PremiumUm die Inflation zu bekämpfen, hebt die Fed den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte an – und kündigt weitere Schritte an. Es ist der Start einer riskanten Mission.
Federal Reserve in Washington
Die meisten Ökonomen waren davon ausgegangen, dass die Notenbank die Zinsen erhöht.
Bild: dpa
Frankfurt Für die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ist das der Anfang einer neuen geldpolitischen Strategie: Sie hebt ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 0,25 bis 0,5 Prozent an. Das gab die Fed am Mittwochabend bekannt.
Es ist die erste Zinserhöhung seit Dezember 2018. Weitere werden wohl folgen, wie es in der Mitteilung heißt.
„Die US-Wirtschaft ist sehr stark und durchaus in der Lage, eine strengere Geldpolitik zu verkraften. Die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession ist derzeit nicht besonders erhöht“, sagte Fed-Chef Jerome Powell in der anschließenden Pressekonferenz. Dennoch betonte Powell, vorsichtig und umsichtig zu sein, um auf mögliche unvorhergesehene Entwicklungen schnell reagieren zu können.
Insgesamt bereitet die Fed Anlegerinnen und Anleger darauf vor, auf den sechs weiteren Tagungen in diesem Jahr die Zinsen um jeweils 0,25 Prozentpunkte anzuheben. Der US-Leitzins würde zum Jahresende dann in der Spanne von 1,75 bis zwei Prozent liegen. Im Dezember waren die Fed-Mitglieder im Schnitt noch von drei Zinserhöhungen ausgegangen.
Darüber hinaus erwartet die US-Notenbank, dass sie „in kommenden Sitzungen“ verkünden wird, ihre Bilanzsumme abzubauen. Details ließ die Fed aber offen. Die Geldpolitiker hätten jedoch „gute Fortschritte“ gemacht, sodass der Abbau schon beim kommenden Treffen im Mai verkündet werden könnte.
Die Bilanzsumme ist im Zuge der Pandemie auf gut neun Billionen Dollar angewachsen. Auslaufende Anleihen würden dann nicht mehr vollständig ersetzt. Dem Markt würde dadurch Liquidität entzogen. Das könnte einen ähnlichen Effekt haben wie eine weitere Zinserhöhung, so Powell.
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Mit den Maßnahmen will die Fed die zuletzt stark gestiegene Inflation bekämpfen. Die Verbraucherpreise waren im Februar auf 7,9 Prozent gestiegen, das ist der stärkste Zuwachs seit 40 Jahren. Powell hatte bereits Anfang des Monats eingeräumt, dass die Inflation zu hoch sei. Die Fed strebt mittelfristig eine durchschnittliche Inflationsrate von rund zwei Prozent an. Die Notenbanker seien „entschlossen sicherzustellen, dass sich höhere Inflation nicht festsetzt“, stellte Powell klar.
Ökonomen hatten zuletzt immer wieder die Sorge geäußert, dass die Inflationserwartungen angesichts der rapide gestiegenen Preise ebenfalls anziehen könnten. Der unabhängige Kapitalmarktberater Ed Yardeni etwa spricht von einer „gefährlichen Spirale“, in der Preise, Löhne und Mieten immer weiter ansteigen werden. Das würde die Arbeit der Fed noch komplizierter machen.
James Bullard, Chef der regionalen Notenbank in St. Louis, hatte sich in der aktuellen Sitzung für eine Anhebung der Zinsen um einen halben Prozentpunkt ausgesprochen. Die Entscheidung der Fed war also nicht einstimmig.
Die Auswirkungen des Ukrainekriegs auf die US-Wirtschaft „sind sehr ungewiss“, betonte die Fed. Kurzfristig „könnten sie jedoch zusätzlichen Druck auf die Inflation und die Wirtschaftsaktivitäten ausüben“, hieß es in der Mitteilung.
Die Erwartungen für das US-Wirtschaftswachstum haben die Notenbanker nach unten korrigiert, dennoch gehen sie noch von „starkem Wachstum“ aus, wie Powell betonte. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der weltgrößten Volkswirtschaft soll demnach um 2,8 Prozent wachsen – 1,2 Prozentpunkte weniger als im Dezember prognostiziert.
Die Arbeitslosigkeit könnte von derzeit 3,8 Prozent auf 3,5 Prozent sinken und in den kommenden Jahren auf dem Niveau verharren. Die Nachfrage nach Arbeitsplätzen sei „sehr stark“, betonte Powell. Doch Preisstabilität sei eine wesentliche Voraussetzung dafür, Vollbeschäftigung und einen stabilen Arbeitsmarkt zu erreichen. „Es könnte etwas länger dauern, als es uns lieb ist, aber wir werden die Inflation senken.“ Der Plan sei, die Nachfrage leicht zu dämpfen, aber das Wirtschaftswachstum zu erhalten.
„Damit positioniert sich die Fed als Falke“, sagte David Kelly, Chefstratege von JP Morgan, im US-Börsensender CNBC. Geldpolitische Falken signalisieren einen harten Kurs zur Bekämpfung der Inflation, eigentlich ungewöhnlich für Fed-Chef Powell.
Die Zinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte war von Ökonomen und Investoren erwartet worden. Überraschend ist dagegen, dass die Geldpolitiker für die Jahre 2023 und 2024 im Mittel mit einem Leitzins von 2,8 Prozent rechnen.
Damit wäre der Leitzins über dem sogenannten neutralen Zinssatz, der die Wirtschaft weder stimuliert noch dämpft. Dieser wird derzeit auf rund 2,4 Prozent geschätzt. Damit deutet die Fed an, dass sie ihr Inflationsziel von zwei Prozent nicht nur in diesem, sondern auch in den beiden folgenden Jahren verfehlen wird.
Der Leitindex Dow Jones und der marktbreite S&P 500 drehten nach der Fed-Entscheidung zunächst ins Minus, legten kurz danach jedoch wieder zu. Auch der Tech-Index Nasdaq holte nach einem Dämpfer wieder auf. Am Anleihemarkt stiegen die Renditen der maßgeblichen zehnjährigen US-Staatsanleihen von rund 2,19 Prozent auf rund 2,24 Prozent. Zum Jahresbeginn hatte dieser Wert noch bei rund 1,5 Prozent gelegen.
Für die Fed ist es kompliziert, gegen die steigenden Preise anzukämpfen. Hebt die Fed die Zinsen zu schnell an, riskiert sie eine Rezession. Zu zögerlich zu sein sei allerdings auch riskant, warnte Harvard-Ökonom Larry Summers am Mittwoch in der „Washington Post“. Die Zinsen graduell anzuheben würde zu einer Stagflation führen, also einer Phase von höheren Preisen und langsamerem Wachstum.
Der frühere Finanzminister unter US-Präsident Bill Clinton rechnet mit durchschnittlichen Inflations- und Arbeitslosigkeitsraten von über fünf Prozent in den kommenden Jahren. Und am Ende „führen Stagflationen oft zu Rezessionen“, stellte er klar. Um die Kontrolle über die rapide steigenden Preise zurückzubekommen, müsste der Leitzins bei fünf Prozent liegen, glaubt Summers.
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