Handelsblatt App
Jetzt 4 Wochen für 1 € Alle Inhalte in einer App
Anzeigen Öffnen
MenüZurück
Wird geladen.

26.05.2023

15:44

Lohnentwicklung

EZB-Chefvolkswirt: Jüngste Lohnabschlüsse noch im Rahmen der Erwartungen

Dass die Lohnkosten für einige Unternehmen in der EU zuletzt stiegen, hält Philip Lane für unbedenklich. Die EZB erwarte deswegen keine negativen Auswirkungen auf die Inflation.

Alles erwartungsgemäß: Der Chefvolkswirt der EZB glaubt nicht, dass die Lohnentwicklung Grund zur Sorge bietet. Bloomberg

Philip Lane

Alles erwartungsgemäß: Der Chefvolkswirt der EZB glaubt nicht, dass die Lohnentwicklung Grund zur Sorge bietet.

Dubrovnik Die kräftigen Lohnabschlüsse in einigen Euro-Ländern sind mit Blick auf die Inflation laut EZB-Chefvolkswirt Philip Lane noch kein Grund zur Sorge. Sinkende Energiepreise sorgten für einen Rückgang des Preisschubs, wie der oberste Volkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB) am Freitag auf einer Konferenz in Dubrovnik ausführte.

Es gebe zwar das Risiko eines zu starken Lohnwachstums. „Im Durchschnitt steigen die Löhne sehr moderat an“, führte er aus. Viele Beschäftigte seien immer noch in alten Verträgen gebunden. Die jüngsten Abschlüsse kämen oberhalb von fünf Prozent raus. „Aber dies liegt in der Größenordnung unserer Erwartungen,“ merkte er an
Die EZB achtet auf die Lohnentwicklung genau, da dies ein wichtiger Inflationsfaktor ist. Eine Umfrage der EZB hatte kürzlich ergeben, dass Firmen im Euro-Raum für 2023 mit einem Lohnwachstum von rund fünf Prozent rechnen.

Die Inflation lag zuletzt mit sieben Prozent im April immer noch mehr als drei mal so hoch wie das Notenbankziel von zwei Prozent. Und die Kerninflation, in der die schwankungsreichen Energie- und Lebensmittelpreise rausgerechnet sind, war mit 5,6 Prozent nur minimal niedriger ausfallen als das im März erreichte Allzeithoch von 5,7 Prozent.

Das treibt viele Währungshüter um. Sie befürchten, dass sich die hohen Teuerungsraten im Euro-Raum festsetzen könnten.

Preisanstieg kehrt sich um

Doch Lane zufolge lassen sich diese Sorgen entkräften. Das Hochschießen der Kerninflation ist aus seiner Sicht eine Folge der Energiepreisexplosion, die nach und nach in die Preise sämtlicher Güter und Dienstleistungen eingeflossen sei. Doch dieser Prozess kehre sich mit den nachlassenden Gaspreisen jetzt langsam um.

Das sei zwar nicht symmetrisch. „Aber wenn die Energiepreise fallen, dann folgt die Kerninflation, weil es weniger Druck von Seiten der Energiekosten gibt, weniger Druck auf die Lebenshaltungskosten“, sagte er. Auch der Druck in Richtung Lohnwachstum nehme dann ab. Wie schnell und wie stark sich das auf die Kerninflation auswirken werde sei aber unklar.

Andere Währungshüter sind da weniger zuversichtlich. Lanes Ratskollege, Kroatiens Notenbankchef Boris Vujcic, hält es keineswegs für ausgemacht, dass die EZB in den nächsten zwei Jahren ihr Inflationsziel erreicht. Der Inflationsschub halte immer noch an, besonders bei der sogenannten Kerninflation, sagte Vujcic auf der Konferenz. „Es ist fraglich, ob wir in den nächsten zwei Jahren bei zwei Prozent sein werden.“

Für den Notenbankchef der Niederlande, Klaas Knot, ist die Kerninflation aktuell die größte Sorge, wie er am Donnerstag in einem Interview mehreren europäischen Zeitungen, darunter „Les Echos“ und das „Handelsblatt“, sagte. „Hier gibt es noch keine Anzeichen für ein Abklingen, insbesondere nicht im Dienstleistungssektor“, führte er aus. Knot sprach sich für mindestens zwei weitere Zinserhöhungen im Juni und Juli um jeweils einen viertel Prozentpunkt aus.

Zu diesem Thema hielt sich Lane dagegen in Dubrovnik bedeckt. Aus seiner Sicht sollte die EZB nicht versuchen, vorherzusagen, wo genau der Zinsgipfel liegen wird. Dazu sei die Inflationsdynamik zu unsicher. „Wir haben uns im EZB-Rat dafür entschieden, keine Schätzung von Woche zu Woche oder von Sitzung zu Sitzung zum Endzinssatz zu geben, weil dies eine Gewissheit vermitteln würde, die es nicht gibt“, sagte der EZB-Ökonom.

Von

rtr

Direkt vom Startbildschirm zu Handelsblatt.com

Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.

Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.

×