Finanzminister Wolfgang Schäuble hat die Schuld am Wahlerfolg der AfD auch der Geldpolitik von EZB-Präsident Mario Draghi zugeschoben. Ökonomen und Marktbeobachter zeigten sich entsetzt über die Aussage.
Wolfgang Schäuble
Der Bundesfinanzminister hat mit seiner Aussage zur AfD und EZB für wenig Begeisterung gesorgt.
Bild: dpa
Düsseldorf Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble steht für eine Aussage zum Wahlerfolg der AfD in der Kritik. Schäuble hatte laut „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und Nachrichtenagentur „Dow Jones“ auf einer Veranstaltung am Freitagabend in Kronberg erzählt, dass er Mario Draghi, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, gesagt habe, er könne „stolz“ sein – die Hälfte des AfD-Wahlergebnisses könne er der Auslegung seiner Geldpolitik verdanken. In jüngsten Umfragen kommt die „Alternative für Deutschland“ auf bundesweit 14 Prozent.
Marktbeobachter und Analysten reagierten wenig erfreut auf die Anspielung zum Wahlergebnis der AfD. Noah Barkin, Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters schrieb in einem Blogbeitrag, dass die Aussagen Schäubles harter Tobak seien. „Ich habe mit einem EZB-Offiziellen gesprochen, der mir zustimmte, dass der deutsche Minister die Kritik an der EZB auf ein neues Level (oder einen neuen Tiefpunkt, je nach Blickwinkel) hebe.“
Auch auf dem Kurznachrichtendienst Twitter gab es Kritik an Schäubles Aussagen. Jan Philipp Albrecht, EU-Parlamentsabgeordneter der Grünen, sprach von einer „richtig schlechten Satire“.
Richtig schlechte Satire ist... wenn CDU-Minister #Schäuble der EZB die Verantwortung für das Erstarken der AfD in die Schuhe schieben will.
— Jan Philipp Albrecht (@JanAlbrecht) 11. April 2016
Erik Fossing Nielsen, Chefökonom der italienischen Großbank Unicredit, schrieb, dass sein Respekt für den Finanzminister dahin sei. Francine Lacqua, Anchor-Journalistin bei Bloomberg TV, stimmte ihm zu.
@ErikFossing I agree
— Francine Lacqua (@flacqua) 11. April 2016
Marktbeobachter Frederik Ducrozet sprach von „ekelhaften Nachrichten“.
If you're just waking up to Schäuble's comments about AfD rise being ECB's fault, it's not a bad dream but truly disgusting news.
— Frederik Ducrozet (@fwred) 11. April 2016
Auch Wolfgang Zwander, Mitarbeiter des Pressedienstes des österreichischen Parlaments, war wenig begeistert.
Wenn Schäuble wirklich glaubt, dass Draghi zu 50% am AfD-Erfolg schuld ist, dann Gute Nacht Deutschland https://t.co/Dl4xX04P63
— Wolfgang Zwander (@WolfgangZwander) 11. April 2016
Schäuble betonte auf der Veranstaltung zudem, dass sein Augenmerk der vom fehlenden Zins ausgehenden Fehlanreizen für die private Vorsorge gelte und nicht der Entlastung für den Bundeshaushalt: „3 Prozent Zins bei 3 Prozent Inflation ist nicht dasselbe wie 0 Prozent Zins bei 0 Prozent Inflation.“
Auf dem Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) Ende dieser Woche in Washington wolle er für einen Ausstieg der extrem lockeren Geldpolitik werden.
Er habe mit dem amerikanischen Finanzminister Jack Lew telefoniert und ihm gesagt: „Ihr solltet die Federal Reserve ermutigen, und wir die Europäische Zentralbank und die Bank of England ermutigen, mit den Amerikanern im Geleitzug, aber doch langsam rauszugehen.“ Man müsse bei Drogenabhängigen behutsam rausgehen.
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