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08.10.2022

12:57

Tagesgeld-Zinsen

ING kündigt Ende der Nullzinsen für Dezember an

Von: Yasmin Osman, Andreas Kröner

Die Deutschlandtochter des niederländischen Finanzkonzerns ING führt im Dezember die Zinsen für Tagesgeld wieder ein. Die Ankündigung dürfte Signalwirkung für die Branche haben.

ING Reuters

ING-Logo

Durch die Zinsoffensive will die Bank ihr Wachstum ankurbeln.

Frankfurt Wenige Wochen nach der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) eröffnet die ING in Deutschland den Kampf um die Spareinlagen der Kunden. Ab 6. Dezember soll die Verzinsung für Tagesgeld auf 0,3 Prozent steigen, kündigte ING-Deutschlandchef Nick Jue am Donnerstag in Frankfurt an. Die Zinsen für Festgeld sollen sogar sofort um 0,3 bis 0,5 Prozentpunkte angehoben werden.

Die ING ist zwar nicht das erste Institut, das wieder Zinsen für Tagesgeld anbietet. Sie ist aber das mit Abstand größte Geldhaus. Ende vergangenen Jahres zählte das Institut knapp 9,1 Millionen Privatkunden. Dabei führt die Bank aktuell insgesamt rund 7,5 Millionen Tagesgeldkonten.

Die Deutsche Pfandbriefbank bietet Neu- und Bestandskunden aktuell 0,75 Prozent pro Jahr, die Renault Bank Direkt bietet Neukunden 0,75 Prozent und Bestandskunden 0,6 Prozent. Bei diesen Instituten handelt es sich allerdings um Nischenanbieter.

ING: Andere Banken könnten Tagesgeld-Zinsen ebenfalls erhöhen

Aufgrund der Größe der ING dürfte ihre Ankündigung Signalwirkung für die deutsche Bankenbranche haben. „Unsere Tagesgeldzinsen sind gekommen, um zu bleiben“, sagte Jue.

Auch andere Banken bringen sich bereits in Stellung. So sagte Lars Stoy, Chef des deutschen Privatkundengeschäfts der Deutschen Bank, in der „FAZ“, die Bank habe „vor ein paar Wochen begonnen, die Einlagenzinsen für unsere Kunden zu erhöhen“. „Ich gehe davon aus, dass im kommenden Jahr weitere Schritte folgen werden, sowohl bei der Deutschen Bank als auch bei der Postbank.“ Derzeit liegt der Tagesgeldsatz bei den Marken Deutsche Bank und Postbank bei 0,001 Prozent.

Grafik

Zurückhaltender hatte sich vor Kurzem Commerzbank-Chef Manfred Knof geäußert. „Im Privatkundengeschäft ist es wichtig, dass im deutschen Bankensystem niemand etwas auf Girokonten bezahlt“, sagte er vor zwei Wochen bei einer Finanzkonferenz der Bank of America.

ING will mit Zinsoffensive für Wachstum sorgen

Die Commerzbank hat selbst viele Jahre mit hohen Begrüßungsgeldern um neue Privatkunden geworben. Der seit Anfang 2021 amtierende Knof will jedoch weniger auf Wachstum und stärker auf Profitabilität achten. Das Institut bezahlt Privatkunden deshalb aktuell keine Zinsen auf Girokonten. Laut Knof will die Bank bei diesem Thema kein Vorreiter, sondern bewusst ein Nachzügler, ein „late follower“ sein.

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Ganz anders die ING Deutschland. Vorstandschef Jue machte deutlich, dass er mit seiner Zinsoffensive das Wachstum der Bank ankurbeln will. „Wir fallen zurück in alte Stärken. Das Kundenwachstum über das Einlagengeschäft ist eine unserer Stärken“, sagte Jue. „Wir springen da wieder rein.“

Die Bank buhlt dabei insbesondere auch um neue Kunden. Neukunden sollen für neu eröffnete Tagesgeld-Konten in den nächsten vier Monaten bis zu einer Grenze von 50.000 Euro sogar ein Prozent Zinsen erhalten.

Bis vor Kurzem überwiegend Minuszinsen auf Tagesgeld

Damit hat am Einlagenmarkt eine drastische Kehrtwende stattgefunden. Bis vor wenigen Monaten erhoben noch zahlreiche Geldhäuser Minuszinsen, sogenannte Verwahrentgelte, für Kunden mit hohen Spareinlagen. Mitte August meldete das Verbraucherportal Biallo, dass noch 35 Banken ein Verwahrentgelt in ihrem Preisaushang oder auf ihrer Internetseite ausweisen würden. Ende Mai verlangten allerdings sogar noch 582 Geldhäuser Minuszinsen. Das Vergleichsportal Verivox zählte zu diesem Zeitpunkt sogar noch fast 100 Banken mit einem Preisaushang mit Minuszinsen.

Nicht alle deutschen Geldhäuser haben Kunden, die noch Ersparnisse haben. Bei den bundesweit 360 Sparkassen hatten sich die Kundenguthaben im ersten Halbjahr 2022 etwa lediglich noch um 600 Millionen Euro erhöht. Die Sparkassen sind in Deutschland Marktführer im Geschäft mit privaten Kunden.

Einlagen von Privatkunden der ING wachsen seit Mai

Nach Einschätzung von Sparkassenpräsident Helmut Schleweis könnten künftig 60 Prozent der deutschen Haushalte mit ihrem monatlichen Einkommen ihre Ausgaben nicht mehr bestreiten und ins Minus rutschen. Auch der Co-Chef der genossenschaftlichen DZ Bank, Cornelius Riese, hatte auf einer Handelsblatt-Tagung gewarnt: „Die verfügbaren Haushaltseinkommen werden sinken. Die Anzahl an Menschen, die sparen können, wird sinken.“

Kunden der ING scheinen davon weniger stark betroffen zu sein: Laut Jue sind die Einlagen bei der ING seit Mai Monat für Monat gewachsen. Im Mai hatte die ING angekündigt, ab Juli praktisch keine Verwahrentgelte mehr zu erheben.

Auch Verwendung für zusätzliche Einlagen scheint vorhanden: Zwar beobachtet die ING Deutschland nachlassende Wachstumsraten in der Baufinanzierung, aber nach wie vor wachse das Geschäft mit Baudarlehen.

Erstpublikation: 06.10.22, 11:15 Uhr.

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