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27.01.2022

09:12

Kommentar

Goodbye Mr. Nice Guy: Der Fed-Chef muss seinen Kurs ändern – und sein Image

Von: Astrid Dörner

Jerome Powell hat sich in den vergangenen vier Jahren als Freund und Unterstützer der Aktienmärkte positioniert. Nun muss er sich davon lösen, zumindest vorerst.

Der Fed-Chef hat am Mittwoch signalisiert, dass er von seinem alten Ich nichts mehr wissen will. AP

Jerome Powell

Der Fed-Chef hat am Mittwoch signalisiert, dass er von seinem alten Ich nichts mehr wissen will.

Jerome Powell hat viel Lob dafür bekommen, dass er die Märkte und die US-Wirtschaft zu Beginn der Pandemie derart entschlossen stabilisierte. Doch das war gestern: In seiner zweiten Amtszeit an der Spitze der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) muss der 68-Jährige umsteuern, um die Wirtschaft vor dem Überhitzen zu bewahren.

Diese Mission ist deutlich schwieriger, schließlich birgt sie ein großes Risiko. „Denn wenn eine Notenbank zu schnell den Kurs korrigieren muss, hat das in der Vergangenheit immer zu einer Rezession geführt“, warnte Ökonom Mohamed El-Erian schon vor Monaten.

Powells Herausforderung besteht nun darin, die richtige Balance zu finden. Er will die Wirtschaft nicht abwürgen. Das ist verständlich. Andererseits muss er die Inflation in den USA bekämpfen, die mit sieben Prozent so hoch ist wie seit 40 Jahren nicht mehr. Damit das gelingt, muss der Fed-Chef glaubwürdig seinen Kurs und sein Image ändern.

Denn der Republikaner hat sich in den vergangenen vier Jahren immer wieder als Freund und Unterstützer der Aktienmärkte positioniert. Der sogenannte „Powell-Put“ ist zu einem gern gebrauchten Begriff an der Wall Street geworden und bezeichnet die Bereitschaft der Fed, immer wieder einzugreifen, um nervöse Märkte zu beruhigen.

Was wird nun aus dem Powell-Put? Schon seit Wochen wird diese Frage unter Anlegern leidenschaftlich diskutiert. Die Technologiebörse Nasdaq, einst Darling der Aktionäre, hat in diesem Jahr bereits 14 Prozent verloren. Beim Leitindex Dow Jones und dem breiter gefassten S&P 500 sieht es nicht viel besser aus.

Der Fed-Chef hat am Mittwoch signalisiert, dass er von seinem alten Ich nichts mehr wissen will. Er hatte viele Gelegenheiten zu versichern, die Zinsen nur behutsam anheben zu wollen. Stattdessen hat er das Gegenteil getan. Zinsschritte bei aufeinanderfolgenden Fed-Tagungen waren bei der letzten Zinswende 2015 noch verpönt. Dieses Mal seien sie eine Option, so Powell. Auch die Zinsen gleich um zwei Stufen anzuheben, also um 0,5 Prozentpunkte, schloss er nicht aus.

„Das war es jetzt mit ‚Mr. Nice Guy‘“, schlussfolgerte der Chefökonom von JP Morgan Chase, Michael Feroli. So stark sei der Fed-Chef noch nie als „Falke“ aufgetreten, glaubt er. Powell verfolge damit eine härtere geldpolitische Strategie, als viele bislang gedacht hätten.

Der Powell-Put ist verpufft

Das ist die richtige Strategie für Powell – zumindest für den Anfang, wo es darum geht, seine Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Der Powell-Put ist verpufft, vor allem für Gamestop, AMC und andere sogenannte Meme-Aktien, die im vergangenen Jahr von einer ultralockeren Geldpolitik profitiert haben. Gleiches gilt für Börsenmäntel, sogenannte Spacs, mit luftigen Visionen und andere unprofitable Tech-Unternehmen an der Börse.

Allerdings ist noch nicht ausgemacht, dass der Powell-Put nicht doch irgendwann zurückkommt, um die Märkte abseits der Exzesse zu stützen. Niemand kann schließlich wissen, ob nach Omikron nicht noch eine neue, gefährliche Coronavariante die US-Wirtschaft belastet oder ob geopolitische Spannungen ein erneutes Umdenken erfordern.

Und sollte Powell recht behalten, dass sich die Lieferengpässe in den kommenden Monaten auflösen, würde das Druck von den Preisen nehmen. Powell hätte sich dann als Inflationsbekämpfer positioniert, ohne allzu radikal von seinem bisherigen Kurs abweichen zu müssen.

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