daten eine immer wichtigere Rolle, sagt Peek. So könnten Banken erwägen, neben selbst abgefragten Informationen in Zukunft auch vermehrt auf Daten zurückzugreifen, die Nutzer an anderer Stelle im Netz hinterlassen – etwa auf Social-Media-Plattformen.
Kunden wollen mehr Eigenständigkeit
Als einen weiteren bedeutenden Trend identifizierten die Deloitte-Autoren das „Kunden-Empowering“. Nutzer haben demnach vermehrt das Bedürfnis, bei Bankgeschäften selbstständig aktiv zu werden und Entscheidungen zu treffen. Das sorge für persönliche Erfolgserlebnisse, etwa wenn sich die Wahl, in einen bestimmten Fonds zu investieren, als gewinnbringend herausstellt. „Die Banken können natürlich auch Kosten sparen, wenn der Kunde einzelne Prozesse selbst übernimmt“, sagt Peek. Digitale Angebote müssen dazu jedoch auch entsprechend gestaltet sein. Investment-Apps etwa müssen den Kunden alle nötigen Informationen liefern und anschaulich aufbereiten.
Im SWI-Ranking landen auch einige Neobanken auf vorderen Plätzen. Openbank belegt Platz fünf. Auf Rang sechs folgt Vivid Money – ein reines App-Angebot eines Berliner Start-ups, das im Juni 2020 an den Start ging. Vivid Money hat keine eigene Banklizenz, sondern arbeitet mit der Berliner Solarisbank zusammen. 500.000 Nutzer hat die App in Europa, wobei es eine kostenlose und eine kostenpflichtige Mitgliedschaft gibt. Ein wichtiger Bestandteil sind Cashback-Programme. Vivid-Kunden erhalten bei Einkäufen bestimmte Geldbeträge zurück. Das Cashback-Geld kann virtuell mit dem Kurs einer Aktie verknüpft werden – das Guthaben steigt entsprechend, kann aber nicht unter den Ausgangsbetrag fallen. Die Idee ist, dass an der Börse wenig erfahrene
„Wir sehen großes Wachstum über Empfehlungen“, sagt Vivid-Money-Sprecher Adrian Smiatek. „Daher geben wir lieber unseren Kunden Geld in Form von Cashback zurück, anstatt umfassend in Werbung zu investieren.“ Vivid Money setzt auch auf analoge Reize: Kunden erhalten eine Debitkarte aus Edelstahl, die wertig und belastbar sein soll. Aus Sicherheitsgründen befinden sich auf der Karte außer dem Namen und einer vierstelligen Nummer keine persönlichen Informationen – diese sind in der App gespeichert.
Mit solchen Ansätzen bringen die Neobanken Dynamik in den Markt – die klassischen Banken müssen nachziehen. Schließlich steigt die Wechselbereitschaft kontinuierlich – auch weil die Mitnahme von Daten von der einen zur anderen Bank technisch deutlich einfacher geworden ist. Laut Bitkom-Studie haben bereits 47 Prozent der Deutschen einmal ihr hauptsächlich genutztes Girokonto gewechselt, im Schnitt waren es mehr als drei Wechsel.
Im Konkurrenzkampf um die Kunden dürfen Banken nicht den Fehler machen, mit Angeboten an den Start zu gehen, die technisch und gestalterisch noch nicht ausgereift sind, warnt SWI-Forscher Härle. Zwar sei es zu begrüßen, wenn auch klassische Banken vermehrt innovative Elemente in die Apps integrierten – wie personalisierte Haushaltsbücher oder CO2-Rechner. „In letzter Zeit haben einige Banken ihren Kunden unfertige Apps mit eingeschränktem Funktionsumfang zur Verfügung gestellt. Das ist ein gefährlicher Weg und kann User verschrecken.“
So brachten im vergangenen Jahr die DKB-Bank und die Volks- und Raiffeisenbanken neue Versionen ihrer Apps in die Stores, die zunächst nicht zuverlässig funktionierten. Es hagelte negative Bewertungen der Nutzer.
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