Das Interesse an den Sonderkrediten der Staatsbank ist enorm. Einen Tag nach dem Start haben Tausende Unternehmen Anträge auf Hilfen gestellt.
Staatsbank KfW in Frankfurt
Mithilfe der Sonderkredite sollen Unternehmen die Coronakrise überstehen.
Bild: action press
Frankfurt Im Firmenkundengeschäft der Commerzbank herrscht seit einigen Tagen Ausnahmezustand. Die Mitarbeiter bekommen per E-Mail und Telefon so viele Kreditanfragen übermittelt wie niemals zuvor. Bereichsvorstand Oliver Haibt sagt: „Die Anzahl der Anfragen ist derzeit intensiver als zu Beginn der Finanzkrise 2008 und 2009.“
Seit der vergangenen Woche habe die Commerzbank im Zuge der Coronakrise „eine hohe vierstellige Zahl“ an Finanzierungsanfragen von Firmen- und Unternehmerkunden erhalten, erklärt Haibt. Gut ein Drittel davon erfülle die Anforderungen der staatlichen Förderbank KfW, die im Rahmen von Hilfsprogrammen einen Großteil des Kreditrisikos übernimmt.
Wenn es besonders dringlich sei, gehe die Commerzbank in Vorleistung und zahle Unternehmen Kredite innerhalb eines Tages aus. „Das ist möglich, weil wir als Hausbank die Firmen und ihre Geschäftsmodelle schon seit Jahren kennen.“
Die Deutsche Bank, das größte deutsche Geldhaus, registriert ebenfalls enormes Interesse. Sie hatte bereits am Montag mehr als 5 000 Anfragen zum Thema Corona erhalten. Ein Sprecher der Bank sagte, etwa 2 000 Kunden hätten konkrete Anfragen für die Notfall-Darlehen der KfW gestellt. Die ersten Förderkredite seien bereits bewilligt.
Der große Ansturm kommt aber auch auf die KfW noch zu. Die Staatsbank selbst teilte mit, sie habe bis Dienstag 12 Uhr insgesamt 34 Anträge mit einem Kreditvolumen von fast zwei Milliarden Euro erhalten. Der Löwenanteil entfällt auf vier große Anträge im Gesamtvolumen von 1,985 Milliarden Euro. Bei 30 Anträgen handele es sich um Kreditsummen von bis zu drei Millionen Euro, sagte ein Sprecher. Das Volumen dieser Anträge belaufe sich auf 17 Millionen Euro.
Die KfW-Sonderkredite sollen die Folgen der Coronakrise dämpfen. Seit Montag können Firmen diese Mittel beantragen, und gleich am Montag wurden auch die ersten Notkredite ausgereicht. Sie sind Teil des Rettungspakets zur Bekämpfung der Coronakrise, das die Bundesregierung gerade beschlossen hat. Insgesamt umfasst es die gigantische Summe von 1,2 Billionen Euro.
Die neuen Darlehen der KfW sind für Unternehmen gedacht, die wegen der raschen Ausbreitung des Coronavirus vorübergehend in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind und Liquidität zur Überbrückung brauchen. Mit den Krediten, die bis zu 90 Prozent durch den Staat garantiert sind, können Betriebsmittel und Investitionen finanziert werden. Normalerweise fördert die KfW mit ihren Programmen nur Investitionen und teilt sich das Kreditrisiko mit der Hausbank hälftig. Die Mittel sind häufig zinsverbilligt. Parallel dazu gibt es Überbrückungs- oder Liquiditätskredite der Förderbanken der einzelnen Bundesländer.
Teils hatten Firmenkunden sich auch schon in der vergangenen Woche um die KfW-Kredite bemüht. „Wir haben bereits aus der Vorwoche ein volles ‚Auftragsbuch‘, was nunmehr schnellstmöglich an die KfW gegeben wird“, sagt Stephan Ortolf, Bereichsleiter für das Firmenkundengeschäft des genossenschaftlichen Spitzeninstituts DZ Bank.
Zahlreiche Geldhäuser berichten von einer enormen Nachfrage. Das gilt auch für Privatbanken wie Hypo-Vereinsbank, HSBC und BNP Paribas sowie für die deutschen Sparkassen, die Marktführer im Geschäft mit mittelständischen Firmen sind. Bei der Hamburger Sparkasse beispielsweise, einer der größten der 380 Sparkassen, gingen allein am Montag mehrere Hundert Anfragen nach Sofortmitteln und Förderkrediten ein. Ähnliche Zahlen berichten andere große Sparkassen.
Dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) zufolge sind – ähnlich wie die Commerzbank ¬ die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute teils in Vorleistung gegangen und haben Förderkredite ausgezahlt, obwohl die Mittel der KfW erst später zur Verfügung gestellt werden. Auch die Deutsche Bank bietet bei Kreditsummen von bis zu drei Millionen Euro, bei denen die KfW die Risikoprüfung der Kunden allein den Hausbanken überlässt, den Kunden eine Überbrückungsfinanzierung an, schon bevor die Darlehen im April dann auch offiziell abrufbar sind.
Nicht nur die Nachfrage nach Hilfskrediten, auch das Informationsbedürfnis zu Corona ist groß. Die Deutsche Bank hat eigens einen Corona-Helpdesk eingerichtet, der Fragen der Kundenberater in der Fläche beantwortet – von Fragen zum neuen Insolvenzrecht, Kurzarbeitergeld bis hin zu Notfallkrediten. Auch der DSGV registrierte direkt nach Start der neuen Förderprogramme „ein sehr hohes Aufkommen an Informationswünschen und Beratungsbedarfen betroffener Unternehmen“.
Banken loben die Ausgestaltung der Hilfe: „Die KfW-Programme sind sehr flexibel. Sie orientieren sich stark an den 2008er-Programmen, werden aber noch pragmatischer gehandhabt“, sagt etwa Andreas Voglis, Co-Leiter Unternehmenskunden beim Düsseldorfer Geldhaus HSBC, mit Blick auf die staatlichen Hilfen während der Finanzkrise vor gut zehn Jahren.
Wie schnell Unternehmen an einen KfW-Kredit kommen, hängt auch von der Größe des gewünschten Darlehens ab. Bei Summen zwischen drei und zehn Millionen Euro prüft die Förderbank schneller als üblich. Finanzkreisen zufolge bemüht sich die KfW um eine Bearbeitungsdauer von höchstens fünf Werktagen.
Um schnell helfen zu können, hat die Commerzbank zusätzlich zu den KfW-Programmen einen internen Sonderfonds mit einem Volumen von 700 Millionen Euro eingerichtet. „Diese Liquidität nutzen wir, um Kredite bei Bedarf direkt auszuzahlen“, berichtet Jan Rolin, der als Bereichsleiter für größere Unternehmen zuständig ist.
Bedarf dafür besteht. „Es gab bereits eine Handvoll Unternehmen, bei denen die Lage so ernst war, dass wir innerhalb eines Tages entschieden und die Kredite sofort ausbezahlt haben“, erzählt Rolin. Die meisten Anfragen kämen von kleinen Firmen sowie von Mittelständlern mit einem Umsatz zwischen 15 und 500 Millionen Euro. Große Konzerne hätten dagegen noch keine KfW-Kredite beantragt.
Beobachter zeigen sich zuversichtlich. Markus Berg, Gesellschafter der Beratungsfirma Berg Lund & Company und Experte für Regionalbanken, sagte: „Die Sparkassen-Finanzgruppe und die genossenschaftliche Finanzgruppe gehen sehr entschlossen vor. Soweit ich sehen kann, ziehen in den beiden Verbünden alle an einem Strang – und das in hohem Tempo.“
Gleichwohl stehen die Geldhäuser Berg zufolge mitunter vor schwierigen Abwägungen, selbst wenn sie bei den neuen KfW-Krediten nur mit zehn oder 20 Prozent ins Risiko gehen. „Es gibt Geschäftsmodelle, bei denen schon vor der Krise fraglich war, ob sie tragfähig sind“, sagt er. „In solchen Fällen werden die Banken sich meist entscheiden, das auch nicht mithilfe von KfW-Krediten zu finanzieren. Hier können den Firmen nur Zuschüsse weiterhelfen.“
Das macht auch die Commerzbank deutlich: „Natürlich müssen wir als Bank bei Finanzierungsanfragen eine individuelle Risikoprüfung vornehmen und jeweils entscheiden, ob ein Geschäftsmodell nachhaltig tragfähig ist“, sagt Firmenkundenmanager Haibt. „Diese Verantwortung haben wir weiterhin als Bank.“
Hinzu kommt, dass es noch offene Fragen dazu gibt, in welchen Fällen die KfW-Hilfen greifen. Das gilt zum Beispiel für Unternehmen, die Leasing als Finanzierungsalternative gewählt haben. Kai Ostermann, Chef des Marktführers Deutsche Leasing, sagte dazu: Derzeit sei noch nicht klar, ob und wie dies bei den Hilfsprogrammen der KfW berücksichtigt werde. Er fordert, „alle Programme und Maßnahmen für Leasing zu öffnen“. Die Deutsche Leasing gehört den Sparkassen.
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