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25.01.2017

17:00

Techfluence-Berater über Robo-Advisors

„Ohne Vertrauen funktioniert es nicht“

Von: Katharina Schneider

Der Fintech-Berater Michael Mellinghoff spricht im Interview über die Chancen und Risiken für Finanz-Start-ups, computergestützte Geldanlage und den schwierigen Weg zur ersten Milliarde Anlagevolumen.

Der Berater kennt die europäische Fintech-Szene sehr genau.

Michael Mellinghoff

Der Berater kennt die europäische Fintech-Szene sehr genau.

Frankfurt Für Start-ups ist das Privatkundengeschäft anfangs schwierig, meint der Berater, der in London arbeitet und die europäische Fintech-Szene sehr genau kennt.

Herr Mellinghoff, Sie zählen gerade 64 Robo-Advisors in der EU und 23 in Deutschland, einige sind noch in den Startlöchern. Ist das Angebot angesichts der deutschen Aktienscheu nicht schon jetzt zu groß?
Die Branche steht noch ganz am Anfang. Mich würde es nicht überraschen, wenn es in Europa in fünf bis zehn Jahren 500 Robo-Advisors gäbe. Die Kosten für den Aufbau eines solchen Angebots sind relativ niedrig und wenn es einmal steht, braucht es für den Betrieb nicht viele Mitarbeiter. Das ist insbesondere in schlecht laufenden Marktphasen ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Banken, die weiter mit viel Personal auf persönliche Beratung setzen.

Trotz niedriger Kosten, ohne Kunden geht es auch nicht.
Das aktuelle Marktumfeld ist für die Anbieter sehr günstig. Angesichts des niedrigen Zinsniveaus müssen sich auch konservative Bankkunden nach Alternativen zu Sparprodukten umsehen. Das gilt umso mehr, wenn Banken Strafzinsen verlangen und die Inflationsrate steigt. An Fonds und Aktien kommt niemand mehr vorbei.

Gegenüber jungen Anbietern herrscht grundsätzlich Skepsis. Wie ist das zu lösen?

Im Privatkundengeschäft funktioniert nichts ohne Vertrauen. Das aufzubauen, benötigt mindestens drei bis fünf Jahre. Die Anbieter müssen erstmal beweisen, dass sie seriös und erfolgreich arbeiten.

Digitale Vermögensverwaltung: Experiment Robo-Advisor

Digitale Vermögensverwaltung

Experiment Robo-Advisor

Ein Roboter, der für Sie die Geldanlage übernimmt? Das gibt es. Fintechs bieten längst digitale Vermögensverwaltung. Traditionelle Institute tun sich schwer damit. Warum, das weiß man bei der Deutschen Bank nur zu genau.

Fünf Jahre sind für Start-ups eine Ewigkeit, da kann schnell das Geld knapp werden.
Eine eigene Marke aufzubauen, braucht nun mal Zeit. Ganz entscheidend sind deshalb geduldige und langfristig orientierte Geldgeber. Das Ziel muss sein, möglichst schnell die erste Milliarde Vermögen zu verwalten. Fintechs im Privatkundenbereich haben ein höheres Risiko, aber zugleich auch ein größeres Potenzial. Noch sind sie im Vergleich zu Banken sehr klein. Aber das wird sich ändern. Man denke nur an die führenden Fondsgesellschaften in Deutschland, die sind auch nicht über Nacht groß geworden.

Einige Robo-Advisors stellen ihre Technologie auch Banken zur Verfügung. Eine erfolgversprechende Strategie?
Bei manchen Anbietern habe ich den Eindruck, dass die Kooperationen aus der Not geboren wurden. Wenn das Geld nicht mehr reicht, muss man Kompromisse machen. Dienstleister zu sein, birgt aber auch Risiken. Man macht sich damit abhängig von Großkunden und muss wertvolle Kapazitäten darauf verwenden, Sonderwünsche zu erfüllen. Dienstleister zu sein ist ein ganz anderes Geschäftsmodell.

Raten Sie von Kooperationen ab?
Es gibt keinen Königsweg für den Erfolg eines Robo-Advisors. Manche Kooperationen können auch ein Ritterschlag sein, aber das hängt von der konkreten Konstellation ab. White Label-Lösungen für Banken zu entwickeln, hilft jedenfalls nur bedingt dabei, die eigene Retail-Marke zu etablieren.

Und beim US-Robo Betterment zeigt sich, dass Kooperationen endlich sind.
Betterment dürfte die gut einjährige Kooperation mit dem Vermögensverwalter Fidelity nicht geschadet haben. Immerhin ist die Kundenzahl währenddessen so stark gestiegen, dass der Konkurrent Wealthfront überholt wurde. Jetzt dürfte das Wachstum aber nachlassen.

Fidelity hat einen eigenen Robo-Advisor gestartet, ist das auch für Banken ein Muss?
Beratung in der Filiale ist teuer und wird von vielen Kunden nicht mehr nachgefragt . Eigene Robo-Advisors sind für Banken eine gute und günstige Alternative. Da sie immer noch großes Vertrauen bei ihren Kunden genießen, ist es für sie auch einfacher, die Kunden für ein neues Angebot wie einen Robo-Advisor zu gewinnen.

Die Angebote der Robo-Advisors reichen von Self-Service, bei dem der Kunde selbst Fonds ordern muss, bis Full-Service, der einer Vermögensverwaltung ähnelt. Was wird erfolgreich sein?
Es gibt verschiedene Typen von Anlegern, deshalb werden auch unterschiedliche Robo-Advisors eine Nische finden. In Deutschland sind bisher Scalable Capital und Whitebox am schnellsten gewachsen. Sie richten sich an vermögende Kunden, die sich bereits mit Geldanlage auskennen. Bei ihnen können sie mit ihrem Know-How punkten. Noch größtes Marktpotenzial sehe ich aber in den bisherigen Nicht-Anlegern. Sie dürften sich eher von einfachen Angeboten überzeugen lassen, die leicht verständlich erklärt werden.

Herr Mellinghoff, vielen Dank für das Gespräch.

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