Markus Krall hatte an der Spitze des Edelmetallhändlers polarisiert. Nun muss er sich einen neuen Job suchen. Auch die Zukunft von Degussa ist offen.
Markus Krall
Nach drei Jahren an der Spitze von Degussa muss sich Krall einen neuen Job suchen.
Bild: Degussa
Zürich Der Goldhändler Degussa hat den Sprecher der Geschäftsleitung, Markus Krall, mit sofortiger Wirkung freigestellt. Das teilte das Unternehmen am Montagnachmittag in Frankfurt mit. Krall werde sich neuen beruflichen Herausforderungen widmen, hieß es in der Mitteilung. Zu den Gründen machte das Unternehmen keine Angaben. Bis ein Nachfolger gefunden ist, übernehmen die übrigen Vorstände Kralls Aufgaben.
Krall hatte als Degussa-Chef stark polarisiert. In Vorträgen und sozialen Medien hatte er jahrelang düstere Wirtschaftsprognosen verbreitet, den Klimawandel infrage gestellt und sich beispielsweise für ein liberales Waffenrecht oder die Einschränkung des Wahlrechts für Empfänger von Transferleistungen starkgemacht.
Erst vor zwei Wochen hatte die „Neue Zürcher Zeitung“ berichtet, dass das schweizerische Bistum Chur Krall zu einem Vortrag zunächst eingeladen, wegen seiner kontroversen Positionen aber schließlich wieder ausgeladen hat.
Der vor einem Jahr verstorbene Degussa-Eigner August von Finck junior hatte Krall 2019 an die Spitze seines Goldhändlers geholt, auch wegen dessen markiger Thesen. Von Finck trat als Förderer libertärer Thinktanks auf. Zudem soll er in der Gründungsphase die AfD unterstützt haben.
Nach seinem Tod übernahm sein Sohn August François von Finck die Degussa-Anteile. Kenner der Familie sagen, August François habe weder mit dem libertären Gedankengut des Vaters noch mit dem Goldhandel an sich viel anfangen können. Für viele in der Branche kommt die Ablösung Kralls daher nicht überraschend.
Als Manager trimmte Krall den Goldhändler auf Effizienz: Laut dem letzten im Bundesanzeiger verfügbaren Jahresabschluss von 2020 schrumpfte der Umsatz gegenüber dem Vorjahr von 2,5 Milliarden auf zwei Milliarden Euro.
Den Jahresüberschuss steigerte Krall von 5,8 Millionen Euro auf 43,3 Millionen Euro – ein Anstieg um mehr als 600 Prozent. Der größte Konkurrent Pro Aurum verdiente im gleichen Jahr rund 30 Millionen Euro bei 2,6 Milliarden Euro Umsatz. Insgesamt waren die Jahre 2020 und 2021 Rekordjahre für den Goldhandel.
In Branchenkreisen gilt Degussa inzwischen als Verkaufskandidat. Von Finck könnte die große Goldnachfrage im aktuellen Umfeld nutzen, um für den Händler einen ordentlichen Preis zu erzielen. Damit ist also nicht nur Markus Kralls Zukunft offen – sondern auch die Zukunft des Unternehmens selbst.
Erstpublikation am 28.11.22, um 19:25 Uhr.
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