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01.08.2022

08:20

Baufinanzierung

Nach starkem Anstieg: Experten sehen Entspannung bei Bauzinsen

Von: Kerstin Leitel

Das aktuelle Umfeld am Markt hat bei Immobilienkrediten zu einer Trendwende geführt, die von Wohnungskäufern begrüßt werden dürfte.

Neubau in Sachsen dpa

Neubauten in Sachsen

Experten sehen den Anstieg der Bauzinsen gebremst. Sie rechnen damit, dass die Zinsen bis Jahresende konstant bleiben oder nur minimal steigen.

Frankfurt Es ist das Thema in der Immobilienbranche: die steigenden Bauzinsen. Denn es war nicht zuletzt die Möglichkeit, einen Immobilienkauf günstig zu finanzieren, die in den vergangenen Jahren zu einem Boom am Immobilienmarkt führte. Doch im vergangenen Sommer setzte eine Trendwende ein: Die Bauzinsen stiegen. Experten befürchteten, dass infolge der teureren Baufinanzierung auch die Preise für Wohnimmobilien unter Druck kommen könnten. Aber: Derzeit scheint der Anstieg gestoppt.

Gerade sind die Zinsen für Baufinanzierungen sogar leicht zurückgegangen. Und Experten geben vorsichtige Entwarnung: Es wird damit gerechnet, dass die Bauzinsen bis Jahresende nur noch wenig steigen oder sich seitwärts bewegen.

„In Deutschland haben die Rezessionssorgen zuletzt die Inflationsbefürchtungen überflügelt“, erklärt Mirjam Mohr, im Vorstand des Baufinanzierungsvermittlers Interhyp zuständig für das Privatkundengeschäft. „Deshalb haben die Bauzinsen auch seit der EZB-Entscheidung vergangene Woche nachgegeben. Aktuell liegen sie knapp unter drei Prozent.“

Baufinanzierung: Bauzinsen nach EZB-Entscheidung leicht gesunken

Noch vor gut anderthalb Jahr hatten Banken für einen Immobilienkredit mit zehnjähriger Zinsfestschreibung Zinsen von weniger als einem Prozent pro Jahr kassiert. Das war eine Folge der expansiven Geldpolitik der Notenbanken. Doch nachdem diese nun einen restriktiveren Kurs einschlagen, zogen die Bauzinsen an: Anfang des Jahres waren noch Zinsen um ein Prozent gang und gäbe, doch überraschend schnell ging es dann aufwärts. Im Sommer waren es zwischenzeitlich 3,4 Prozent.

Aktuell wird beim Baufinanzierungsvermittler Interhyp ein Schnitt von 2,94 Prozent errechnet, bei der Frankfurter FMH-Finanzberatung ein Satz von 3,0 Prozent und bei dem Lübecker Finanzdienstleister Dr. Klein hat man aktuell einen Bestsatz von 2,63 Prozent gefunden.

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Grund für den – leichten – Rückgang: die düsteren Wirtschaftsprognosen, wie Michael Neumann, Vorstand des Finanzierungsvermittlers Dr. Klein, sagt. „Hohe Inflationsraten, Krieg in Europa und aktuell auch eine drohende Gaskrise – zurzeit manifestiert sich die Gefahr, dass wir eine Rezession erleben werden“, sagt er.

Dies spiegelt sich in der Entwicklung der zehnjährigen Bundesanleihe wider, in deren Sog sich auch die Bauzinsen bewegen. Investoren kaufen derzeit verstärkt die als sicher geltenden deutschen Bundesanleihen, was deren Rendite zuletzt bis auf 1,0360 Prozent drückte, den tiefsten Stand seit Anfang Juni.

Auch hat die jüngst vorgenommene Leitzinserhöhung der EZB nicht zu einem Anstieg der Immobilienkreditzinsen geführt, „denn der Markt hat einen Leitzins von 1,0 Prozent bis Jahresende bereits eingepreist“, sagt Neumann.

Investitionen in Bundesanleihen bremsen Anstieg der Bauzinsen

Max Herbst, Gründer der FMH-Finanzberatung, hält es ebenfalls für denkbar, dass die Lage in Italien mit der jüngsten Regierungskrise dazu führen kann, dass Investoren verstärkt Sicherheit in Bundesanleihen suchen und damit auch den Anstieg der Bauzinsen bremsen, wie er der Nachrichtenagentur dpa sagte.

„Im Moment ist die Tendenz bei den Bauzinsen fallend“, sagte Herbst dem Bericht zufolge. Es gebe eine kurzfristige Delle, der Aufwärtstrend sei gebrochen. Gleichwohl rät er, nicht auf tiefere Bauzinsen zu hoffen: Dafür sei die Lage zu fragil.

Bei Interhyp erwartet man bis zum Jahresende ein Zinsniveau von etwa 3,5 bis vier Prozent für zehnjährige Darlehen. Bei Dr. Klein rechnet man hingegen mit starken Schwankungen der Bauzinsen in den nächsten Monaten unterhalb der Drei-Prozent-Marke. „Je nachdem, welche Zinsanhebungen die EZB für nächstes Jahr in Aussicht stellt, kann zum Jahresende der Bauzins wieder leicht ansteigen. Mit einer so starken Dynamik, wie wir sie Anfang des Jahres gesehen haben, ist aber nicht zu rechnen.“

Erstpublikation: 29.07.22, 10:42 Uhr (aktualisiert: 29.07.22, 17:05 Uhr).

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