Versicherer wollen bei Kfz-Schäden nachhaltiger werden. Sie klagen über steigende Preise für Neuteile – und ein „Quasi-Monopol“ der Autohersteller.
Werkstatt Porsche-Zentrum in Stuttgart
Ein Gutachter kontrolliert in der Werkstatt des Porsche-Zentrums Stuttgart den Lack eines Porsche Sportwagens.
Bild: dpa
München Die Allianz fordert, dass Kfz-Schäden künftig vermehrt repariert statt durch Neuteile behoben werden. Durch sogenannte grüne Reparaturmethoden würde ein erheblicher Beitrag geleistet, um CO2-Emissionen zu reduzieren.
Allianz-Vorstand Klaus-Peter Röhler sagte bei einer Veranstaltung des Versicherers am Mittwoch: „Wenn die Versicherer die Reparaturquoten in Europa um nur zwei Prozentpunkte pro Jahr erhöhen, können nach Berechnungen unserer Experten fast 30.000 Tonnen CO2-Emissionen vermieden werden.“ Das entspreche dem Energieverbrauch von rund 5100 Wohnungen pro Jahr.
In der Vergangenheit wurden bei versicherten Unfallschäden oft beschädigte Teile gegen Neuteile getauscht. Der Vorstoß von Europas größtem Versicherer hat neben dem Umweltaspekt noch eine zweite Dimension: Die Branche klagt seit Jahren über steigende Preise bei Ersatzteilen.
Kürzlich hatte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) Preissteigerungen von plus acht Prozent innerhalb eines Jahres errechnet, die für Kotflügel, Windschutzscheiben und Lampengehäuse fällig wurden.
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Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV, moniert: „Im vergangenen Jahr kostete ein Pkw-Sachschaden die Kfz-Haftpflichtversicherer im Durchschnitt 3375 Euro, ebenfalls rund acht Prozent mehr als im Vorjahr.“ Im Jahr 2013 lag dieser Wert noch bei rund 2400 Euro. Die Folge seien steigende Beiträge, die viele Kunden besonders nach einer Hochstufung durch einen verschuldeten Unfallschaden erfahren.
In der Auseinandersetzung zwischen Versicherern und Autobauern geht es um den „Designschutz“ eines Autos. Darunter ist auch geregelt, dass alle sichtbaren Karosserie-Ersatzteile nur vom Hersteller zu beziehen sind.
Allianz-Vorstand Klaus-Peter Röhler
Aus Sicht der Allianz wären Reparaturen im Schadenfall statt des Austauschs gegen Neuteile ein Schritt zu einer nachhaltigeren Kfz-Versicherung.
Bild: dpa
Asmussen kritisiert deshalb „ein Quasi-Monopol“. In Frankreich und Großbritannien sei die Verwendung von Gebrauchtteilen bereits etabliert. Christoph Lauterwasser, Geschäftsführer von AZT Automotive (Allianz Zentrum für Technik), sagt: In Deutschland gebe es dabei Nachholbedarf.
Das ist ein Vorwurf, den auch Klaus-Jürgen Heitmann, Chef der Huk-Coburg, den Autoherstellern seit Jahren macht. Der deutsche Marktführer bei Kfz-Versicherungen hat als Gegenmaßnahme deswegen im Sommer rund ein Viertel der Werkstattkette Pitstop erworben.
>> Lesen Sie hier: Neue Bilanzregeln – Versicherer hoffen auf höhere Bewertung am Aktienmarkt
Die Lohnkosten, die in Vertragswerkstätten bei Versicherungsschäden teils Stundenlöhne von 200 Euro und mehr erreichen, könnten so reduziert werden, wenn der Kunde in seinem Vertrag eine sogenannte Werkstattbindung vereinbart hat. Dann würde sein beschädigtes Auto im Werkstattnetz des Versicherers repariert.
Aus Sicht der Allianz wären Reparaturen im Schadenfall statt des Austauschs gegen Neuteile ein Schritt zu einer nachhaltigeren Kfz-Versicherung. Dazu gehört laut Vorstand Klaus-Peter Röhler auch eine einheitliche Zertifizierung europäischer Werkstätten nach Nachhaltigkeitskriterien. Nur so sei es möglich, diese Aspekte bewusst in die Auswahl einer Werkstatt einzubeziehen.
Erstpublikation: 20.10.22, 04:00 Uhr.
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