Handelsblatt App
Jetzt 4 Wochen für 1 € Alle Inhalte in einer App
Anzeigen Öffnen
MenüZurück
Wird geladen.

20.08.2022

11:00

Hohe Energiekosten

Heizkosten sparen: Diese Maßnahmen lohnen sich für Mieter und Eigentümer

Von: Carsten Herz, Kerstin Leitel

Die Preise für Gas und Heizöl sind so hoch wie nie. Viele Deutsche müssen sich auf drastische Mehrausgaben einstellen. Welche Wege gibt es, die Heizkosten zu drosseln?

Mieter und Eigentümer müssen sich auf deutliche Mehrkosten im Winter einstellen. Wie lässt sich sparen? Foto: dpa dpa

Gaszähler

Mieter und Eigentümer müssen sich auf deutliche Mehrkosten im Winter einstellen. Wie lässt sich sparen?

Foto: dpa

Frankfurt Es ist ein Rekord, den sich kaum jemand wünscht: Die Preise für Gas und Heizöl erklimmen immer neue Höchstmarken – und ein Ende des Anstiegs ist vorerst nicht in Sicht. Millionen deutsche Immobilieneigentümer und Mieter müssen sich angesichts dessen auf drastische Kostensteigerungen einstellen.

Verbraucher, Industrie und der öffentliche Dienst – sie alle sollen nach dem Willen von Wirtschaftsminister Robert Habeck noch einmal nachlegen beim Energiesparen. Doch wo können Eigentümer und Mieter am besten ansetzen? Welche Maßnahmen lohnen, um Heizkosten zu sparen? Und welche eher nicht?

Das Handelsblatt hat darüber mit Top-Experten wie dem Chef des größten deutschen Immobilien-Energiedienstleisters Techem, Matthias Hartmann, gesprochen. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten aus Sicht der Fachleute.

Wie teuer wird das Heizen im Winter für Eigentümer und Mieter?

„Wir rechnen mit massiven Mehrbelastungen für die Raumheizung bei Gas und Heizöl in diesem Winter“, sagt Techem-Chef Hartmann dem Handelsblatt. „Nach Berechnungen unseres Techem-Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit werden die Heizkosten um durchschnittlich etwa 77 Prozent über dem Vorjahr liegen.“

Für eine 70-Quadratmeterwohnung fallen demnach bei Gas rund 930 Euro Heizkosten an – und damit rund 400 Euro mehr als im Vorjahr. Bei einer 110 Quadratmeter großen Wohnung seien es jetzt Kosten von rund 1463 Euro, das entspräche einem Plus von circa 630 Euro.

„Bei Heizöl liegt der Anstieg mit etwa 555 Euro bei der 70 Quadratmeter großen Wohnung und einem Plus von circa 873 Euro, bei einem 110 Quadratmeter großen Apartment sogar noch höher.“

Der Chef des Immobilien-Energiedienstleisters Techem warnt, dass die Energiewende Geld kosten wird. Techem

Matthias Hartmann

Der Chef des Immobilien-Energiedienstleisters Techem warnt, dass die Energiewende Geld kosten wird.

Was bringt es, wenn Eigentümer und Mieter im Winter die Heizung stärker drosseln?

„Ich glaube, dass es vielen Menschen in Deutschland zumutbar ist, in diesem Winter etwas weniger zu heizen und dafür vielleicht eher einmal einen Pulli zu tragen“, sagt Hartmann. Wenn Großverbraucher – also die Industrie – von der Energieversorgung gekappt würden, dann werde dies ein Riesenproblem.

Da gehe es um viele Arbeitsplätze und es tauche die Frage auf, warum ein Matthias Hartmann nicht zu Hause noch einen Pulli überziehen könne und warum er zu Hause wirklich auf 21/22 Grad heizen können müsse, gibt der Manager zu bedenken. „Für mich persönlich reicht im Winter auch eine Tageshöchsttemperatur von 19 Grad aus“, sagt Hartmann.

Einspareffekt: Jedes Grad weniger reduziert den Energieverbrauch deutlich. „Zwei Grad niedrigere Heiztemperaturen senken den Energiebedarf um gut 12 Prozent“, erklärt Hartmann.

Seiner Meinung nach gibt es auch Einsparpotenzial: „Die Durchschnittstemperatur in deutschen Wohnungen ist nicht 21 oder 22 Grad – es gibt viele, die auf 24 Grad heizen oder sogar hoch auf 27 Grad.“ Bei einer 110 Quadratmeter großen Wohnung lassen sich bei Gas so rund 150 Euro sparen, bei Heizöl wären es entsprechend 280 Euro.

Wie lassen sich am leichtesten Heizkosten sparen?

„Es klingt simpel, aber es bringt viel: Wer richtig lüftet, spart schon viel“, sagt Hartmann. Man sollte stoßlüften. „Das haben wir alle schon gehört – aber es machen eben nicht alle! Die Mehrzahl der Mieter macht es zumindest nicht.“

Beim Kipplüften würden 30 Prozent der Energie nach außen gelassen und das schlage sich in der Nebenkostenabrechnung nieder. Denn dauerhaft gekippte Fenster kühlten einen Raum und seine Fenster aus.

Die gemeinnützige Beratungsgesellschaft Co2online gibt sogar konkrete Empfehlungen, wie lange Bewohner die Fenster öffnen sollten: im Oktober 12 bis 15 Minuten, im November acht bis zehn Minuten und im Dezember bis Februar vier bis sechs Minuten.

Einspareffekt: Co2online geht von einem Einspareffekt von bis zu 12,5 Prozent aus. Das macht bei Gas, die Techem-Schätzung vorausgesetzt, eine maximale Ersparnis von rund 180 Euro aus. Bei Heizöl läge die Ersparnis bei etwa 290 Euro.

Kann ein modernes Thermostat Heizkosten sparen?

Über einen programmierbaren Temperaturregler können Bewohner die Heizungsanlage individuell steuern und bestimmte Räume bei Abwesenheit auch zeitweise kühler stellen. Eine Lösung für breite Bevölkerungsgruppen sind die cleveren Thermostate nach Ansicht von Hartmann jedoch nur, wenn diese durch den Betreiber der Anlage bereitgestellt, in das Gesamtsystem eingebunden seien und ein Ausstattungsgrad von 75 Prozent plus in den Wohnungen erreicht werde.

Dann könne mit Thermostaten der neuesten Generation und längeren Batteriestandzeiten der einzelne Nutzer im sparsamen Verhalten unterstützt werden. Aber viele Vermieter hätten nur ein geringes Interesse, die Heizungsanlage zu modernisieren.

Denn die Energiekosten würden vom Mieter getragen – die Investitionen vom Vermieter. „Das ist ein klassisches Dilemma“, sagt Hartmann. Die CO2-Umlage setze nun aber ein Umdenken in Gang, da es beiden Parten an den Geldbeutel gehe.

Einspareffekt: „Mit einem modernen Thermostat können Sie pro Jahr bis zu 15 Prozent der Heizkosten sparen“, prognostiziert Hartmann. Die Ausgaben würden sich jedoch im ersten Jahr finanziell noch nicht rechnen, da die Geräte durchschnittlich 80 Euro pro Stück kosten.

Bei der Gasrechnung sparen Bewohner pro Jahr so rund 150 Euro. Bei einer 110 Quadratmeter großen Wohnung lassen sich bei der Gasheizung auf Grundlage der von Techem geschätzten Preise bei Gas so rund 220 Euro sparen, bei Heizöl wären es entsprechend 345 Euro.

Grafik

Wie nützlich ist eine Hydraulikpumpe für die Heizung?

Ein hydraulischer Abgleich sorgt dafür, dass durch alle Heizkörper die richtige Wassermenge fließen kann. Sonst fließt das Wasser nämlich eher durch kurze und dicke statt durch lange und dünne Heizungsrohre.

„Rechnet sich das im nächsten Winter?“, fragt Hartmann rhetorisch und gibt selbst die Antwort: „Nein.“ Aber auch im übernächsten Winter werde Energie teuer sein. Wenn Deutschland den Klimawandel bekämpfen wolle, müsse sich das Land dem Thema stellen.

Wer hoffe, dass sich alle Investitionen schon in diesem Winter auszahlten, dem müsse er sagen, dass das nicht passieren werde. „Ob neue Heizung, Wärmepumpe oder Ladestation: Die Energiewende wird Geld kosten“, betont Hartmann. „Und zwar nicht nur den Staat und die Unternehmen, sondern auch den Einzelnen.“

Einspareffekt: „Ein hydraulischer Abgleich durch eine Hydraulikpumpe kann im Winter ein paar Hundert Euro sparen“, sagt Hartmann. Die Anschaffungskosten für eine Hocheffizienzpumpe würden von Hersteller und Leistung abhängen.

„Der Einbau kostet für ein Mehrfamilienhaus bis sechs Nutzeinheiten rund 950 Euro und spart bis zu 15 Prozent Energiekosten sowie bis zu 70 Prozent des Stromverbrauchs“, erläutert der Techem-Chef. Bei den von Techem vorhergesagten Preisen ließen sich so bei der Gasrechnung rund 220 Euro sparen, bei Heizöl wären es 350 Euro.

Wie sinnvoll ist der Einsatz einer Elektroheizung?

Niemand möchte im Winter in einer kalten Wohnung sitzen. Deshalb suchen immer mehr Menschen nach alternativen Wärmequellen.

Nach einer Umfrage des Vergleichsportals Verivox erwägen rund 30 Prozent aller Haushalte den Kauf von elektrischen Heizungen wie Radiatoren oder Heizstrahlern. Jeder zehnte Deutsche gab sogar an, sich ein solches Gerät bereits zugelegt zu haben. Heizlüfter, Konvektoren und Radiatoren scheinen da eine vergleichsweise günstige Lösung.

Rund 26 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass eine elektrische Heizung aufgrund der gestiegenen Energiekosten günstiger ist als eine Gasheizung. 39 Prozent halten die Kosten für etwa gleich hoch. Doch die Wahrheit sieht anders aus.

Einspareffekt: Null. „Heizen mit Radiatoren ist sehr teuer und flächendeckend nicht von den Stromnetzen darstellbar“, warnt Hartmann. „Da würden wir relativ zügig erleben, dass die Sicherungen rausfliegen.“ Die Republik könne sich nicht mit Radiatoren aus dem Baumarkt über den Winter retten.

Elektrische Direktheizgeräte verursachten deutlich höhere Kosten als eine Gasheizung, mahnt auch Thorsten Storck, Energieexperte beim Vergleichsportal Verivox. Der Preis für eine Kilowattstunde Strom liege deutlich höher als für eine Kilowattstunde Gas.

Im August kostete eine Kilowattstunde Strom im bundesweiten Durchschnitt rund 42 Cent, der durchschnittliche Gaspreis liegt derzeit bei 18 Cent/kWh. Unterstelle man eine vollständige Umwandlung der Heizenergie in Raumwärme, müsste sich also der Gaspreis noch mehr als verdoppeln, bevor die Kosten ähnlich hoch wie bei einer Elektroheizung sind, rechnet Storck vor.

Direkt vom Startbildschirm zu Handelsblatt.com

Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.

Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.

×