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09.08.2022

12:38

Rückversicherer

Gewinn von Munich Re bricht ein – Aktie steigt dennoch

Von: Christian Schnell

Der weltgrößte Rückversicherer spürt die Verunsicherung der Märkte und verdient weniger als im Vorjahr. Die Ziele für das Gesamtjahr bleiben dennoch fix.

Munich RE, Chef Joachim Wenning Munich Re

Joachim Wenning auf der Hauptversammlung im April 2022

Der Chef des Rückversicherers gibt sich zuversichtlich.

München Die Munich Re spürt, wie sich die Zinswende und Turbulenzen an den Kapitalmärkten auswirken. Der Gewinn lag im zweiten Quartal nur noch bei 768 Millionen Euro, nach 1,1 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. Im ersten Halbjahr waren es 1,37 Milliarden, nach 1,69 Milliarden Euro ein Jahr zuvor.

Konzernchef Joachim Wenning erklärte dennoch: „Munich Re hat ein solides Quartalsergebnis erzielt, trotz heftigen Gegenwinds aufgrund von Inflation, einer Abkühlung der Wirtschaft und des Kriegs in der Ukraine.“ An seinem Jahresziel von 3,3 Milliarden Euro hält der Konzern fest. Am schwächeren Aktienmarkt war die Munich Re am Vormittag mit einem Plus von einem Prozent der größte Gewinner im Dax.

Der Konzern rechnet im zweiten Halbjahr mit geringeren Ausschlägen an den Finanzmärkten. „Die Volatilität zuletzt war atemberaubend, das dürfte aber nicht so weitergehen“, blickte Finanzvorstand Christoph Jurecka nach vorne.

Im ersten Halbjahr wirkten sich höhere Zinsen und die teils stark verunsicherten Finanzmärkte negativ auf den weltgrößten Rückversicherer aus. Das zeigt sich bei der Rendite. Diese lag im ersten Halbjahr nur bei 12,3 Prozent, nach 19,2 Prozent im Vorjahreszeitraum.

Der hauseigene Strategieplan „Ambition 2025“, der vor eineinhalb Jahren vorgestellt wurde, setzt hier ein jährliches Renditeziel von zwölf bis 14 Prozent bis ins Jahr 2025 fest.

Munich Re reduziert Prognose für Kapitalanlageergebnis

Einer der Gründe findet sich in der hauseigenen Geldanlage. Das Kapitalanlageergebnis des insgesamt rund 223 Milliarden Euro großen Gesamtportfolios sank in den Monaten von April bis Juni auf 971 Millionen Euro, nach 1,93 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. Mit der laufenden Rendite von 1,6 Prozent hat die Munich Re das eigene Ziel von 2,5 Prozent verfehlt.

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Die Renditeerwartungen für die eigenen Kapitalanlagen im Gesamtjahr nahm der Dax-Konzern zurück: Nun werden „mehr als 2,0 Prozent“ erwartet. Zu Anleihen sagte Wenning: „Der Zinsanstieg wird uns langfristig Rückenwind geben, indem wir von höheren laufenden Kapitalanlageerträgen profitieren.“

Verluste von Derivaten (Absicherungsgeschäften) auf festverzinsliche Wertpapiere sowie hohe Abschreibungen auf Aktien waren die Gründe für den Rückgang. Die Aktienkurse sind wegen der diversen Krisen rund um den Ukrainekrieg zuletzt stark gesunken. Zum 30. Juni lag die Aktienquote der Munich Re inklusive Derivaten bei sieben Prozent, nach 7,7 Prozent zum Jahreswechsel. Wettbewerber Hannover Rück hatte in der vergangenen Woche gemeldet, dass er seit April seinen Aktienbestand auf null heruntergefahren habe.

An anderer Stelle zeichnet sich jedoch Besserung ab. Die Wiederanlagerendite auslaufender Wertpapiere, die wegen der anhaltenden Nullzinspolitik in den vergangenen Jahren stets ein Problem darstellte, stieg deutlich auf 2,8 Prozent. Langfristig dürfte die Zinswende damit positive Konsequenzen für das Kapitalanlageergebnis haben. Finanzchef Jurecka freute sich: „Erstmals legen wir Geld wieder zu höheren Zinsen an als zuvor.“

Auswirkungen des turbulenten ersten Halbjahres zeigten sich auch im operativen Geschäft. So verzeichnete der Bereich Schaden und Unfall in der Rückversicherung, der regelmäßig die größten Gewinnbeiträge liefert, höhere Großschäden als im Vorjahr.

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Eine Gesamtsumme von 575 Millionen Euro fiel im zweiten Quartal an Schäden über zehn Millionen Euro an. Im vergangenen Jahr waren es noch 432 Millionen Euro. Die teuerste Naturkatastrophe war die Dürre in Südamerika im zweiten Quartal. Der Schaden lag bei rund 130 Millionen Euro.

Sollte es künftig zu großen Naturkatastrophen in Nordamerika und in Europa kommen, dürfte die anhaltend hohe Inflation zu steigenden Schadenskosten führen, weil die Preise für Material und Arbeitskräfte deutlich gestiegen sind. Der Konzern hält aber an seiner Strategie fest, künftig bei der Absicherung von Naturkatastrophen sehr aktiv zu sein.

Trotz hoher Schäden hat der Konzern hier in den vergangenen Jahren oft gut verdient. Für das Gesamtjahr hat der Dax-Konzern noch ein Budget von 2,7 Milliarden Euro für Großschäden übrig, womit sich das Management selbst bei starken Verwüstungen in der bald beginnenden Hurrikan-Saison im Atlantik gut positioniert sieht.

Ukrainekrieg kostet 200 Millionen Euro

Inzwischen zeichnen sich auch Zahlen zu Schäden des russischen Angriffskriegs in der Ukraine ab. Im zweiten Quartal betrugen sie rund 90 Millionen Euro, auf das erste Halbjahr gerechnet waren es 200 Millionen Euro. Dabei dürfte es nicht bleiben.

Munich-Re-Chef Joachim Wenning hatte im April im Handelsblatt-Interview angedeutet, dass er die Wahrscheinlichkeit gerichtlicher Auseinandersetzungen für relativ hoch hält. Wegen der vielerorts ungeklärten Lage, beispielsweise um Leasingverträge für in Russland stillgelegte Flugzeuge, dürften weitere Quartale folgen, ehe es genauere Zahlen zu möglichen Schäden gibt.

Zurückgegangen sind hingegen die Belastungen in Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie. Hier betrugen die Aufwendungen im zweiten Quartal noch 100 Millionen Euro, im ersten Halbjahr waren es 259 Millionen Euro. Für das Gesamtjahr rechnet der Konzern damit, dass die bisherige Prognose von 300 Millionen Euro an Covid-19-Schäden ausreichen wird.

Munich RE dpa

Munich Re

Der weltgrößte Rückversicherer öffnet seine Bücher.

Etwas besser lief es beim Düsseldorfer Erstversicherer Ergo. Der hat im zweiten Quartal zwar 160 Millionen Euro verdient, im Vorjahreszeitraum standen an dieser Stelle 155 Millionen Euro. Für das erste Halbjahr stand allerdings auch hier ein deutliches Minus. Nur noch 256 Millionen Euro betrug der Gewinn, nach 334 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Ein niedrigeres Kapitalanlageergebnis und höhere Schadenkosten waren die Gründe.

Generell positiv auf das operative Geschäft wirkt sich bei Munich Re aus, dass Industrie- und Privatkunden weiter verstärkt nach Versicherungsschutz suchen. Insgesamt verzeichnete die Munich Re damit Prämieneinnahmen von 32,7 Milliarden Euro im ersten Halbjahr, ein Plus von zwölf Prozent zum Vorjahreszeitraum. Vorstandschef Wenning geht davon aus, dass der Trend bis zum Ende des laufenden Strategieplans im Jahr 2025 anhalten wird. „Generell erleben wir mehr Rückenwind als Gegenwind.“

Schon im Frühjahr hatte der Versicherer seine Prognose für das Prämienaufkommen in diesem Jahr auf 64 Milliarden Euro angehoben. Treiber ist die Rückversicherung, in der nun Beitragseinnahmen von 45 Milliarden Euro erwartet werden, nach zuvor 42,5 Milliarden Euro. Eine Rückversicherung überträgt die Risiken von einem Versicherungs- auf ein Rückversicherungsunternehmen.

Dieser Trend dürfte sich im Jahresverlauf fortsetzen. Bei der jüngsten Erneuerungsrunde im Juli, bei der die Konditionen von Kundenverträgen neu verhandelt wurden, wuchs das gezeichnete Geschäftsvolumen um sechs Prozent auf 4,4 Milliarden Euro. Der Fokus lag dabei besonders auf Nord- und Südamerika sowie auf Australien.

Wettbewerber schlagen sich besser

Die Wettbewerber der Münchener haben bei den Herausforderungen in den ersten sechs Monaten weniger unter den Turbulenzen der Kapitalmärkte gelitten. Swiss Re und Hannover Rück meldeten in den vergangenen Tagen bessere Zahlen nach Belastungen im ersten Quartal.

Swiss Re kehrte nach herben Verlusten im ersten Quartal in die schwarzen Zahlen zurück. Nach sechs Monaten verdienten die Schweizer unter dem Strich 157 Millionen Euro und damit etwas mehr als im Vorjahreszeitraum. Für die zweite Jahreshälfte setzten die Schweizer wegen der vielen Unwägbarkeiten allerdings ein Fragezeichen hinter ihre Jahresziele.

Bei Hannover Rück, der Nummer drei der Branche, kletterte das Konzernergebnis im zweiten Quartal auf über 385 Millionen Euro, die Jahresprognose von 1,4 bis 1,5 Milliarden Euro hat weiter Bestand.

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