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23.01.2023

13:48

Bürgerrente statt Riester-Rente

Versicherer wollen private Altersvorsorge reformieren

Von: Susanne Schier, Christian Schnell

Die neue Fokusgruppe des Finanzministeriums nimmt ihre Arbeit auf. Die Versicherer wollen bei der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge weiter eine wichtige Rolle spielen.

Die Versicherer wollen eine geförderte Altersvorsorge mit einfacherer Förderung, flexibleren Garantien und lebenslanger Rente. dpa

Rentnerpaar

Die Versicherer wollen eine geförderte Altersvorsorge mit einfacherer Förderung, flexibleren Garantien und lebenslanger Rente.

Frankfurt, München Lange hatte sich die Versicherungswirtschaft für eine Reform der Riester-Rente starkgemacht. Da diese aber immer unwahrscheinlicher wird, versucht sich der Versichererverband GDV nun mit einem neuen Konzept für die staatlich geförderte private Altersvorsorge in der Politik Gehör zu verschaffen.

„Wir werden unseren Vorschlag einer Bürgerrente in die Diskussion einbringen: eine geförderte Altersvorsorge mit einfacherer Förderung, flexibleren Garantien und lebenslanger Rente“, sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen dem Handelsblatt. Anlass für die offizielle Vorstellung des Konzepts ist die neu gebildete Fokusgruppe private Altersvorsorge, die am Dienstag unter Führung des Bundesfinanzministeriums erstmals zusammentrifft.

Es sei gut, dass der Dialog zur privaten Altersvorsorge nun beginne, sagte Asmussen weiter. „Die geförderte private Altersvorsorge ist reformfähig und hat eine Reform verdient – zügig und mit Blick für die echten Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger.“

Das heutige System sei rund 20 Jahre alt, ohne grundlegende Änderung bisher. Eine zeitgemäße Weiterentwicklung sei lange überfällig. Denn die geförderte private Altersversorgung ist aus Sicht der Versicherungswirtschaft ein wichtiges Element im Gesamtkonzept der Alterssicherung, ebenso wie die betriebliche Altersvorsorge. Details zu seinem Konzept will der GDV bei der Jahresmedienkonferenz am Donnerstag präsentieren.

Die Bundesregierung hatte eine grundlegende Reform der privaten Altersvorsorge bereits im Koalitionsvertrag angekündigt. Ein Grund ist, dass die Riester-Rente längst nicht so verbreitet ist wie ursprünglich erhofft. Laut dem Bundesarbeitsministerium gab es im dritten Quartal 2022 gerade einmal 15,9 Millionen Verträge, darunter 10,5 Millionen Versicherungspolicen. Häufige Kritikpunkte sind ein zu komplexes Zulagensystem und zu teure Produkte.

Die neue Fokusgruppe, die im November eingerichtet wurde, soll bis Sommer 2023 „die Möglichkeit eines öffentlich verantworteten Fonds prüfen, der Verbrauchern ein nicht verpflichtendes, kostengünstiges und effektives Angebot zur privaten Altersvorsorge unterbreitet“, heißt es in einer Mitteilung der Bundesregierung. Zudem soll die Fokusgruppe die Möglichkeit einer gesetzlichen Anerkennung privater Produkte prüfen, die eine höhere Rendite als die bisherigen Riester-Verträge erzielen.

Kern der Bürgerrente ist, dass die staatliche Förderung sehr einfach funktionieren soll. Auf jeden eingezahlten Euro sollen 50 Cent Förderung kommen, wie aus einer GDV-Stellungnahme zu den Prüfaufträgen der Fokusgruppe vom 13. Januar hervorgeht.

Damit vor allem Gering- und Mittelverdiener profitieren, sollen die förderfähigen Beiträge auf zum Beispiel vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung begrenzt werden. Förderfähig wäre also ein Beitrag von maximal 3504 Euro pro Jahr, der Zuschuss läge dann bei 1752 Euro. Die Einzahlungen sollen steuerfrei sein, die Leistungen werden bei der Auszahlung besteuert.

Versicherungskaufleute wollen keinen Vertrieb ohne Beratung

Wie auch bei den Reformvorschlägen zur Riester-Rente setzt sich der GDV dafür ein, das Garantieniveau abzusenken. Bei Riester-Produkten müssen die Anbieter bisher 100 Prozent der eingezahlten Beiträge garantieren. Dadurch sind die Versicherer gezwungen, die Kundengelder weitgehend in risikoarme, aber niedrig verzinste Staatsanleihen anzulegen – und können kaum auf chancenreichere Anlagen wie Aktien setzen.

Vertrieb ohne Beratung entspricht weder dem Verbraucherschutzgedanken noch den Interessen der Vermittler, die als Lotsen im Dickicht der Altersvorsorgeprodukte eine wichtige sozialpolitische Aufgabe erfüllen. Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK)

Um die Kosten niedrig zu halten, soll es bei der Bürgerrente auch digitale Abschlussmöglichkeiten geben. Das wiederum hat bereits Kritik beim Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) ausgelöst. Nachdem die „Süddeutsche Zeitung“ vorab über die Pläne des GDV berichtet hatte, ließ der Verband postwendend seinen Unmut wissen: „Vertrieb ohne Beratung entspricht weder dem Verbraucherschutzgedanken noch den Interessen der Vermittler, die als Lotsen im Dickicht der Altersvorsorgeprodukte eine wichtige sozialpolitische Aufgabe erfüllen.“

Der BVK fordert stattdessen, Riester zu entbürokratisieren, zu vereinfachen und den Kreis der Zulageberechtigten deutlich zu erweitern sowie die Beitragsgarantien zu senken.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) betrachtet dagegen einen öffentlich verantworteten Vorsorgefonds privaten Angeboten wie Riester als klar überlegen: „Riester ist gescheitert. Es braucht ein klares Bekenntnis der Ampel zur notwendigen Grundsatzreform der Zusatzvorsorge und zur Einführung eines Vorsorgefonds“, sagte VZBV-Vorständin Ramona Pop. Der Fondsverband BVI spricht sich für ein gefördertes Depot für Fondssparpläne für die Altersvorsorge aus.

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