Die Turbulenzen im Bankensektor treffen auch die griechischen Institute. Die Hellas-Banken scheinen zwar gut gewappnet – haben aber eine ernste Schwäche.
Yannis Stournaras
Der griechische Notenbankchef ist optimistisch, dass die heimischen Banken keine Folgeeffekte der SVB-Pleite spüren werden.
Bild: Reuters
Athen Erst Mitte 2015 stand das griechische Finanzsystem vor dem Zusammenbruch. Die Turbulenzen im europäischen Bankensektor lassen nun neue Sorgen aufkommen, dass die griechischen Institute erneut große Probleme bekommen. Griechenlands Notenbankchef Yannis Stournaras aber sieht eine solche Gefahr nicht.
„Die griechischen Banken sind widerstandsfähiger als noch vor einigen Jahren und haben mehr Polster, um die Auswirkungen einer Finanzkrise aufzufangen“, erklärte Stournaras dem Handelsblatt. Die Banken hätten „erhebliche Fortschritte bei der Bereinigung ihrer Bilanzen gemacht und verfügen dank des Anstiegs der Einlagen sowie des Zugangs zu Großkundenmärkten über reichlich Liquidität“, unterstreicht Stournaras.
Der griechische Notenbankchef fügt hinzu: „Außerdem sind sie 2022 wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt und haben ihre Eigenkapitalausstattung auf ein Niveau verbessert, das über den aufsichtsrechtlichen Anforderungen liegt.“ Das Engagement liegt laut Stournaras bei „fast null“. Die Institute seien zudem auch nicht bei den eigenkapitalähnlichen Additional-Tier-1-Anleihen (AT1) der Credit Suisse engagiert.
Tatsächlich haben die vier systemischen griechischen Geldhäuser die Turbulenzen der Krisenjahre 2010–2018 weitgehend hinter sich gelassen. Sie drückten die Quote der notleidenden Forderungen, die im März 2016 fast 50 Prozent der ausgereichten Darlehen erreichte, auf 8,7 Prozent zu Ende Dezember 2022. Die Einlagen sind in den vergangenen vier Jahren um 30 Prozent gewachsen.
Heute stehen ausgereichten Krediten von 123 Milliarden Euro Depositen von 201,2 Milliarden Euro gegenüber. Die Zuflüsse aus dem EU-Aufbaufonds RRF werden in den nächsten Jahren die Liquidität der Banken weiter stärken und das Kreditgeschäft beflügeln.
Eine griechische Flagge im Wind
Erst Mitte 2015 stand das griechische Finanzsystem vor dem Zusammenbruch. Diesmal scheinen die Ansteckungsgefahren gering.
Bild: AP
Anzeichen für einen Bankrun, wie ihn Griechenland im Frühsommer 2015 auf dem Höhepunkt der Euro-Krise erlebte, gibt es bisher nicht. Damals führten der radikallinke Premier Alexis Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis mit ihrem Konfrontationskurs gegenüber den internationalen Gläubigern das griechische Finanzsystem an den Rand des Zusammenbruchs.
Aus Angst vor einem Grexit, dem Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone, räumten die Menschen damals ihre Konten leer. Binnen sechs Monaten fielen die Einlagen von 160 auf 136 Milliarden Euro. Um ein Ausbluten der Banken abzuwenden, schloss die Regierung Ende Juni 2015 die Institute für drei Wochen und führte Kapitalkontrollen ein.
>> Lesen Sie hier: Bankaktien trotz Credit-Suisse-Rettung unter Druck – AT1-Anleihen verunsichern Investoren
Im Vergleich dazu herrscht jetzt in den Chefetagen der griechischen Geldinstitute Gelassenheit. Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) sei ein Sonderfall, heißt es. „Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Derartiges in Europa ereignet, ist außerordentlich gering“, sagte Fokion Karavias, CEO der Eurobank, der griechischen Zeitung Kathimerini. Im Gegensatz zur hochspezialisierten SVB seien die griechischen Banken mit ihren breit gefächerten Geschäftsmodellen viel stabiler aufgestellt, sagt der Eurobank-Chef.
Griechenland im Jahr 2015
Vor einer Bank und einem Automaten stehen Menschen in Schlangen, um Geld abzuheben. Die Regierung führte daraufhin Kapitalverkehrskontrollen ein.
Bild: AP
Auch Finanzminister Christos Staikouras sieht die Banken in guter Verfassung, mahnt aber angesichts „der globalen Ungewissheit und neuer Herausforderungen“ zur Wachsamkeit: „Die Regierung beobachtet in enger Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden die Entwicklung und wird alles tun, um die Stabilität des griechischen Finanzsystems sicherzustellen.“
Als Folge der griechischen Staatsschuldenkrise kämpft der Bankensektor allerdings immer noch mit einem strukturellen Problem. Die Abschreibungen fauler Kredite haben in den vergangenen Jahren viel Eigenkapital aufgezehrt.
Mit einer Kernkapitalquote (Tier 1) von 13,2 Prozent erfüllen die griechischen Banken zwar die Mindestanforderungen. Aber 63 Prozent des Eigenkapitals entfallen auf latente Steuergutschriften aus Verlustvorträgen. Damit gewährte der Staat den Banken 2012 eine Kompensation für die Verluste aus dem Schuldenschnitt.
Um ihre Eigenkapitalquote zu erhöhen, verzichten die Banken jetzt trotz Milliardengewinnen im Jahr 2022 auf die Ausschüttung von Dividenden. Die griechische Zentralbank bezeichnet in ihrem jüngsten Bericht zur Finanzstabilität den hohen Anteil der Steuergutschriften am Eigenkapital als „Herausforderung“.
>> Lesen Sie hier: Generalstreik lähmt Griechenland – Mitsotakis bangt um Wiederwahl
Notenbankchef Stournaras sieht die Banken aber bei der Stärkung ihrer Kapitalausstattung auf einem guten Weg: „In Zukunft werden die Annäherung der Qualität der Aktiva an den EU-Durchschnitt, die Verbesserung der Qualität und des Kapitalangebots sowie die Nachhaltigkeit der Erträge aufgrund des Geschäftswachstums die Fundamentaldaten der griechischen Kreditinstitute weiter stärken“, prognostiziert der Gouverneur der Zentralbank.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×