Die Zinsentscheide in den USA, der Schweiz und Großbritannien und die US-Vorgaben haben den Leitindex unter Druck gesetzt. Er nähert sich der 13.000-Punkte-Marke.
Händler an der Frankfurter Börse
Die Zinserhöhungen setzen den deutschen Aktienmarkt unter Druck.
Bild: dpa
Düsseldorf Nach den Zinserhöhungen in den USA, der Schweiz und in Großbritannien ziehen sich die Anleger am deutschen Aktienmarkt zurück: Der Dax ist am Donnerstag deutlich ins Minus gerutscht und schloss 3,3 Prozent tiefer bei 13.038 Punkten, gut 447 Zähler unter dem Stand des Vortages (13.485 Punkte). Das war der größte Tagesverlust seit dreieinhalb Monaten. Dabei hatte der Index nach der Eröffnung der US-Börsen seine Verluste ausgeweitet und lag zeitweise 3,5 Prozent tiefer.
Auch die US-Leitindizes Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 fielen direkt nach dem Handelsstart deutlich und gaben damit ihre Gewinne vom Mittwoch wieder ab. Analystin Tina Teng vom Broker CMC Markets begründet das Minus so: „Die hohe konjunkturelle Unsicherheit bleibt angesichts der verschlechterten Wachstumsaussichten bestehen.“
Die Währungshüter in den USA beschlossen am Mittwochabend die größte Zinserhöhung seit 1994: Die Federal Reserve (Fed) hob den Leitzins um 75 Basispunkte auf eine Spanne zwischen 1,5 und 1,75 Prozent an. Mit der Entscheidung lässt die Notenbank nach Ansicht von Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensberater QC Partners, keinen Zweifel daran, dass die Bekämpfung der Inflation an erster Stelle steht.
Die Teuerungsrate legte im Mai in den USA auf 8,6 Prozent zu – und erreicht damit das höchste Niveau seit Dezember 1981. Die Fed sieht die Preisstabilität bei einer langfristigen Inflationsrate von zwei Prozent. Mit ihrem Statement bekennt sich die Notenbank laut Altmann zu diesem Ziel. „Die Bekämpfung der Inflation hat im Moment ganz klar Vorrang vor der Stimulierung der Wirtschaft und der Unterstützung der Märkte.“
Nach den US-Währungshütern hoben auch deren Kollegen in der Schweiz nach mehr als sieben Jahren überraschend die Zinsen an. So gab die Schweizerische Nationalbank (SNB) am Donnerstag bekannt, dass der Leitzins und der Zins auf Sichteinlagen bei der Notenbank ab Freitag minus 0,25 Prozent betragen. Zudem stellte sie weitere Erhöhungen in Aussicht.
Der Schritt der Schweizer mache einmal mehr deutlich, wie sehr die EZB im Hintertreffen sei, sagte Ökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. „Die europäischen Währungshüter fahren derzeit im Bummelzug weiter und riskieren damit die Glaubwürdigkeit ihrer Geldpolitik.“
Laut Stratege Chris Scicluna von Daiwa Capital Markets zeigt die Entscheidung der Schweizer, dass es momentan nur eine Richtung für Zinsen gibt: nach oben. „Es deutet nur darauf hin, dass so ziemlich alle großen Zentralbanken am selben Strang ziehen.“
Der Schweizer Aktienindex brach nach der SNB-Entscheidung zeitweise um mehr als drei Prozent ein. Der Schweizer Franken wertete dagegen sowohl gegenüber dem Euro als auch gegenüber dem Dollar deutlich auf. Am Abend kostete ein Schweizer Franken rund 1,03 US-Dollar und 0,98 Euro.
Am frühen Donnerstagnachmittag zog die Bank of England (BoE) nach und erhöhte ihre Leitzinsen um 0,25 Punkte auf 1,25 Prozent. Die Währungshüter stellten zudem weitere Schritte in Aussicht.
Analysten hatten mit diesem Schritt gerechnet. Dennoch setzt die Entscheidung dem Pfund zu: Die britische Währung verzeichnete am Donnerstag Verluste. Zuletzt kostete sie 1,23 US-Dollar. Die durch diese Entscheidung verschärfte Pfund-Schwäche diene nicht gerade dazu, das Inflationsproblem zu lösen, sagte Naeem Aslam, Chefmarktanalyst des Brokerhauses Avatrade. Denn dadurch verteuerten sich Importe.
Neben Aktien werden Staatsanleihen abverkauft, die Renditen steigen deutlich: Die Verzinsung der zehnjährigen Bundesanleihe lag zeitweise bei 1,909 Prozent und erreichte damit den tiefsten Stand seit achteinhalb Jahren. Die zehnjährigen italienischen Papiere rentierten zeitweise neun Basispunkte höher bei mehr als vier Prozent.
Nach einem kurzen Stabilisierungsversuch nahmen Kryptowährungen ihre Talfahrt wieder auf. Der Bitcoin rutschte erneut unter die Marke von 21.000 Dollar und verlor zeitweise bis zu 3,7 Prozent auf 20.833 Dollar. Ethereum verbilligte sich um mehr als sieben Prozent auf 1091 Dollar. Timo Emden vom gleichnamigen Analysehaus meint: „Die Sorgen rund um Celsius Network schweben weiterhin wie ein Damoklesschwert über Bitcoin und Co.“
Das Krypto-Kreditunternehmen hatte jüngst infolge der jüngsten Kursturbulenzen am Markt Überweisungen und Transfers ausgesetzt. Es wachse die Furcht, dass weitere Unternehmen betroffen sein könnten.
Zalando: Am deutschen Aktienmarkt ging es für die Papiere des Onlinemodehändlers um 12,4 Prozent nach unten. Der britische Rivale Boohoo hat nach dem Ende des Corona-Lockdowns Umsatz eingebüßt. Zudem belastete eine Gewinnwarnung von Asos den Sektor.
Asos: Die Gewinnwarnung schickte die Aktien des britischen Onlinemodehändlers auf Talfahrt. Die Papiere brachen um gut 32 Prozent ein. Der Inflationsdruck habe das Einkaufsverhalten der Kunden zunehmend beeinträchtigt, weswegen die Prognosen nicht zu halten seien, teilte die Firma mit. In dem Ende August ablaufenden Geschäftsjahr werde nun ein bereinigter Vorsteuergewinn von 20 bis 60 Millionen Pfund erwartet, Analysten rechneten im Schnitt bislang mit 83 Millionen.
Nordex: Die Anleger straften den Windturbinenhersteller zunächst ab: Die Aktie verlor am Nachmittag etwa 2,6 Prozent. Sie konnte sich bis zum Handelsschluss allerdings erholen und lag am Ende 0,2 Prozent höher bei 9,42 Euro. Wegen Verstößen gegen Verbleibekriterien wie fristgerechte Quartalsberichte muss Nordex den SDax und den TecDax verlassen, wie die Deutsche Börse nun bekannt gab.
SM Solar: Der Solartechnikkonzern war als TecDax-Aufsteiger nach einem außerplanmäßigen Indexentscheid der Deutschen Börse gefragt. Die Aktie gewann zeitweise mehr als vier Prozent und schloss 0,3 Prozent höher bei 40,96 Euro.
Südzucker: Das Unternehmen baute seine Vortagesgewinne um mehr als drei Prozent aus. Analyst Oliver Schwarz von Warburg Research strich seine Verkaufsempfehlung und reagierte damit auf die erhöhten Jahresziele vor allem dank der hervorragenden Entwicklung bei Crop Energies. Die Aktie notierte zum Handelsschluss rund 3,3 Prozent höher bei 13,91 Euro.
Maersk: Die Konjunktursorgen im Zuge steigender Zinsen setzten den Aktien der dänischen Container-Reedereigruppe AP Moeller-Maersk zu. Die Papiere fielen in Kopenhagen zeitweise um bis zu 7,6 Prozent auf ein Achtmonatstief. „Die Investoren sind sich anscheinend des Risikoszenarios namens US-Rezession bewusst geworden“, sagte Nordnet-Analyst Per Hansen. Zuletzt notierte die Aktie 6,4 Prozent tiefer.
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