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04.08.2022

16:07

Immobilienmarkt

LEG lässt Deal platzen – Immobilienkonzern Adler entgehen 768 Millionen Euro

Von: René Bender

LEG stoppt den geplanten Kauf der Mehrheit an der Adler-Tochter Brack Capital Properties. Die hochverschuldete Immobiliengruppe hätte das Geld dringend gebraucht.

Das Grundstück im Düsseldorfer Glasmacherviertel gehörte zum Portfolio der Adler-Tochter Brack Capital Partners. Verfürden/Handelsblatt

Baustelle

Das Grundstück im Düsseldorfer Glasmacherviertel gehörte zum Portfolio der Adler-Tochter Brack Capital Partners.

Düsseldorf Die bereits zweite Hiobsbotschaft für den angeschlagenen Immobilienkonzern Adler Group in dieser Woche kam um 19:47 Uhr am Mittwochabend. Der Konkurrent LEG Immobilien gab per Ad-hoc-Mitteilung bekannt, dass er auf den Kauf der Mehrheit an der Adler-Tochter Brack Capital Properties (BCP) verzichtet.

Man werde die Option „endgültig nicht in Anspruch nehmen“, teilte LEG mit. Das Wohnungsunternehmen hält 35 Prozent an BCP, bis Ende September lief eine Option auf weitere 63 Prozent an der niederländischen Wohnungsgesellschaft. Diese spielt in den Verkaufsplänen der Adler-Gruppe eine wichtige Rolle – 768 Millionen Euro hätte der Deal einspielen sollen.

Erst am Montag hatte die Bafin mitgeteilt, dass sie bei der Tochterfirma Adler Real Estate einen fehlerhaften Konzernabschluss für 2019 festgestellt habe. Die Finanzaufseher sind der Ansicht, dass die Gesellschaft 2019 ein bedeutendes Bauprojekt in Düsseldorf massiv falsch bewertete – bis zu knapp einer Viertelmilliarde Euro zu hoch. Adler sieht dies anders und will Rechtsmittel einlegen.

Weit mehr unter Zugzwang setzt den durch Schulden in hoher einstelliger Milliardenhöhe belasteten Adler-Konzern aber kurzfristig der geplatzte Deal. Verkäufe von Wohnungen und Bauprojekten sind für Adler derzeit der einzige Weg, sich frisches Geld zu verschaffen. Die Wirtschaftsprüfer von KPMG hatten Adler Ende April das Testat für 2021 versagt. Die Gruppe kann deshalb derzeit am Kapitalmarkt kein neues Geld aufnehmen.

Dass das Scheitern der bei Adler schon seit Monaten eingeplanten Transaktion mit LEG in direktem Zusammenhang mit der Bafin-Mitteilung steht, ist unwahrscheinlich, schließlich hatte sich ein möglicher Rückzug spätestens ab Ende Juli abgezeichnet. „Ich gehe derzeit nicht davon aus, dass wir bis Ende September diese Option in der bisherigen Form ausüben werden“, teilte LEG-Vorstandschef Lars von Lackum schon im Interview mit dem Handelsblatt mit.

Transaktion war fest eingeplant

„Es gibt gute Gründe, diese Transaktion weder allein noch zu dem ursprünglich vereinbarten Preis umzusetzen“, fügte er an. „Wir schauen also, ob wir einen Investor finden, der die Option mit uns zusammen ausüben will und uns dann mit der Verwaltung der Wohnungen beauftragt“, so der Chef von Deutschlands zweitgrößtem Immobilienkonzern.

Die Versuche sind nun gescheitert. Dies indes könnte wiederum auch mit Zweifeln an eben jenem Adler-Projekt im sogenannten Glasmacherviertel in Düsseldorf zusammenhängen, dessen einstige Bewertung die Bafin als massiv zu hoch einschätzt. Denn die Entwicklung des Projekts lag zuletzt in Händen von BCP.

Zweifel an der Bewertung gab es schon länger. Die Wirtschaftsprüfer von KPMG hatten etwa bereits vor Monaten „erhebliche Unklarheiten“ moniert.

Wie es in Sachen BCP und Schuldenabbau nun weitergeht, dazu gibt sich Adler zurückhaltend: „Wir haben die gestrige Erklärung der LEG Immobilien SE zur Kenntnis genommen“, sagte ein Sprecher knapp.

Der Vorstand von Adler Real Estate werde nun weitere Optionen für die „werthaltige Beteiligung an der BCP evaluieren“. Angesichts der „hohen Qualität des Portfolios sind wir zuversichtlich, in angemessener Zeit eine Lösung zu finden“.

Adler will Milliarden erlösen

Mancher Beobachter hat daran so seine Zweifel: „Wenn sich schon Vertragspartner zurückziehen, was soll dann erst der Kapitalmarkt denken?“, bemerkt etwa Marc Liebscher, Vorstand bei der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK).

Die Anlegerschützer blicken sehr skeptisch auf Adler und sind nicht zuletzt durch die Bafin-Mitteilung alarmiert. Sie befürchten unter anderem weitere Beanstandungen in den Bewertungen des Portfolios und wollen deshalb eine Sonderprüfung bei Adler Real Estate durchsetzen.

Mindestens eine Milliarde Euro will die Adler-Gruppe im laufenden Jahr noch durch Immobilienverkäufe erlösen. Dies hatte der seit Februar amtierende Verwaltungsratschef Stefan Kirsten noch im Juni mitgeteilt.

Dabei ist nicht klar, wie viel Zeit Adler nun konkret bleibt, um die avisierten Deals über die Bühne zu bringen, bevor der Konzern in noch schwereres Fahrwasser gelangt. Fragen dazu, welche Auswirkungen der geplatzte Deal gegebenenfalls auf Bedingungen in Darlehen hat und ob womöglich Ausfallklauseln ausgelöst werden, beantwortete das Unternehmen nicht.

Suche nach neuen Wirtschaftsprüfern verschärft

Der Konzern steht seit vergangenem Herbst stark unter Druck. Im Oktober 2021 hatten der britische Leerverkäufer Fraser Perring und sein Analysehaus Viceroy Research der Adler-Gruppe und nahestehenden Personen Betrug, Täuschung und finanzielle Falschdarstellung vorgeworfen. Adler bestreitet weiterhin, dass es das gab. Der Konzern geriet dennoch ins Schlingern, weil eine zur Aufklärung veranlasste Sonderuntersuchung durch KPMG nicht die gewünschte eindeutige Entlastung brachte.

Die Krise eskalierte und erreichte Ende April einen vorläufigen Höhepunkt, als KPMG dem Konzern ein Testat des Abschlusses für 2021 verwehrte. Zur Ruhe kam Adler auch danach nicht. Gegenwärtig ist der Konzern beispielsweise auf der Suche nach neuen Wirtschaftsprüfern, nachdem KPMG das Mandat niedergelegt hatte. Die Suche dürfte angesichts der jüngsten Meldungen aus dieser Woche kaum leichter werden.

Verwaltungsratschef Kirsten indes sah zuletzt mittelfristig optimistisch in die Zukunft. „Bei der Substanz, die wir haben, wird es immer eine Möglichkeit geben, sich freizuschwimmen“, sagte Kirsten noch im Juni.

Er sehe zurzeit kein realistisches Szenario, das den Konzern an die Wand drücke. Selbst wenn die Transaktionen nicht wie geplant in diesem Jahr über die Bühne gingen, mache dies niemanden nervös, signalisierte er. „Dann werden sich die Verkäufe lediglich verschieben.“

Anleger aber sind immer weniger überzeugt von der Substanz der Adler-Gruppe. Der Kurs rutschte im Anschluss an die Mitteilung von LEG weiter ab und fiel im Tagesverlauf des Donnerstags um mehr als sechs Prozent auf unter drei Euro. Vor etwas mehr als einem Jahr lag er noch bei rund 25 Euro.

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