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27.06.2022

18:07

Finanzinvestor

Investor Prosus trennt sich von Anteilen an Chinas Technologieriesen Tencent

Von: Frank Wiebe

Die Niederländer planen, gemeinsam mit dem Mehrheitseigner Naspers Papiere des chinesischen Konzern abzustoßen. Deren Aktien legen deutlich zu.

Der Finanzinvestor hält derzeit ein Aktienpaket von etwa 100 Milliarden Dollar an dem Konzern. Reuters

Tencentstand auf einer Internetmesse

Der Finanzinvestor hält derzeit ein Aktienpaket von etwa 100 Milliarden Dollar an dem Konzern.

Frankfurt Am Montagmorgen hatte der Anstieg bei gut 13 Prozent gelegen, danach weitete er sich auf mehr als 18 Prozent aus und lag später noch bei 15 Prozent: So reagierte der Aktienkurs auf die Ankündigung der niederländischen Holding Prosus, sich von Tencent-Anteilen zu trennen und damit Aktienrückkäufe zu finanzieren.

Dabei geht es nicht nur um Rückkäufe der eigenen Titel, sondern auch um Anteile der Muttergesellschaft, des südafrikanischen Medienkonzerns Naspers. Dessen Papiere lagen nach Mittag sogar um rund 25 Prozent im Plus und hielten sich später bei gut 20 Prozent.

„Prosus will eine kleine Anzahl von Tencent-Stammaktien regelmäßig und geordnet verkaufen und im Gegenzug Prosus- und Naspers-Aktien kaufen“, kündigte die Holding an. Dies soll ohne feste Begrenzung „so lange“ passieren, „wie der Börsenwert der Gruppe einen erhöhten Abschlag zum Inventarwert zeigt“.

Kurz gesagt: Die Gruppe möchte den eigenen Wert so lange erhöhen, bis er in etwa dem gesamten Wert aller Beteiligungen entspricht. Dieser Abschlag ist schon länger ein ärgerliches Thema für Prosus.

Im Detail heißt das, es sollten täglich Tencent-Aktien verkauft werden, aber nicht mehr als drei bis fünf Prozent des Handelsvolumens. Prosus hatte zuvor schon Aktien des chinesischen Konzerns verkauft und besitzt einen Anteil von knapp 30 Prozent. Prosus ist nach eigener Aussage trotzdem weiter von der langfristigen guten Perspektive von Tencent überzeugt.

Grafik

Außerdem hat Prosus einen Anteil an der chinesischen Holding JD.com verkauft, der Gegenwert von knapp 3,7 Milliarden Dollar soll in der Holding verbleiben. Damit wollen die Niederländer nach eigener Aussage auch ihre Bonität stärken und ihre gute Einstufung als „Investmentgrade“ unterstützen.

Prosus hat dieses Paket vor Kurzem im Rahmen einer speziellen Ausschüttung von Tencent bekommen und sieht es nicht als Teil seiner Strategie an. Tencent hat mit dieser Sonderausschüttung den eigenen Anteil an JD.com abgebaut, der 2014 erworben wurde.

Der Inventarwert (Net-Asset-Value), also der Wert der Prosus-Beteiligungen, lag nach Unternehmensangaben per 24. Juni bei 174 Milliarden Dollar, wovon allein 136 Milliarden auf Tencent entfielen, danach folgen unter den liquiden Anlagen JD.com mit 4,2 und Delivery Hero mit 2,8 Milliarden Dollar.

Rechnet man die Verbindlichkeiten in der Prosus-Bilanz von dem gesamten Net-Asset-Value ab, kommt man auf einen Wert von rund 145 Milliarden Euro. Prosus selbst war am Montagnachmittag an der Börse rund 110 Milliarden Euro wert, also deutlich weniger. Diese Lücke will das Management schließen.

Die Niederländer haben ihre Pläne zusammen mit den Zahlen für das letzte Geschäftsjahr bekannt gegeben, das mit vergangenem März ausgelaufen ist. Dabei ist der Nettogewinn der Gruppe auf 18,6 Milliarden Dollar gestiegen, nach 7,4 Milliarden Dollar im Vorjahr. Der Gewinn kam überwiegend durch Verkäufe von Anteilen zustande, die gut zwölf Milliarden beisteuerten.

Prosus konnte zunächst stark von der Pandemie profitieren

Die Aktien von Prosus sind 2019 in Amsterdam und danach auch in Johannesburg gelistet worden. Die Holding ist durch Ausgliederung der Tech-Investments aus dem südafrikanischen Naspers-Konzern entstanden. Naspers ist nach wie vor Mehrheitseigner, und das Management beider ist weitgehend verzahnt. Die Idee bei der Ausgliederung war, den Wert der Tech-Beteiligungen besser sichtbar zu machen.

Von Anfang an war der Anteil von gut 30 Prozent an Tencent, den Naspers relativ früh gekauft hatte, der mit weitem Abstand wichtigste Bestandteil von Prosus. Die Niederländer sehen sich aber als weltweite Investoren vor allem in konsumnahen Tech-Bereichen, etwa bei der Essenzulieferung.

Während diese Sektoren stark von der Pandemie profitierten, ist dieser Vorteil mit der Öffnung der Wirtschaft weggefallen. Außerdem hat die hohe Inflation zusammen mit der durch sie ausgelösten geldpolitischen Wende die Bewertungsbasis vieler Tech-Werte untergraben. Die Prosus-Aktie lag im Winter 2021 zeitweise bei fast 100 Euro, jetzt notiert sie bei etwa 60 Euro – der jüngste Sprung hat also nur einen Teil der Verluste wettgemacht.

Die Prosus Holding liegt mit der Bewertung von zurzeit rund 110 Milliarden Euro auf Platz neun im Euro Stoxx 50, dem Index für die größten Börsenwerte im Euro-Raum. In diesem Index sind als deutsche Aktien nur Linde und SAP weiter vorn vertreten. Die Muttergesellschaft Naspers, die knapp 55 Prozent hält, ist umgerechnet knapp 50 Milliarden Euro wert.

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