Bei Immobiliendarlehen zählt nicht allein der Effektivzins. Eine Analyse der FMH-Finanzberatung zeigt, wo es die besten Konditionen gibt.
Einfamilienhaus-Baustelle
Neben dem Effektivzins sollten Eigenheimkäufer auch andere Darlehensbedingungen im Blick behalten.
Bild: E+/Getty Images
Köln Der typische Baufinanzierungskunde in Deutschland ist 39 Jahre alt, verheiratet, verfügt über ein Netto-Haushaltseinkommen von rund 4900 Euro pro Monat und will eine Bestandsimmobilie kaufen. Das zeigt eine Auswertung des Baufinanzierungsspezialisten Interhyp. Und: Von der Coronakrise lässt sich der Durchschnitts-Immobilienkäufer offenbar nicht beirren.
Darauf deutet zumindest die anhaltend hohe Nachfrage hin. In Metropolregionen wie München, Frankfurt und Stuttgart sind die Preise für Wohnimmobilien im ersten Quartal 2020 weiter gestiegen, wenn auch mit gebremstem Schwung. In München legten sie gegenüber dem Vorquartal um 0,58 Prozent zu, zeigen Zahlen des Baufinanzierungsdienstleisters Dr. Klein. „Die Nachfrage ist zurzeit auf einem sehr hohen Niveau“, bestätigt Dr.-Klein-Experte Maximilian Pietsch. „Viele wollen ihr Geld krisensicher anlegen und Wohneigentum kaufen, und das um fast jeden Preis.“
Die gute Nachricht für Immobilienkäufer lautet: Auch wenn Häuser und Eigentumswohnungen nach wie vor teuer sind, bleibt doch zumindest ihre Finanzierung bezahlbar. Wegen der geld- und fiskalpolitischen Hilfen in Reaktion auf die Covid-19-Pandemie dürften die Leitzinsen und die Renditen deutscher Bundesanleihen auf ihrem aktuellen Tiefstand verharren. Damit bleiben auch die Bauzinsen aller Voraussicht nach niedrig. „Zuletzt sind sie sogar leicht gesunken“, sagt Max Herbst, Chef der FMH-Finanzberatung in Frankfurt. Bei einer Zinsbindung von zehn Jahren liegen die Bauzinsen derzeit bei vielen Kreditinstituten unterhalb von einem Prozent pro Jahr.
Die Zinsexperten von FMH haben für das Handelsblatt untersucht, wo angehende Eigenheimbesitzer besonders günstige Baugeld-Konditionen finden. Dabei haben sie sich nicht nur die Höhe des effektiven Jahreszinses angeschaut, sondern sie haben auch Nebenbedingungen wie Sondertilgungsoptionen, die Möglichkeit von Tilgungsveränderungen sowie die Bereitstellungszinsen unter die Lupe genommen.
Pluspunkte gab es, neben einem niedrigen Effektivzins, für Flexibilität in Tilgungsfragen. „Die Coronakrise hat gezeigt, wie wichtig Flexibilität ist“, sagt Herbst. Wer in Kurzarbeit ist oder seinen Job verloren hat, dürfte jetzt froh sein, wenn er seinen monatlichen Tilgungsbetrag vorübergehend senken kann.
Auch niedrige Bereitstellungszinsen sowie eine lange bereitstellungszinsfreie Zeit führten im FMH-Test zu einer besseren Note. Diese Prämissen sind besonders wichtig für Bankkunden, die selbst bauen, statt eine Bestandsimmobilie zu kaufen.
Bereitstellungszinsen fallen auf Darlehensteile an, die noch nicht abgerufen wurden. Wer ein Haus baut, nimmt seinen Kredit in der Regel nicht auf einen Schlag in Anspruch, sondern Stück für Stück, parallel zur Fertigstellung einzelner Bauabschnitte. Verzögert sich der Bau, können hohe Bereitstellungszinsen ein auf den ersten Blick günstiges Darlehen deutlich verteuern, warnt Mirjam Mohr, Privatkunden-Chefin bei Interhyp. Darlehensnehmer sollten deshalb darauf achten, dass diese Zinsen niedrig liegen und die Übergangszeit, in der die Bank sie noch nicht berechnet, möglichst lang ist.
Alle Konditionen zusammengenommen haben die FMH-Experten an vier Banken die Note „sehr gut“ vergeben: an 1822direkt – eine Tochter der Frankfurter Sparkasse –, die Deutsche Bank, die genossenschaftliche PSD Bank Nürnberg sowie Santander.
Unter den 15 bundesweit tätigen Instituten, die sich die Experten angeschaut haben, bieten diese Häuser derzeit die besten Baugeld-Konditionen, und zwar unter unterschiedlichen Bedingungen: FMH hat erstens Angebote für 400.000 Euro Gesamtkosten, 90 Prozent Beleihung und zehn Jahre Zinsbindung eingeholt. Zweitens für 500.000 Euro Gesamtkosten, 80 Prozent Beleihung und 15 Jahre Zinsfestschreibung. Die monatliche Tilgung ist jeweils bei drei Prozent angesetzt. Bei beiden Darlehensversionen gibt es dieselben vier Sieger.
Die Testsieger konnten vor allem mit einem günstigen effektiven Jahreszins punkten. Die Zinshöhe wurde in der FMH-Untersuchung besonders stark gewichtet. Kunden, denen eine veränderliche Tilgung oder eine lange bereitstellungszinsfreie Zeit wichtig sind, sind unter Umständen bei einem anderen Kreditinstitut besser aufgehoben.
So bietet etwa der Versicherungs- und Finanzdienstleistungskonzern Signal Iduna besonders flexible Tilgungskonditionen. Wegen seiner relativ hohen Zinsen hat er insgesamt aber nur die Bewertung „ok“, die in etwa der Schulnote „befriedigend“ entspricht. Bei den Bereitstellungszinsen konnte wiederum, neben zweien der Sieger, auch die ING punkten. Von ihren sonstigen Konditionen her befindet sie sich im Mittelfeld. Unterm Strich trägt ihr Baugeld-Angebot deshalb die Note „gut“.
Am schlechtesten schnitt im FMH-Test die Commerzbank ab, und zwar in beiden Testvarianten. Deutschlands viertgrößte Bank verlangt einen relativ hohen Effektivzins, je nach Umfang und Zinsbindungsfrist beträgt er zwischen 1,16 und 1,36 Prozent pro Jahr.
Sondertilgungen sind bei dem Institut fast ohne Aufschlag möglich. Die monatliche Tilgungsrate können Kunden dagegen nicht nachjustieren, und Bereitstellungszinsen nimmt die Commerzbank bereits ab dem dritten Monat. Im Baugeld-Test genügte das nur für die Note „ausreichend“.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×