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02.03.2023

18:29

Ulrich Reuter

Neuer Sparkassen-Chef fordert mehr Unterstützung für Hausbauer

Von: Elisabeth Atzler, Andreas Kröner

PremiumDer designierte DSGV-Präsident schlägt ein Bündel an Maßnahmen vor. Zu Landesbankfusionen äußert er sich zurückhaltender als Amtsinhaber Helmut Schleweis.

Der Jurist folgt an der DSGV-Spitze auf Helmut Schleweis. IMAGO/Stephan Görlich

Ulrich Reuter

Der Jurist folgt an der DSGV-Spitze auf Helmut Schleweis.

München, Frankfurt Selten war das Interesse an einer Pressekonferenz des bayerischen Sparkassenverbands so groß wie in diesem Jahr. Verantwortlich dafür ist dessen Chef Ulrich Reuter, der 2024 Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) werden soll.

Reuter wollte sich am Donnerstag zwar nicht explizit zu seiner Agenda als DSGV-Chef äußern. Mit seinen Äußerungen ließ der 60-Jährige allerdings klar durchblicken, welche Themen er als bundesdeutscher Sparkassen-Präsident angehen will.

Großen Handlungsbedarf sieht Reuter vor allem bei der Förderung des privaten Wohnungsbaus. „Wir brauchen mehr gezielte Initiativen der Politik, Menschen zu Wohneigentum zu verhelfen“, forderte er. Dabei sei ein Bündel an Maßnahmen denkbar.

Man könne etwa Darlehenszinsen von der Steuer absetzbar machen, die Grunderwerbsteuern senken oder die Eigenheimzulage anpassen „Der Fantasie ist da keine Grenze gesetzt, der Fantasie der Politik ohnehin nicht.“

Darüber hinaus müssten die Sparkassen die ökologische Transformation so begleiten, „wie es unserem Marktanteil entspricht“. Das sei „ein entscheidender Treiber für die gesamte Sparkassen-Finanzgruppe“. Die bundesweit 360 Sparkassen sind Marktführer im Geschäft mit mittelständischen Firmenkunden.

Banken als Kreditgeber spielen bei der Entwicklung der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit eine wesentliche Rolle, weil sie darüber entscheiden, welche Unternehmen frische Mittel erhalten und welche nicht.

Zahlen Sparkassen zu wenig Zinsen?

Zuletzt gerieten die Sparkassen in die Kritik, weil die meisten von ihnen die gestiegenen Zinsen der Notenbanken bisher nicht an ihre Privatkunden weitergeben. Reuter hält diese Kritik für ungerechtfertigt. Bei Festgeld mit längeren Laufzeiten böten inzwischen auch Sparkassen „Anlagen, die sich sehen lassen können“, sagte er.

Bei neu gegründeten Banken, die mit „marktschreierischen Angeboten unterwegs“ seien und höher Tagesgeldzinsen böten, sollten Kunden genau hinschauen – wie auf dem Markt. „Da ist nicht jeder Fisch, der angeboten wird, nur günstig. Manchmal muss er auch einfach weg.“

Reuter steht seit 2021 an der Spitze des bayerischen Sparkassenverbands. Davor war er für die CSU 18 Jahre Landrat in Aschaffenburg und in dieser Funktion auch mehrere Jahre im Verwaltungsrat der Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau. Auch im privaten Bankensektor hat Reuter bereits Erfahrung gesammelt: Von 1993 bis 2001 arbeitete er für die Deutsche Bank.

Am kommenden Montag soll Reuter auf der DSGV-Mitgliederversammlung nun offiziell zum Nachfolger von Helmut Schleweis gewählt werden, dessen Amtszeit zum Jahresende ausläuft. Als Präsident des größten deutschen Finanzverbunds hätte der Bayer dann in der Politik und Öffentlichkeit großen Einfluss.

DSGV-Chef muss Mehrheiten organisieren

Allerdings ist die Sparkassen-Organisation kein hierarchisch geführter Konzern. Wenn Reuter etwas erreichen will, muss er innerhalb der Finanzgruppe Mehrheiten organisieren. Das trauen die meisten Funktionäre ihm eher zu als der westfälischen Sparkassen-Präsidentin Liane Buchholz, die sich ebenfalls um das Amt beworben hatte.

Buchholz sei fachlich zwar besser als Reuter, sagt einer, der am Montag mit abstimmt. Aber: „Wir entscheiden uns für den, der kommunikativer ist.“ Ein anderer Weggefährte beschreibt Reuter als jemanden, der nicht polarisiere und Entscheidungen nüchtern angehe.

Passend dazu hält sich Reuter beim Streitthema Konsolidierung bisher zurück – ganz im Gegensatz zu Schleweis. Der amtierende DSGV-Chef hat sich mehrfach dafür ausgesprochen, die vier großen Landesbanken und die Deka zu einem Zentralinstitut zu fusionieren.

Er scheiterte damit jedoch vor allem am Widerstand aus der Politik. Neben den Sparkassen sind nämlich auch die jeweiligen Bundesländer an den Landesbanken beteiligt. Reuter hat offensichtlich wenig Lust, sich wie sein Vorgänger offensiv für Fusionen unter Landesbanken einzusetzen – und damit ebenfalls zu scheitern.

Aktuell verdienten alle Landesbanken Geld und seien aus Sicht ihrer Eigner zukunftsfähig, sagte er. „Dem habe ich aktuell aus bayerischer Sicht nichts kommentierend hinzuzufügen.“ Zudem verwies Reuter auf Aussagen von Schleweis, „dass es nicht in der Macht eines DSGV-Präsidenten liegt, dort Fusionen voranzutreiben, weil die Entscheidung auf der Eigentümerseite liegt“.

Änderungen am Lebenslauf sorgen für Kritik

Immerhin bei Versicherern und Landesbausparkassen (LBS) in Sparkassenhand gab es zuletzt Fortschritte. So gehen die LBS Bayern und die LBS Südwest zusammen.

Er habe mit Reuter eine „super Erfahrung“ bei der Fusion gemacht, lobt der baden-württembergischen Sparkassen-Präsident Peter Schneider. Reuter beschreibe sich selbst als „ergebnisverliebt“, sagte Schneider: „Das brauchen wir!“

Für Irritationen hatte Reuter allerdings gesorgt, weil er seinen Wikipedia-Eintrag ändern ließ. Dort hat der bayerische Sparkassenverband zunächst einige Punkte gestrafft und dabei gestrichen, dass der promovierte Jurist das Gymnasium mit Mittlerer Reife verlassen hatte. Später wurde diese Änderung offenbar wieder zurückgenommen – laut Verband durch jemanden aus der Wikipedia-Community. Zuerst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.

Reuter erklärte, er stehe zu seinem Lebenslauf. „Ich bin stolz auf meinen Werdegang über den zweiten Bildungsweg.“ Eine Änderung bei der Darstellung seines Professorentitels im Lebenslauf habe er vorgenommen, weil ihm von außen signalisiert worden sei, „dass manches missverstanden werden konnte. Das haben wir klarergestellt.“

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