Die Bank von Japan macht den Trend anderer Notenbanken weiter nicht mit und hält die Zinsen stabil – zum Schaden des Yens. Nun greift die japanische Regierung ein.
Zentralbank in Japan
In Marktkreisen war erwartet worden, dass die BoJ an ihrem Kurs einer aggressiv gelockerten Geldpolitik festhält.
Bild: dpa
Tokio Die japanische Regierung reagiert auf den schwachen Yen und greift zum ersten Mal seit 1998 direkt am Devisenmarkt ein, um den Yen zu stützen. Dies bestätigte Masato Kanda, der im Finanzministerium für den Devisenmarkt zuständig ist, am Donnerstag. Die Regierung sei besorgt über die exzessiven Bewegungen an den Devisenmärkten, sagte er. Deshalb hätte sie nun entschiedene Maßnahmen ergriffen.
Gegenüber dem Dollar verlor der seit Monaten schwächelnde Yen am Donnerstag zunächst rund ein Prozent an Wert und erreichte nach dem Zinsentscheid der Notenbank sogar fast die Marke von 146 Yen. Dies ist einer der schwächsten Werte der vergangenen 30 Jahre. Denn die Bank von Japan (BoJ) betonte, dass sie im Gegensatz zu anderen Zentralbanken ihre Niedrigzinsen nicht erhöhen würde.
Da die US-Fed am Mittwoch ihrerseits die Zinsen kräftig um 0,75 Prozentpunkte erhöht hatte, stieg der Druck der Anleger auf den Yen. Denn derzeit bestimmt die wachsende Zinsspanne zwischen Japan und den USA in den Augen vieler Spekulanten den Wechselkurs.
Kurz nach dem Zinsentschied startete Japans Finanzministerium jedoch über die BoJ eine Devisenintervention. Bei der Notenbank sieht man darin ein starkes Signal an den Markt, dass einseitige und rasche Bewegungen nicht willkommen sind. Nach der Ankündigung von Kanda erholte sich der Yen auch wieder etwas.
Allerdings geben sich die Beteiligten nicht der Illusion hin, dass dieser Eingriff ausreicht, den Fall des Yens dauerhaft zu verhindern. Ein Grund ist, dass das Finanzministerium im Gegensatz zum letzten Währungseingriff 2011 allein handelt.
Damals gab es eine globale konzertierte Aktion, um den Yen zu schwächen, der nach einer Dreifach-Katastrophe aus einem der schwersten Erdbeben, Tsunami sowie Atomkatastrophe in dem Land extrem in die Höhe schoss – und die Weltfinanzordnung gefährdete. Denn um die Schäden zu bewältigen, zogen die Firmen riesige Summen aus dem Ausland ab.
Dieses Mal ist ein gemeinsamer Eingriff nach Ansicht der Währungshüter hingegen nicht plausibel. Die US-Regierung ist für einen starken Dollar, da dadurch der Inflationsdruck sinkt. Die Ökonomen von Moody’s Analytics merkten daher bereits vor dem Eingriff an: „Einseitige Interventionen Japans dürften nicht ganz den gleichen Wumms haben, sodass die Wirksamkeit weniger klar ist, insbesondere wenn der Rest der Welt weiterhin Yen verkauft.“
Mit dem geldpolitischen Entscheid der Notenbank sind die Chancen groß, dass die Investoren dies weiter tun. Denn die BoJ ist ihrem geldpolitischen Sonderweg in der globalen Inflationswelle treu geblieben.
Während andere Zentralbanken, allen voran am Mittwoch die Fed, die Zinsen derzeit erhöhen, ließ die Bank von Japan ihre Niedrigzinspolitik unverändert. Der Zins für kurzfristige Staatsanleihen (JGBs) befindet sich weiterhin bei minus 0,1 Prozent und der für zehnjährige JGBs bei maximal 0,25 Prozent.
Die amerikanische Notenbank erhöhte indes am Mittwoch im Kampf gegen rasch steigende Preise den Leitzins gleich um 0,75 Basispunkte auf eine Spanne von 3,0 bis 3,25 Prozent. Mit der dritten derart großen Erhöhung in Folge stellt dies den schnellsten Zinserhöhungszyklus in der amerikanischen Wirtschaftsgeschichte dar.
Viele Anleger rechnen damit, dass die Währungshüter die Zinsen 2023 sogar auf über vier Prozent anheben werden, um die Konjunktur zu bremsen und damit den Inflationsdruck zu dämpfen. Japans Geldpolitiker drücken hingegen weiter aufs Gas.
Wie vor dem Beginn des globalen Preisschubs erklärte der geldpolitische Ausschuss, die Bank „wird nicht zögern, die Geldpolitik wenn nötig weiter zu lockern“. Darüber hinaus schrieb das neunköpfige Gremium: „Die Bank erwartet, dass die kurz- und langfristigen Zinsen auf dem jetzigen oder niedrigerem Niveau bleiben.“
Shigeto Nagai, Japan-Volkswirt von Oxford Economics, glaubt daher auch nicht an ein Ende des Sonderwegs, obwohl ausländische Anleger dieses Jahr immer wieder gegen den Yen und JGBs gewettet haben und ihre Wetten wohl fortsetzen werden. „Die Bank von Japan hat keine andere Wahl, als an der derzeitigen Politik der Zinskurvensteuerung festzuhalten“, so Nagai.
Selbst nach dem Ende der Amtszeit von Gouverneur Haruhiko Kuroda im April 2023 erwartet er keine Wende, zu schwach sind im globalen Vergleich die Inflation und die wirtschaftliche Erholung. Während die Preise in den USA, angetrieben von einer hohen Nachfrage, zuletzt um 8,3 Prozent stiegen, lag der Wert in Japan im August bei nur 2,8 Prozent.
Das ist zwar höher als das Inflationsziel von zwei Prozent. Aber ohne die stark gestiegenen Preise für Energie und Lebensmittel waren es nur 1,6 Prozent. Zudem sagen viele Ökonomen voraus, dass die Inflationsrate im kommenden Jahr wieder fallen könnte.
Der Grund für die weniger stark steigenden Preise ist die weiterhin schwächelnde Binnennachfrage. Während die US-Wirtschaft bereits wieder über dem Vorkrisenniveau brummt, versucht Japan erst noch, die durch die Coronapandemie geschlagene Lücke zu schließen. Die Gehälter steigen ebenfalls kaum. Die Unternehmen haben daher bisher versucht, den Kostenschub zu absorbieren.
Moody’s Analytics warnt zwar, dass der Sturz des Yens, der seit Jahresanfang ein Fünftel seines Werts gegenüber dem Dollar eingebüßt hat, die Kosten für Importe und damit die Preise weiter in die Höhe treiben könnte. Eine zunehmende Zahl von Unternehmen habe daher Pläne für Preiserhöhungen angekündigt, so die Ökonomen. „Dies deutet darauf hin, dass die Strategie, Kostensteigerungen aufzufangen, an ihre Grenzen stößt.“
Dennoch erwarten die Volkswirte, dass die Bank von Japan bei ihrem weichen geldpolitischen Kurs bleibt. „Da es jedoch kaum Anzeichen für einen nachfragebedingten Preisdruck gibt, gehen wir davon aus, dass die Bank von Japan die wichtigsten geldpolitischen Hebel unverändert lässt.“
Ausbaden muss dies derzeit der Yen, dessen Kurs die Notenbank im Gegensatz zu den Zinsen von JGBs nicht direkt kontrollieren kann. Durch den rasanten Fall der Währung wird Japans Exportindustrie zwar wettbewerbsfähiger und profitabler, aber im Inland werden die Bewohner und Unternehmen durch steigende Importkosten belastet.
Daher spekulieren die Märkte seit Monaten, dass die Bank von Japan doch ihren Zinskorridor erhöhen muss oder das Finanzministerium über die Notenbank am Devisenmarkt eingreift, um den Yen zu stützen. Dies ist nun erfolgt.
Mit Material von Bloomberg.
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