Im Kampf gegen die Inflation entscheiden sich die Notenbanken für große Zinserhöhungen. Was sind die Aufgaben einer Notenbank? Eine Übersicht.
Europäische Zentralbank in Frankfurt
Die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt zählt zu den wichtigsten Notenbanken.
Bild: Imago
Sie versorgen Bevölkerung und Unternehmen mit Bargeld, behalten die Finanzstabilität eines Währungsraums im Auge und beeinflussen Zinssätze: Notenbanken kommen eine Reihe von Verantwortlichkeiten zu – oberstes Ziel ist es in diesen Zeiten mehr denn je, die Inflation einzudämmen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hob den europäischen Leitzins im Dezember um 0,50 Prozentpunkte auf 2,50 Prozent an. Die Notenbank werde ihre Zinserhöhungen beibehalten, kündigte Vize-Präsident Luis de Guindos an. Auch die US-Notenbank Fed, die 2022 mehrere große Zinsschritte vollzogen hat, zeigt sich weiter entschlossen im Kampf gegen die Inflation.
Doch wie definiert sich eigentlich eine Notenbank und welche Aufgaben hat sie? Alle wichtigen Antworten rund um Zentralbanken.
Notenbanken geben Banknoten aus, daher kommt der Name. Früher waren es oft private Geldhäuser, die Banknoten in Umlauf brachten mit der Verpflichtung, sie auf Verlangen gegen Edelmetall umzutauschen. Nach und nach wurde das Verfahren aber als öffentliche Aufgabe angesehen und zentralisiert – deswegen heißen die heutigen Notenbanken auch Zentralbanken. Hinzu kam, dass die Pflicht, die Banknoten gegen Gold einzutauschen, entfiel, sodass die Währung nur noch auf dem Vertrauen in die Notenbank beruht. Diese Art von Geld, das quasi aus dem Nichts erschaffen wird, heißt auch „Fiat-Geld“, angelehnt an das lateinische „Fiat Lux – es werde Licht“ in der Bibel.
Die deutsche Notenbank war zur D-Mark-Zeit die Bundesbank. Seit Einführung des Euros bildet die Bundesbank zusammen mit den anderen Notenbanken in den einzelnen Euro-Ländern und der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt das Europäische System der Zentralbanken (ESZB). Innerhalb dieses Systems werden wichtige Entscheidungen gemeinsam getroffen, aber häufig auf nationaler Ebene umgesetzt.
Das wird oft vereinfacht dargestellt. Wenn es zum Beispiel heißt, die EZB kaufe Staatsanleihen von Italien oder verkaufe Staatspapiere aus Deutschland, dann setzen das in Wirklichkeit die Bank von Italien und die Bundesbank im Auftrag der EZB um. Dafür sitzen die Chefs der nationalen Notenbanken, also zum Beispiel Bundesbank-Präsident Joachim Nagel, mit im Entscheidungsgremium der Notenbank, dem EZB-Rat. Der Rat besteht aus 19 nationalen Notenbankchefs plus einem sechsköpfigen Direktorium, dem auch die Präsidentin Christine Lagarde, ihr Stellvertreter Luis de Guindos und Chefvolkswirt Philip Lane angehören.
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Eine Notenbank ist so wichtig wie die Währung, für die sie zuständig ist. Diese Notenbanken zählen zu den relevantesten:
Ursprünglich waren die meisten Notenbanken im Privatbesitz, weil sie aus der privaten Bankbranche hervorgegangen sind. Die Bank of England zum Beispiel wurde erst 1946 formal verstaatlicht. Heute ist die Fed in den USA formal noch im Besitz von US-Banken. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Belgische Nationalbank (die zum Verbund der EZB gehört) sind Aktiengesellschaften, ihre Papiere werden in geringem Ausmaß sogar an der Börse gehandelt.
Die meisten Notenbanken sind aber formal staatliche Institutionen. De facto bestimmen die Politiker, in den USA etwa der Präsident und der Senat, ohnehin bei allen Notenbanken die Entscheidungsträger. Trotzdem sollen moderne Notenbanken unabhängig von der Politik agieren, was zum Beispiel bei der EZB auch in den Verträgen zur Gründung des Euros festgeschrieben ist. Praktisch besehen gibt es häufig doch einen gewissen politischen Einfluss auf die Notenbanken.
Sie beeinflussen die Zinsen. Wenn die Zinsen steigen, geben Unternehmen und Verbraucher weniger Geld aus, weil die Kredite teurer werden. Das dämpft die Wirtschaft und damit auch die Inflation. Denn Inflation entsteht im Regelfall, wenn die Wirtschaft überhitzt, also wenn mehr Güter nachgefragt werden, als beschafft oder produziert werden können. Ist die Inflation dagegen niedrig, kann die Notenbank durch niedrige Zinsen der Wirtschaft mehr Schub geben. Die Notenbanken können mehrere Zinssätze benutzen.
Seit Währungen nicht mehr mit Gold abgesichert werden müssen, kann jede Bank sehr einfach durch zwei Buchungen Geld schöpfen. Wenn zum Beispiel ein Kunde einen Kredit aufnimmt, dann bucht die Bank in ihrer Bilanz als Vermögen die Forderung aus dem Kredit und als Verbindlichkeit die gleiche Summe auf dem Konto des Kunden. Vermögen (die Aktivseite der Bilanz) und Verbindlichkeiten (Passivseite der Bilanz) wachsen also genau um denselben Betrag, und das Geld auf dem Kundenkonto wurde so neu geschaffen. Zum Beispiel: Der Kunde bekommt 100.000 Euro Kredit, die Bank bucht jeweils 100.000 Euro als Forderung und als Verbindlichkeit, und 100.000 Euro mehr sind im Umlauf. Wird der Kredit später zurückgezahlt, verschwindet das Geld wieder.
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Ganz ähnlich kann jede Bank Geld schöpfen, indem sie Wertpapiere kauft. Sie verbucht dann die erworbenen Papiere als Vermögen und den Kaufpreis, der auf dem Konto des Verkäufers landet, als Verbindlichkeit. Verkauft sie die Papiere, dann verschwinden sie auf der Aktivseite der Bilanz als Vermögensgegenstand und auf der Passivseite, weil dort der Käufer anschließend weniger Geld auf dem Konto hat.
Die Notenbank oder Zentralbank schöpft genauso Geld, indem sie zum Beispiel Geschäftsbanken Kredite gewährt oder – was sie in den letzten Jahren in großem Umfang getan hat – Wertpapiere kauft. Verkauft sie dagegen Wertpapiere, verschwindet Geld. In der Bilanz der Notenbank wird Geld als Verbindlichkeit gebucht, und zwar als Summe des umlaufenden Bargelds plus den Kontoständen der Geschäftsbanken auf ihren Konten bei der Notenbank. Dieses Geld, das die Zentralbank schöpft, wird „Zentralbankgeld“ genannt und gilt als besonders sicher. Bürger und Bürgerinnen bekommen es aber nur als Bargeld in die Hand, ansonsten haben sie es mit dem Buchgeld der Geschäftsbanken zu tun, das heißt: dem Guthaben auf Bankkonten.
Wichtig aber: Die Notenbank beeinflusst durch ihre Zinsen, wie viel Kredit die Geschäftsbanken vergeben, und steuert damit indirekt bis zu einem gewissen Grad auch die gesamte Geldmenge.
Nein, denn sie schafft ja selbst ihr eigenes Geld. Geschäftsbanken sind bankrott, wenn sie entweder mehr Schulden als Vermögen haben oder wenn sie nicht zahlungsfähig sind. Sie dürfen Buchgeld nur schaffen, wenn sie ausreichend Kapital als Sicherheit haben, und werden im überschuldeten Zustand auch nicht mehr mit Bargeld beliefert.
Bei einer Notenbank würde es zunächst keine Rolle spielen, wenn sie überschuldet wäre; allerdings dürfte es das Erscheinungsbild beeinträchtigen und die Regierung animieren, Kapital zusätzlich einzuzahlen. Eine Notenbank kann jederzeit per Buchung neues Geld in beliebigem Umfang schaffen. Wenn sie das exzessiv tut, kommt es allerdings zur Inflation.
Erstpublikation: 27.09.22, 16:46 Uhr (zuletzt aktualisiert am 28.12.22, 11:06 Uhr).
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