Wer Immobilienkredit und Bausparvertrag kombinieren will, kann zu einer Bausparkasse gehen. Deren Produkte rechnen sich aber selten, zeigt eine Auswertung.
Hausbau in Baden-Württemberg
Laut Experten könnte sich die Immobilienfinanzierung im Jahresverlauf weiter verteuern.
Bild: dpa
Köln Seit Kurzem ziehen die Bauzinsen spürbar an. Um den Jahreswechsel herum lagen sie noch bei 0,65 Prozent für Baugeld mit zehn Jahren Laufzeit. Seitdem sind sie auf 0,79 Prozent gestiegen und damit auf den höchsten Wert seit Monaten. Marktbeobachter rechnen damit, dass sich Immobilienfinanzierungen im Jahresverlauf weiter verteuern.
„Die Bauzinsen könnten im zweiten Halbjahr auf bis zu 1,25 Prozent steigen“, sagt Max Herbst, Chef der FMH-Finanzberatung. Seiner Einschätzung nach ist das rekordtiefe Niveau der vergangenen Monate erst einmal passé.
Eigentlich könnte jetzt die große Zeit der Bausparkassen anbrechen. Mit einer Kombination aus Immobiliendarlehen und Bausparvertrag, auch Tilgungsaussetzungsdarlehen oder kurz TA-Darlehen genannt, versprechen sie Sofortkredit plus Zinssicherheit.
Kunden bekommen einen Kredit zur Baufinanzierung ausgezahlt und schließen parallel einen Bausparvertrag in derselben Höhe ab. Während der ersten Phase zahlen sie die Zinsen für den Kredit sowie die Bausparraten, aber keine Tilgung. Ist der Bausparvertrag zuteilungsreif, wird der Kredit mit der bisher angesammelten Bausparsumme teilweise getilgt und von einem Bauspardarlehen abgelöst.
In der zweiten Phase zahlen Kunden Zins und Tilgung für das Bauspardarlehen. Der Vorteil: Die Zinsen für das Bauspardarlehen werden bereits bei Vertragsabschluss festgelegt. Kunden können sich also die immer noch niedrigen Zinsen für die Zukunft sichern.
So groß, wie man meinen könnte, ist der Vorteil des Kombimodells allerdings nicht. Jedenfalls nicht, solange die Bauzinsen nicht deutlich steigen. Die FMH-Finanzberatung hat klassische Bankdarlehen TA-Darlehen mit Bausparvertrag gegenübergestellt.
Das Ergebnis: In vielen Fällen zahlen Kreditnehmer bei den Bausparkassen drauf. Und zwar selbst dann, falls die Bauzinsen in 15 Jahren bei vier Prozent liegen sollten, wie von FMH in der Beispielrechnung angenommen.
Viele Bausparkassen haben auf die Anfrage der Tester nicht einmal geantwortet. „Ich unterstelle, dass die Konditionen dort noch schlechter sind als bei den Instituten, von denen wir eine Rückmeldung bekommen haben“, sagt FMH-Chef Herbst. Sein Urteil: „Bausparkassen können mit den Niedrigzinsen der Banken momentan schwerlich mithalten.“
Für ihren ersten Musterfall haben die FMH-Experten ein Darlehen in Höhe von 400.000 Euro vorausgesetzt. Würde sich eine fiktive Person diese Summe bei einer Bank leihen, mit 15 Jahren Zinsbindungsfrist, fand sie Mitte Februar Angebote mit einem Prozent jährlichem Sollzins. Pro Monat zahlt sie 1500 Euro an die Bank, nach Ende der Zinsbindungsfrist sind noch 173.534 Euro vom Kredit übrig.
Im Rahmen der Anschlussfinanzierung, für die die Bank hier vier Prozent Jahreszins verlangt, steigen Zins und Tilgung auf 2.500 Euro pro Monat. Nach einer Gesamtlaufzeit von knapp 22 Jahren hat der Kunde insgesamt 67.696 Euro Zinsen auf sein Baugeld gezahlt.
Geht der Musterkunde zur Alten Leipziger Bauspar AG, sieht die Rechnung wie folgt aus: Die Zinsen für den Sofortkredit liegen beim untersuchten Tarif bei 0,85 Prozent. Zuzüglich der monatlichen Rate für den Bausparvertrag zahlt der Kunde monatlich 1550 Euro. Ist der Bausparvertrag nach gut 13 Jahren zuteilungsreif, bleiben vom ursprünglichen Kredit noch 201.530 Euro übrig.
Diese Restschuld tilgt der Kunde dann mit einem Bauspardarlehen, für das 1,35 Prozent Zinsen pro Jahr fällig werden und das damit deutlich günstiger ist als die angenommene Anschlussfinanzierung der Bank.
Ab dem 16. Jahr hebt der Musterkunde seine Monatsrate an und zahlt pro Monat 2500 Euro an die Bausparkasse – in diesem Fall nur, um das TA-Darlehen mit der Immobilienfinanzierung von der Bank vergleichbar zu machen. Auch dort zahlt der Kunde schließlich nach 15 Jahren 2500 Euro pro Monat. Das TA-Darlehen hat er so nach 21 Jahren zurückgezahlt, zuzüglich 59.584 Euro Zinsen.
Bei der Alten Leipziger bekommt der Musterkunde also etwas günstigere Konditionen als bei der Bank. Die Versicherer-Tochter hat deshalb von FMH die Note „sehr gut“ bekommen, ebenso wie die Bausparkasse Schwäbisch Hall, wo die Kosten nur unwesentlich höher liegen als bei der Bank.
Bei anderen Bausparkassen wird es dagegen deutlich teurer. Bei der Debeka Bausparkasse zahlt der Musterkunde rund 10.000 Euro mehr Zinsen als für ein klassisches Bankdarlehen, bei der Hamelner Bausparkasse BHW sogar rund 32.000 Euro.
Das liegt unter anderem daran, dass die Tilgung des TA-Darlehens zu den angenommenen Konditionen teils deutlich länger dauert als die Tilgung des Bankdarlehens. Dadurch steigen die Kreditkosten. Überdies sind in den Berechnungen Abschlussgebühren sowie jährliche Servicekosten enthalten.
Auch wenn die Darlehenssumme 300.000 statt 400.000 Euro beträgt, können Bausparkassen deshalb gegenüber der Bank meist nicht punkten. In dieser Rechnung schneiden ebenfalls lediglich die Alte Leipziger und die Schwäbisch Hall sehr gut ab.
Verbraucherschützer sehen die Kombination aus Immobilienkredit und Bausparvertrag generell kritisch. Ein Problem sei, dass Bausparkassen nicht genau sagen können, wann Bausparverträge zuteilungsreif sind, heißt es vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Verzögert sich die Zuteilung, benötigen Kunden womöglich eine teure Zwischenfinanzierung.
Die Produkte seien außerdem unflexibel, monieren die Verbraucherschützer: Wollen Kunden den Immobilienkredit früher tilgen, verlangen Bausparkassen oft eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung. „Die Entschädigungskosten für Vorausdarlehen der Bauspar-Kombinationsfinanzierung sind höher als für Annuitätendarlehen“, warnt der VZBV.
Überdies liegen die Guthabenzinsen für Bausparverträge momentan tiefer als die Zinsen, die Kunden für den Immobilien-Sofortkredit zahlen müssen. Es wäre deshalb günstiger, direkt die Tilgung des Kredits in Angriff zu nehmen, als erst einmal in einen schlecht verzinsten Bausparvertrag zu sparen.
Das Urteil von FMH-Chef Herbst fällt trotzdem nicht so vernichtend aus wie das der Verbraucherschützer. „Bausparen hat weiterhin seine Berechtigung“, sagt er. „Angebote wie die von uns untersuchten sind aber nur etwas für Hausbauer, die Zinssicherheit lieben. Sicherheit kostet nun einmal Geld.“
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