In der Lebensversicherung bekommt das Kölner Unternehmen die Auswirkungen der Zinswende zu spüren - das Einmalbeitragsgeschäft bricht ein. Mit der Entwicklung des Firmenkundensegments zeigt sich der Versicherer aber sehr zufrieden.
Oliver Schoeller
Der Vorstandsvorsitzende der Gothaer setzt auf den Mittelstand als wichtigste Kundengruppe.
Frankfurt Trotz des schwierigen Umfelds will der Kölner Versicherungskonzern Gothaer das Geschäft mit mittelständischen Kunden im nächsten Jahr weiter ausbauen. „Angesichts hoher Energiepreise und gestörter Lieferketten müssen sich viele Unternehmen 2023 strategisch neu aufstellen. Wir erhoffen uns dadurch Zugang zu neuen Firmenkunden“, sagte Gothaer-Chef Oliver Schoeller bei der Präsentation der vorläufigen Geschäftszahlen für das laufende Jahr.
Vor allem in der Schaden- und Unfallversicherung sowie in der Krankenversicherung erwartet Schoeller weitere Beitragssteigerungen, in der Lebensversicherung nach einem Einbruch in diesem Jahr dagegen eher eine Stagnation.
Fraglich sei zudem, ob die höheren Prämieneinnahmen mit der Inflation bei den Schadenkosten standhalten können. Es bleibe daher abzuwarten, ob die Gothaer 2023 auch unter dem Strich zulegen kann.
Nach der Coronakrise im Jahr 2020 und der Flut im Ahrtal im Jahr 2021 war das zu Ende gehende Jahr für den Versicherer ebenfalls von großen Herausforderungen geprägt. „Im Jahr 2022 haben sich die Rahmenbedingungen in den Märkten infolge der geopolitischen Spannungen stark verändert“, so Schoeller.
Positiv wertet er daher, dass das Kerngeschäft mit Firmenkunden solide gelaufen ist und die Gothaer die Beitragseinnahmen hier um voraussichtlich 7,2 Prozent steigern konnte. Die Kölner haben vor allem in der Versicherung von Windkraftanlagen eine führende Marktposition. Auch das Geschäft mit betrieblichen Krankenversicherungen wächst derzeit stark.
Insgesamt rechnet der Gothaer Konzern für das Jahr 2022 allerdings mit einem Rückgang der Beitragseinnahmen um 2,4 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro. Die schwierigen Rahmenbedingungen machen sich insbesondere im Segment Leben bemerkbar: Die Beitragseinnahmen schrumpfen hier voraussichtlich um 16 Prozent.
Mit dem Zinsanstieg können die Lebensversicherer die Kundengelder wieder zu besseren Konditionen anlegen. Die Neuanlagerendite liegt laut Gothaer-Finanzchef Harald Epple aktuell bei fast vier Prozent.
Für Verbraucher gibt es derzeit aber gute Anlagealternativen zur Lebensversicherung. Vor allem Sparprodukte von Banken werden attraktiver, sodass diese zuletzt für die Gothaer wesentlich weniger Lebenspolicen gegen einen Einmalbeitrag verkauft haben. Dass Sparende vermehrt Lebensversicherungen kündigen, bemerken die Kölner aber nicht. Die Stornoquote liegt zum Jahresende schätzungsweise bei 3,5 Prozent.
Die Gothaer gehört zudem zu den Lebensversicherern, die 2022 damit beginnen können, die Zinszusatzreserve (ZZR) aufzulösen. Während der Niedrigzinsphase hatten die Versicherer diese aufbauen müssen, um auch künftig die Zinsversprechen an ihre Kunden einlösen zu können. Mit der Zinswende wird dies einfacher möglich sein. Laut Versichererverband GDV dürfte die ZZR der Branche daher 2021 ihren Höchststand erreicht haben und in diesem Jahr auf insgesamt 93 Milliarden Euro zurückgehen.
Den Gewinn wird die Gothaer 2022 voraussichtlich um 1,1 Prozent auf 83 Millionen Euro steigern können. Mit Blick auf die gestiegenen Schadenkosten durch die erhöhte Inflation ist das ein beachtliches Ergebnis – zumal die Gothaer auch in diesem Jahr noch mit der Regulierung von Flutschäden aus dem Vorjahr beschäftigt war.
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