China und USA erzielen eine vorläufige Einigung, um das Delisting chinesischer Unternehmen von den US-Börsen zu verhindern. Die US-Bilanzpolizei erhält Zugang zu Prüfungsunterlagen.
Alibaba Group
Rund 200 chinesischen Unternehmen droht ein Delisting von den US-Börsen. Durch eine Einigung zwischen den USA und China ist nun eine Lösung in Sicht.
Bild: Reuters
Im jahrelangen Streit zwischen den USA und China, um die Intransparenz chinesische Aktiengesellschaften ist eine Lösung in Sicht. Es ist ein erster Schritt, um das zwangsweise Delisting von rund 200 chinesischen Unternehmen von US-Börsen zu verhindern. Die US-Bilanzpolizei PCAOB soll Zugang zu den Prüfungsunterlagen chinesischer Unternehmen erhalten, die in den USA gelistet sind. Aufsichtsbehörden beider Länder haben dazu am Freitag eine vorläufige Vereinbarung unterzeichnet.
Der Nasdaq Golden Dragon Index, der 72 in den USA gelisteter China-Aktien umfasst hat seit Donnerstag, als erste Gerüchte über den bevorstehenden Deal bekannt wurden, mehr als zehn Prozent zulegt. Investoren hatten zuvor befürchtet, dass sich eine Einigung angesichts der wachsenden Spannungen zwischen China und den USA verzögern könnte. Das hatte im März zu einem regelrechten Ausverkauf bei China-Aktien in den USA gesorgt.
Die Analysten von JP Morgan Chase & Co. hatten im März mindestens zehn chinesische Internetaktien, darunter Alibaba, JD.com und Tencent als kurzfristig „nicht investierbar“ bezeichnet. Vor allem die chinesische Seite hat zuletzt auf eine Lösung gedrängt.
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Ihr Entgegenkommen ist ein seltener Kompromiss Pekings gegenüber Washington. Chinesische Finanzaufseher hatten zuletzt wiederholt versprochen hat, das Vertrauen in die Märkte zu stärken und gleichzeitig die nationalen Sicherheitsbedenken mit den Bedürfnissen der Unternehmen in Einklang zu bringen.
Die Verhandlungen zwischen Peking und Washington hatten sich intensiviert, nachdem staatliche Unternehmen wie China Life Insurance, PetroChina und China Petroleum & Chemical zuletzt angekündigt hatten, sich von den US-Börsen zurückziehen zu wollen. Zudem bemühten sich immer mehr Unternehmen wie Alibaba um eine sogenannte sekundäre Erstnotiz in Hongkong.
Allerdings ist die Vereinbarung nur der erste Schritt. Die PCAOB müsse eine große Zahl ihrer Inspektoren vor Ort einsetzen, und die Prüfung ausgewählter Unternehmen könnte Monate dauern, bevor eine Entscheidung über die Einhaltung der Vorschriften getroffen werde, hieß es.
Nach dem Bilanzskandal um die in New York gelistete chinesische Kaffeehauskette Luckin Coffee im Jahr 2020 hat der damalige US-Präsident Donald Trump die Offenlegungspflichten für börsennotierte Unternehmen aus dem Ausland verschärft. Das zielt vor allem auf chinesische Unternehmen. Allerdings galt eine Übergangsfrist von drei Jahren.
Daraufhin stieg die Zahl der IPOs chinesischer Unternehmen in den USA stark an. Viele Börsenkandidaten wollten die Gelegenheit eines prestigeträchtigen Börsengangs in New York noch nutzen. Hinzu kommt, dass die Regeln für Börsengänge in den USA laxer und die potenziellen IPO-Erlöse höher sind als in Hongkong oder an den chinesischen Festlandsbörsen.
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Fast alle chinesischen Unternehmen, die in den USA gelistet sind, nutzten eine bis vor kurzem bestehende Hintertür, um die strenge Prüfung der chinesischen Behörden für Auslandsbörsengänge zu umgehen. Dazu gründeten sie eine Dachgesellschaft in einer Steueroase wie den Kaimaninseln und brachten diese sogenannte Variable Interest Entity (VIE) an die Börse.
Ein Grund für die VIE-Struktur ist auch, dass China bislang keinen Check der Prüfungsunterlagen durch ausländische Aufseher wie die US-Bilanzpolizei PCAOB zuließ. Damit wollte die Volksrepublik verhindern, dass sensible Informationen in die Hände ausländischer Konkurrenten oder Regierungen geraten.
Nach dem Desaster um den Börsengang des chinesischen Fahrdienstleister Didi kritisierte Gary Gensler, Chef der US-Börsenaufsicht SEC, das Offshore-Konstrukt chinesischer Börsengesellschaften in den USA. „Um es ganz klar zu sagen: Weder die Investoren dieser Dachgesellschaften noch die Offshore-Gesellschaft selbst besitzen Anteile am operativen Geschäft in China.“ Kurz darauf veröffentlichte die SEC neue Offenlegungspflichten für VIE-Gesellschaften.
Seit März hat die SEC nahezu alle der 200 in den USA gelisteten China-Gesellschaften aufgefordert, dieser strengeren Informationspflicht nachzukommen, andernfalls drohe das Delisting. Diese Gefahr ist durch die vorläufige Einigung nun gesunken.
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