Die Nachfrage nach Krediten geht immer mehr zurück, das gilt besonders für Immobiliendarlehen. Doch es zeigt sich auch: Der wirtschaftliche Einbruch wird deutlich geringer ausfallen als befürchtet.
Das Neubaugebiet Kronsrode in Hannover
Die Manager der Sparkassen fürchten, dass sich viele Sparer keinen Immobilienkauf mehr leisten können.
Bild: dpa
Frankfurt Die deutschen Sparkassen haben Sorge, dass das wichtige Geschäft mit der Immobilienfinanzierung auf Dauer deutlich schlechter laufen wird. Durch die sprunghaft gestiegenen Zinsen brach die gesamte Kreditnachfrage merklich ein.
Die Abwärtsdynamik hat sich im vierten Quartal fortgesetzt und die Sparkassen befürchten, dass die Nachfrage nach Krediten weiter zurückgeht. Das zeigt der seit Mitte 2020 erhobene S-Finanzklima-Index im vierten Quartal.
Das Deka-S-Finanzklima ist eine Maßzahl für die aktuelle Lage in der deutschen Wirtschaft und an den Finanzmärkten aus Sicht der regionalen Kreditinstitute der Sparkassen-Finanzgruppe. Es handelt sich um einen Sentimentindex, der quartalsweise aus einer Umfrage unter den Vorständen der deutschen Sparkassen hervorgeht und den das Handelsblatt regelmäßig veröffentlicht.
Wichtigster Grund für den Pessimismus in Sachen Baufinanzierung: Beim privaten Wohnungsbau und -kauf sind die Kunden deutlich vorsichtiger geworden.
„Die Nachfrage hat stark nachgelassen, die gestiegenen Zinsen und die weiterhin hohen Kaufpreise machen den Immobilienerwerb für viele unattraktiv oder sogar unerreichbar“, schreiben die Experten der Deka, dem Wertpapierdienstleister der Sparkassen.
Noch sei der Abschwung zum Teil der Vorsicht und der Unsicherheit über die weitere Zins- und Kaufpreisentwicklung geschuldet. Aber selbst wenn diese Vorsicht im kommenden Jahr wieder nachlassen und die Zahl der Transaktionen wieder steigen sollte, wird nach Meinung der befragten Sparkassen-Manager „wegen der verschlechterten Konditionen das Niveau beim Wohnungskauf und -bau eine ganze Zeit lang deutlich geringer ausfallen als in den vergangenen Jahren“.
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Auch die Berater von EY gehen in einer kürzlich veröffentlichten Studie davon aus, dass 2023 weniger Verbraucher eine Immobilienfinanzierung abschließen werden. Die Kombination aus steigenden Zinsen und hohen Energiekosten sei für viele Hauskäufer eine extreme Belastung.
Im Oktober sank das Volumen neu abgeschlossener Immobilienkredite in Deutschland auf 14,9 Milliarden Euro – der niedrigste Stand seit acht Jahren. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist das Volumen um 34 Prozent geschrumpft, wie Zahlen der Bundesbank zeigen.
Aber nicht nur die Nachfrage nach Krediten, auch das Darlehensangebot ging dem S-Finanzklima zufolge leicht zurück. Allerdings liegen die Angebotsbedingungen immer noch im positiven Bereich, in dem die Sparkassen-Manager die Kreditvergabebereitschaft nach wie vor als überdurchschnittlich einschätzen.
Das aus Kreditangebot und -nachfrage resultierende gesamte Kreditklima trübte sich leicht ein, bleibt aber auf einem „angesichts der gesamtwirtschaftlichen Begleitumstände hohen Niveau“. Wegen der höheren Zinsen würden die Sparkassen insgesamt gerne mehr Kredite an die regionalen Unternehmen vergeben. Dies ist auch der Erwartung geschuldet, dass die Institute mittelfristig noch weitere Leitzinssteigerungen und damit Geld- und Kapitalmarktzinsen erwarten.
Aus der Umfrage lässt sich herauslesen, dass die erwartete Rezession in Deutschland die Unternehmen bislang noch nicht in Finanzierungsstress gebracht hat. Nur bei vier Prozent der Sparkassen ist eine starke Zunahme der Inanspruchnahme von Kreditlinien zu beobachten.
Die Chancen steigen, dass dieser Stress auch im neuen Jahr vermieden werden kann. Nach drei spürbaren Rückgängen hat das S-Finanzklima insgesamt zum Jahresende nur noch geringfügig nachgegeben. Eine Stabilisierung ist in Sicht, auch wenn der Index mit 58,1 Punkten im vierten Quartal auf den niedrigsten Wert seiner bislang noch kurzen Historie gefallen ist. Gestützt haben dabei die Erwartung einer weniger restriktiven Geldpolitik und die positive Wirkung der staatlichen Stabilisierungsmaßnahmen.
Beim Konjunkturklima ist noch kein Wendepunkt zum Besseren erreicht, doch die Sinkgeschwindigkeit hat in den letzten beiden Umfragen bereits spürbar abgenommen. Bislang hat sich die deutsche Konjunktur trotz Energiekrise und Rezessionsangst als unerwartet widerstandsfähig erwiesen.
Das zeigte sich beispielsweise im unerwartet starken dritten Quartal, das entgegen der allgemeinen Erwartungen keine Schrumpfung, sondern einen soliden Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,4 Prozent gegenüber den Monaten April bis Juni brachte.
In der jüngsten Umfrage haben die Sparkassen-Manager die aktuelle Lage zwar abermals schlechter bewertet, aber bei den Erwartungen gab es bereits eine Trendumkehr. Fazit: Die Gefahr einer Rezession besteht zwar weiter. Doch der wirtschaftliche Einbruch wird deutlich geringer ausfallen als noch vor kurzem befürchtet.
Hierin zeigt sich nach Meinung der Sparkassen-Manager eine Neubewertung der ökonomischen Folgen des Ukrainekriegs. Die zupackende Gas-Beschaffungspolitik der Bundesregierung und die Unterstützung westlicher Partnerländer hätten es möglich gemacht, die Gasspeicher schneller und stärker zu befüllen als in normalen Zeiten.
Damit starte Deutschland von einer besser als erwarteten Ausgangsposition in den schwierigen Winter. „Das Konjunkturklima gegen Jahresende bleibt eingetrübt, aber der Absturz ist aufgehalten. Insbesondere die Lage der Unternehmen bleibt anscheinend erträglich, unter anderem auch aufgrund der staatlichen Gegenmaßnahmen“, meint Reinhold Rickes, Chefvolkswirt des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes.
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