Isabel Schnabel sieht die wirtschaftliche Situation trotz sich abschwächender Inflation kritisch. Auch für Bundesbank-Präsident Schnabel Joachim Nagel ist die Arbeit der EZB noch nicht getan.
Isabel Schnabel
Die Direktorin der Europäischen Zentralbank sieht weiterhin keine Zeichen für eine Entwarnung.
Bild: Reuters
Frankfurt Die jüngste Abschwächung der Inflation im Euroraum ist laut EZB-Direktorin Isabel Schnabel noch kein Zeichen für Entwarnung. Die Kerninflation – ein Maß in der die schwankungsreichen Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak ausgeklammert bleiben – befinde sich nach wie vor auf einem außergewöhnlich hohen Niveau, sagte Schnabel am Dienstag auf einem Webinar der Nichtregierungsorganisation Finanzwende.
„Und das sind eben Inflationsmaße, die eine sehr viel höhere Persistenz aufweisen und deshalb sind die besonders entscheidend für die Entwicklung der Inflation auf mittlere Sicht.“ Auf diese Zahlen blicke die Europäische Zentralbank (EZB) ganz besonders.
Die allgemeine Inflation war zwar im Euroraum im Zuge eines zuletzt nachlassenden Preisschubs bei Energie von 9,2 im Dezember auf 8,5 Prozent im Januar gesunken. Dies war bereits der dritte Rückgang in Folge.
Das mittelfristige EZB-Ziel von zwei Prozent liegt damit aber immer noch weit entfernt. Die Kerninflation verharrte im Januar auf dem Dezemberwert von 5,2 Prozent.
Die Euro-Notenbank, die im Juli die Zinswende vollzogen hatte, hob am Donnerstag die Zinsen erneut an um 0,50 Prozentpunkte und stellte zugleich eine weitere Zinserhöhung um ebenfalls 0,50 Prozentpunkte im März in Aussicht. Was danach geschehen soll, ist allerdings noch offen.
„Meine zentrale Sorge ist nach wie vor, dass die Inflation mittelfristig zu hoch bleibt“, sagte Schnabel. Die EZB habe die Zinsen zwar bereits sehr deutlich angehoben. „Aber wir kamen natürlich auch von einem sehr niedrigen Niveau“, fügte sie hinzu. Und mit der sehr hohen Inflation seien real die Zinsen immer noch vergleichsweise niedrig.
Joachim Nagel
Wenn die Notenbank zu früh nachlasse, bestehe die große Gefahr, dass sich die Inflation verfestige, so der Bundesbank-Präsident.
Bild: dpa
Die EZB habe bereits kommuniziert, dass sie mit den Zinsen in einen restriktiven Bereich gelangen müsse, sagte die Volkswirtin. Darunter wird von Ökonomen ein Zinsniveau verstanden, das eine Volkswirtschaft bremst. Wie weit die EZB die Sätze möglicherweise noch anzuheben vorhabe, sagte Schnabel nicht.
Aber auch der Bundesbank-Chef Joachim Nagel empfahl einen weiterhin einschränkenden Kurs. Er sehe aktuell nicht, dass mit dem Zinsschritt im März die Arbeit getan sei, sagte Nagel der „Börsen-Zeitung“ in einem am Dienstag veröffentlichten Interview.
„Wir müssen meines Erachtens die Zinsen darüber hinaus anheben, um die notwendige Bremswirkung zu erreichen, mit der wir die Inflation zügig und nachhaltig auf zwei Prozent zurückführen“, fügte er hinzu. Wenn die Notenbank zu früh nachlasse, bestehe die große Gefahr, dass sich die Inflation verfestige. „Aus meiner heutigen Sicht braucht es weitere signifikante Zinserhöhungen.“
Es sei zwar erfreulich, dass die Inflation zuletzt zurückgegangen sei, sagte Nagel. Sie bleibe aber vorerst immer noch viel zu hoch. „Der Rückgang auf 8,5 Prozent im Januar ist von einigen fast schon gefeiert worden. Das kann ich nicht nachvollziehen,“ merkte er an.
Auch Nagel verwies auf die Kerninflation. Diese zeige derzeit, dass sich die Inflation immer mehr durch die Wirtschaft fresse und an Breite gewinne. „Das kann uns nicht gefallen. Wir dürfen jetzt keinesfalls nachlassen, auch wenn Energie zuletzt billiger geworden ist,“ führte er aus.
Preisstabilität sei noch lange nicht erreicht. „Zinssenkungen stehen für mich auf absehbare Zeit überhaupt nicht auf der Agenda.“
Aus Sicht von Nagel ist es aber richtig, dass die EZB auf ihrem Kurs Schritt für Schritt vorangeht. Es gebe zu viele Unbekannte, von denen die größte der Krieg Russlands sei. „Es wäre jedenfalls gefährlich zu meinen, dass wir jetzt schon durch sind und das Inflationsproblem erledigt ist,“ so Nagel. Die Inflation sei noch nicht überwunden.
Von der Idee, die Inflationsziele der Notenbank anzuheben, hält der Bundesbank-Präsident gar nichts. Das würde aus seiner Sicht die Glaubwürdigkeit der Zentralbanken untergraben und dadurch der Preisstabilität schaden.
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Nagel äußerte sich auch zum geplanten Bilanzabbau der Euro-Notenbank, der ab März starten soll. Die Währungshüter wollen bis zum Ende des zweiten Quartals ihre Anleihen-Bestände monatlich im Schnitt um 15 Milliarden Euro verringern. Das Tempo nach diesen vier Monaten soll noch festgelegt werden.
Er plädiere dafür, sich rechtzeitig anzuschauen, wie stark das Abbautempo ab Juli erhöht werden könne, sagte er der Zeitung. „Die 15 Milliarden Euro pro Monat dürften da nicht das Ende der Fahnenstange sein.“
Nagel hält es zudem für möglich, dass die Inflation in Deutschland in diesem Jahr etwas geringer ausfällt als die zuletzt von der Bundesbank im Dezember prognostizierten 7,2 Prozent. „Wenn man die aktuellen Zahlen nimmt, kann es sein, dass man womöglich irgendwo zwischen sechs Prozent und sieben Prozent landet“, sagte er.
Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland sei deutlich besser als befürchtet. 2023 könne die Wirtschaft in etwa stagnieren, anstatt in eine Rezession zu fallen. Nagel äußerte sich optimistisch: „Eine 'harte Landung' sehe ich nicht.“
Der an den Finanzmärkten maßgebliche Einlagensatz, den Finanzinstitute für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt mittlerweile bei 2,50 Prozent. An den Finanzmärkten wird derzeit davon ausgegangen, dass die EZB den Satz noch auf ein Niveau von 3,25 bis 3,50 Prozent anheben könnte.
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