Die Deutschland-Tochter E+S Rück geht 2023 erstmals von branchenweiten Beitragseinnahmen von über 30 Milliarden Euro aus. Gründe dafür sind die Inflation, Lieferengpässe und mehr Schäden.
Blechschaden
Es sind wieder mehr Menschen auf den Straßen unterwegs. Dadurch passieren auch mehr Unfälle.
Bild: imago stock&people
Baden-Baden Der weltweit drittgrößte Rückversicherer Hannover Rück hält es für notwendig, dass die deutschen Kfz-Versicherer die Preise in der aktuellen Wechselsaison kräftig anheben. Wegen stark steigender Ersatzteilpreise und längerer Reparaturzeiten zöge die durchschnittliche Schadenhöhe derzeit deutlich an.
Zugleich nehme die Zahl der Schäden nach der Corona-Pause wieder zu. „All das belastet die Ergebnisse in der Kraftfahrtsparte“, sagte Michael Pickel, Vorstandschef der Deutschland-Tochter E+S Rück am Montag in Baden-Baden. Um Verluste zu vermeiden, dürften die Erstversicherer die Beitragseinnahmen in der Sparte 2023 erstmals über die Marke von 30 Milliarden Euro hieven.
Traditionell trifft sich die Rückversicherungsbranche im Oktober in der Schwarzwald-Kurstadt, um mit ihren Kunden über die Konditionen für das folgende Jahr zu sprechen. Die erneuten Schäden aus Naturkatastrophen und der sprunghafte Anstieg der Inflation wirkten sich „negativ auf die Profitabilität der Branche aus“, sagte Pickel. Er hält daher steigende Preise und verbesserte Konditionen in der gesamten Schaden-Rückversicherung für „unverzichtbar“.
Auch Bafin-Versicherungsaufseher Frank Grund mahnte am Montag, dass sich die Versicherer auf längerfristig höhere Inflationsraten einstellen sollten. Es sei daher im Grunde unvermeidlich, dass die gestiegene Inflation im Jahr 2023 höhere Beiträge in der Schaden- und Unfallversicherung nach sich ziehe, und zwar im Neugeschäft und im Bestand.
In der Kfz-Sparte erwartet E+S Rück – neben höheren Preisen für Naturkatastrophendeckungen und für Cyberversicherungen – aber besonders deutliche Anpassungen sowohl in der Erst- als auch in der Rückversicherung. Laut dem zuständigen Bereichsleiter Stefan Schmuttermair müssten die Erstversicherer die Prämien für das Jahr 2023 um mindestens zehn Prozent auf dann 32,1 Milliarden Euro steigern.
Hannover Rück
Der weltweit drittgrößte Rückversicherer rechnet mit steigenden Preisen in der Kfz-Versicherung.
Bild: dpa
Ohne Preisanpassungen läge der Verlust der Branche im Kfz-Geschäft laut E+S-Berechnung 2023 bei etwa zwei Milliarden Euro, bei einer zehnprozentigen Prämienerhöhung nur bei 100 Millionen Euro. Wer profitabel arbeiten will, muss also noch stärker an der Preisschraube drehen.
Dass die Versicherungsprämien auf breiter Front nach oben gehen dürften, hängt mit zahlreichen Herausforderungen zusammen: Viele Menschen fahren nach den starken Einschränkungen der Coronakrise wieder deutlich mehr Auto – wodurch sich auch die Zahl der Unfälle wieder erhöht.
Die Schadenfrequenzen haben sich laut E+S Rück inzwischen wieder dem langjährigen Trend angenähert, seien aber noch etwas niedriger als vor der Pandemie. Das macht sich vor allem in der Kfz-Haftpflichtversicherung bemerkbar. Hier erwartet Schmuttermair deutliche Preisanpassungen ebenso wie in der Vollkasko. In der Teilkasko dürften die Anstiege seiner Einschätzung nach etwas niedriger ausfallen.
In der Kaskoversicherung hatten bereits im Jahr 2021 die hohen Naturkatastrophenschäden, insbesondere durch die Überflutungen nach Sturmtief „Bernd“, die Ergebnisse verhagelt. Die Schaden-Kosten-Quote lag in der Kaskoversicherung daher laut dem Versichererverband GDV über 100 Prozent. Das heißt, die Branche macht in der Sparte bereits jetzt Verluste.
Es nimmt aber nicht nur die Häufigkeit der Schäden zu, auch die durchschnittlichen Schadenkosten ziehen merklich an. Seit Jahren steigen die Preise für Ersatzteile an, was sich nun durch den massiven Anstieg der Inflation weiter verstärkt.
>>Lesen Sie hier: Hohe Inflation setzt Kfz-Versicherer unter Druck – Autopolicen werden wohl deutlich teurer
Dem GDV zufolge haben die Autohersteller die Preise zwischen August 2021 und August 2022 um fast acht Prozent erhöht. Gestörte Lieferketten infolge des Ukrainekriegs führen zudem dazu, dass Reparaturen aktuell deutlich länger dauern als üblich.
Trotz dieser Entwicklungen sind die Versicherungsprämien in den vergangenen beiden Jahren zurückgegangen – nicht zuletzt, weil die Anbieter in hartem Wettbewerb zueinander stehen.
Im Jahr 2021 betrug die durchschnittliche Jahresprämie in der Kfz-Haftpflichtversicherung laut GDV-Zahlen 254 Euro, nach 258 Euro und 260 Euro in den Jahren zuvor. Die Durchschnittsprämie in der Vollkasko lag 2021 bei 324 Euro, in der Teilkasko bei 83 Euro.
Der Trend sinkender Prämien dürfte nun vorbei sein. Versicherte müssen eine Beitragserhöhung aber nicht einfach so hinnehmen. Ein Anbietervergleich kann sich hier lohnen. Eine Kündigung für einen Wechsel zum neuen Jahr müsste dann bis zum 30. November erfolgen.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×