Europäische Spitzenbanken wollen sich mit einem eigenen Bezahlsystem unabhängig von Mastercard und Visa machen. Sie hoffen dabei auf Geld aus dem EU-Wiederaufbaufonds.
Bezahlen mit Karte
Europäische Großbanken wollen eine europäische Bezahlkarte schaffen. Sie soll Teil eines neuen Bezahlsystems sein.
Bild: Robert Kneschke - stock.adobe.com
Frankfurt, Paris Europäische Großbanken haben ein ehrgeiziges Vorhaben gestartet: Sie wollen ein eigenes europaweites Bezahlsystem aufbauen, das den Kreditkartenfirmen Mastercard und Visa Paroli bieten soll. Eine Interimsgesellschaft für die European Payments Initiative (EPI) ist inzwischen gegründet, nun werden weitere Details dazu bekannt.
So peilen EPI-Anteilseigner nicht nur an, ein neues Bezahlverfahren zu etablieren, sondern auch dafür eine einheitliche Marke zu schaffen. Thierry Laborde, stellvertretender Generaldirektor und verantwortlich für regionale Märkte bei der französischen Großbank BNP Paribas, ist der Meinung, wenn die Marke geschaffen sei, werde sie in den Brieftaschen der Kunden und auf Kartenlesegeräten zu finden sein – genauso wie Visa und Mastercard. „Ziel ist es, dass die europäische Marke bis 2025 rund 65 Prozent der Zahlungen in Europa abwickeln wird“, sagte Laborde dem Handelsblatt.
Neben BNP ziehen weitere Großbanken aus Frankreich und Deutschland sowie aus Belgien, den Niederlanden und Spanien bei EPI mit, auch die deutschen Sparkassen sind dabei. Beteiligt haben sich gerade erst die Zahlungsdienstleister Worldline aus Frankreich und Nets aus Dänemark, die im Auftrag von Händlern Zahlungen an der Ladenkasse und online abwickeln.
Joachim Schmalzl, Vorstand beim Sparkassenlobbyverband DSGV und Aufsichtsrat der EPI-Interimsgesellschaft, kündigte am Freitag an, dass weitere Anteilseigner in den nächsten Tagen dazustoßen würden. Teil von EPI soll zudem eine neue Bezahlkarte sein, wie Schmalzl auf einer Bundesbank-Konferenz sagte.
Neben der physischen EPI-Bezahlkarte soll das geplante neue Bezahlsystem eine digitale Geldbörse, im Fachjargon Wallet, enthalten. Dafür sind digitalisierte Bezahlkarten vorgesehen. Nicht nur in Deutschland sorgt die Coronakrise dafür, dass Verbraucher zusehends mit Karte oder Smartphone statt mit Bargeld bezahlen.
Der Start des neuen Bezahlsystems ist für 2022 vorgesehen. Es würde die europäische Kreditwirtschaft unabhängiger von US-Unternehmen wie den Kreditkartenfirmen und Netzanbietern Mastercard und Visa machen, über die laut der Bundesbank mehr als zwei Drittel der europäischen Kartentransaktionen laufen. Auf ihrer Technik basieren in einigen europäischen Ländern die nationalen Systeme für Kartenzahlungen, zudem werden grenzüberschreitende Zahlungen über Visa und Mastercard abgewickelt.
Daneben wächst die Konkurrenz durch US-Techkonzerne. Apple und Google haben längst eigene Bezahldienste, Apple Pay und Google Pay, an den Markt gebracht. Auch sie basieren im Wesentlichen auf Mastercard und Visa. Bei Onlinezahlungen wiederum nutzen viele Verbraucher bankenunabhängige Anbieter wie den US-Bezahldienst Paypal. Nets und Worldline sollen dafür sorgen, dass möglichst viele Händler das EPI-System akzeptieren.
Dabei zeichnet sich ab, dass die Geldhäuser mit gewaltigen Investitionen rechnen müssen. „Die Kosten werden auf einige Milliarden Euro geschätzt, für Investitionen und Marketing“, sagte BNP-Manager Laborde. „Und dann gibt es noch die individuellen Kosten jeder Bank, um die Informationssysteme auf europäischer Basis neu aufzubauen oder sicherzustellen, dass sie angepasst werden.“
Um die hohen Summen zu stemmen, hoffen die Banken auf Geld von der Europäischen Kommission. „Das EPI-Projekt erfüllt die Kriterien, um ein guter Kandidat für die Finanzierung durch den EU-Wiederaufbaufonds zu sein“, sagte Laborde. „Wenn es ein europäisches Projekt gibt, dann ist es dieses: eine europäische Zahlungsarchitektur zu schaffen, die es einfacher macht zu bezahlen.“
Laborde zufolge soll die EPI-Interimsgesellschaft nun untersuchen, wie das Bezahlmodell rund um die digitale Brieftasche und Echtzeitzahlungen rentabel gemacht werden könne. An der Spitze der Firma, die später in eine Holding übergehen soll, steht die Zahlungsexpertin Martina Weimert, Partnerin beim Berater Oliver Wyman. Das gaben die EPI-Gesellschafter erst am Mittwoch bekannt. Oliver Wyman und Weimert selbst haben die Banken von Anfang an bei EPI beraten, Weimert arbeitet seit Langem in Paris.
Angesichts der hohen Investitionen und der starken Wettbewerber gilt EPI als große Herausforderung für die Banken, die derzeit auch noch mit den Folgen der Coronakrise ringen. Oliver Hommel, Zahlungsexperte der Beratungsfirma Accenture, sieht als größte Hürde, dass sich die Banken und Zahlungsdienstleister auf ein wirklich zukunftsfähiges Verfahren einigen müssen. „Ein Problem wäre, wenn alle Beteiligten in erster Linie darauf achten, ihre bestehenden Systeme und Prozesse bei EPI einzubringen, ohne dabei eine wirklich innovative Lösung im Blick zu haben“, so der Experte.
Die Geldhäuser und Zahlungsdienstleister müssen für EPI auch Ausdauer mitbringen. Hommel zufolge dürfte es angesichts der knappen Margen im Zahlungsverkehr lange dauern, bis sich die Investitionen rentieren. Bei Zahlungen per Karte oder Smartphone an der Ladenkasse erhalten die Banken nur einen Minianteil am Umsatz. Das gilt auch für andere Zahlungsdienstleister. Für Zahlungen von Handy zu Handy, die auch Teil von EPI sein sollen, akzeptieren Verbraucher in der Regel gar keine Gebühr.
latt.
Neben BNP ziehen weitere Großbanken aus Frankreich und Deutschland sowie aus Belgien, den Niederlanden und Spanien bei EPI mit, auch die deutschen Sparkassen sind dabei. Beteiligt haben sich gerade erst die Zahlungsdienstleister Worldline aus Frankreich und Nets aus Dänemark, die im Auftrag von Händlern Zahlungen an der Ladenkasse und online abwickeln.
Joachim Schmalzl, Vorstand beim Sparkassenlobbyverband DSGV und Aufsichtsrat der EPI-Interimsgesellschaft, kündigte am Freitag an, dass weitere Anteilseigner in den nächsten Tagen dazustoßen würden. Teil von EPI soll zudem eine neue Bezahlkarte sein, wie Joachim Schmalzl auf einer Bundesbank-Konferenz sagte.
Neben der physischen EPI-Bezahlkarte soll das geplante neue Bezahlsystem eine digitale Geldbörse, im Fachjargon Wallet, enthalten. Dafür sind digitalisierte Bezahlkarten vorgesehen. Nicht nur in Deutschland sorgt die Coronakrise dafür, dass Verbraucher zusehends mit Karte oder Smartphone statt mit Bargeld bezahlen.
Der Start des neuen Bezahlsystems ist für 2022 vorgesehen. Es würde die europäische Kreditwirtschaft unabhängiger von US-Unternehmen wie den Kreditkartenfirmen und Netzanbietern Mastercard und Visa machen, über die laut der Bundesbank mehr als zwei Drittel der europäischen Kartentransaktionen laufen. Auf ihrer Technik basieren in einigen europäischen Ländern die nationalen Systeme für Kartenzahlungen, zudem werden grenzüberschreitende Zahlungen über Visa und Mastercard abgewickelt.
Daneben wächst die Konkurrenz durch US-Techkonzerne. Apple und Google haben längst eigene Bezahldienste, Apple Pay und Google Pay, an den Markt gebracht. Auch sie basieren im Wesentlichen auf Mastercard und Visa. Bei Onlinezahlungen wiederum nutzen viele Verbraucher bankenunabhängige Anbieter wie den US-Bezahldienst Paypal. Nets und Worldline sollen dafür sorgen, dass möglichst viele Händler das EPI-System akzeptieren.
Dabei zeichnet sich ab, dass die Geldhäuser mit gewaltigen Investitionen rechnen müssen. „Die Kosten werden auf einige Milliarden Euro geschätzt, für Investitionen und Marketing“, sagte BNP-Manager Laborde. „Und dann gibt es noch die individuellen Kosten jeder Bank, um die Informationssysteme auf europäischer Basis neu aufzubauen oder sicherzustellen, dass sie angepasst werden.“
Um die hohen Summen zu stemmen, hoffen die Banken auf Geld von der Europäischen Kommission. „Das EPI-Projekt erfüllt die Kriterien, um ein guter Kandidat für die Finanzierung durch den EU-Wiederaufbaufonds zu sein“, sagte Laborde. „Wenn es ein europäisches Projekt gibt, dann ist es dieses: eine europäische Zahlungsarchitektur zu schaffen, die es einfacher macht zu bezahlen.“
Laborde zufolge soll die EPI-Interimsgesellschaft nun untersuchen, wie das Bezahlmodell rund um die digitale Brieftasche und Echtzeitzahlungen rentabel gemacht werden könne. An der Spitze der Firma, die später in eine Holding übergehen soll, steht die Zahlungsexpertin Martina Weimert, Partnerin beim Berater Oliver Wyman. Das gaben die EPI-Gesellschafter erst am Mittwoch bekannt. Oliver Wyman und Weimert selbst haben die Banken von Anfang an bei EPI beraten, Weimert arbeitet seit Langem in Paris.
Angesichts der hohen Investitionen und der starken Wettbewerber gilt EPI als große Herausforderung für die Banken, die derzeit auch noch mit den Folgen der Coronakrise ringen. Oliver Hommel, Zahlungsexperte der Beratungsfirma Accenture, sieht als größte Hürde, dass sich die Banken und Zahlungsdienstleister auf ein wirklich zukunftsfähiges Verfahren einigen müssen. „Ein Problem wäre, wenn alle Beteiligten in erster Linie darauf achten, ihre bestehenden Systeme und Prozesse bei EPI einzubringen, ohne dabei eine wirklich innovative Lösung im Blick zu haben“, so der Experte.
Die Geldhäuser und Zahlungsdienstleister müssen für EPI auch Ausdauer mitbringen. Hommel zufolge dürfte es angesichts der knappen Margen im Zahlungsverkehr lange dauern, bis sich die Investitionen rentieren. Bei Zahlungen per Karte oder Smartphone an der Ladenkasse erhalten die Banken nur einen Minianteil am Umsatz. Das gilt auch für andere Zahlungsdienstleister. Für Zahlungen von Handy zu Handy, die auch Teil von EPI sein sollen, akzeptieren Verbraucher in der Regel gar keine Gebühr.
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