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30.04.2020

17:47

Geldpolitik

EZB-Präsidentin Lagarde stellt weitere Erhöhung der Anleihekäufe in Aussicht

Von: Jan Mallien

Die EZB hat noch günstigere Bedingungen für Langfristkredite für Banken beschlossen. Notenbankchefin Lagarde betont die Bereitschaft noch mehr zu tun.

Die EZB-Präsidentin erklärt in einer Pressekonferenz die Entscheidungen der Notenbanker. dpa

Christine Lagarde

Die EZB-Präsidentin erklärt in einer Pressekonferenz die Entscheidungen der Notenbanker.

Frankfurt Normalerweise drängen sich vor den Pressekonferenzen von Christine Lagarde unzählige Fotografen um die EZB-Chefin. Wegen der Corona-Pandemie war Lagarde an diesem Donnerstag jedoch fast alleine im großen Konferenzraum der EZB. Ihr Statement begann sie mit drastischen Worten: „Die Euro-Zone erlebt einen Wirtschaftseinbruch, dessen Tempo und Ausmaß in Friedenszeiten bisher unerreicht war.“

Lagarde erwartet, dass die Wirtschaft im Euro-Raum in diesem Jahr um fünf bis zwölf Prozent schrumpft. In den vergangenen Wochen hat die EZB bereits auf die historische Krise reagiert.

Ihre wichtigste Antwort sind zusätzliche Anleihekäufe in Höhe von 750 Milliarden Euro über ein Notprogramm. Hinzu kommen unzählige weitere Maßnahmen wie etwa veränderte Sicherheitsanforderungen für Banken. Auch am Donnerstag legte die Notenbank noch einmal nach.

Sie beschloss, die Konditionen für Langfristkredite an Banken noch attraktiver zu gestalten und senkte den Zins für diese mehrjährigen Kredite um 0,25 Prozentpunkte auf bis zu minus ein Prozent. Dieser Satz ist damit deutlich unter dem Einlagenzins von minus 0,5 Prozent, den Banken zahlen, wenn sie überschüssige Liquidität bei der EZB halten.

Voraussetzung ist, dass die Institute bestimmte Bedingungen bei der Kreditvergabe erfüllen. Außerdem will die EZB im Rahmen eines Notprogramms noch zusätzliche Liquidität anbieten.

Bei diesen Hilfen geht es darum, den Geldmarkt zu stabilisieren. Der aktuell für die Geldpolitik entscheidende Einlagenzins bleibt dagegen bei minus 0,5 Prozent. „Eine kleine Zinssenkung durch die Hintertür“, kommentiert Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, die Entscheidung der EZB.

Hinweis auf weitere Anleihekäufe

Außerdem stellte Lagarde eine weitere Erhöhung der Anleihekäufe in Aussicht. Einen Satz wiederholte sie während der Pressekonferenz immer wieder: Die Notenbank werde ein Auseinanderlaufen der Finanzierungsbedingungen im Währungsraum nicht akzeptieren. Dabei machte sie deutlich, dass die EZB bei ihren Käufen im Rahmen des Notprogramms bisher geltende Grenzen aufheben kann.

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer wertet Lagardes Aussagen als Hinweis auf eine weitere Ausweitung der Anleihekäufe. „Am Ende dürfte die EZB ihre Geldpolitik weiter lockern und den Politikern beispringen, die sich nicht auf die Finanzierung eines Corona-Wiederaufbaufonds verständigen dürften.“ Er geht davon aus, dass die Notenbank das Volumen von 750 Milliarden Euro an zusätzlichen Anleihekäufen im Herbst ausgeschöpft haben wird.

Frederik Ducrozet, Analyst vom Schweizer Vermögensverwalter Pictet, sieht dies ähnlich. „Wir erwarten weiterhin eine Erhöhung auf über eine Billion Euro im Juni und eine Ausweitung des Programms bis September 2021.“ Zudem geht er davon aus, dass die EZB dabei stärker von ihrem Kapitalschlüssel abweichen wird.

Ob es dazu kommt, hängt vor allem davon ab, wie schnell es gelingt, das Coronavirus einzudämmen. Lagarde verwies auf die hohe Unsicherheit, mit der derzeit alle Prognosen behaftet sind. Das gilt vor allem auch für die weitere Entwicklung der Inflation. Kurzfristig sei mit deutlich niedrigeren Werten zu rechnen wegen des Ölpreisverfalls. Wie es danach weitergeht, sei aber ungewiss.

Vor den Beratungen über einen Wiederaufbaufonds der EU in der Coronakrise drängte Lagarde die Politik zum Handeln. Der EZB-Rat fordere weitere „starke und zeitnahe“ Anstrengungen, um die Konjunkturerholung vorzubereiten und zu stützen. Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich zwar im Grundsatz auf ein Hilfspaket für die unter der Pandemie leidenden Staaten geeinigt. Eckpfeiler des geplanten Wiederaufbaufonds sind bislang aber ungeklärt.

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