Dax-Kurve
„Böse Erinnerungen an Finanzkrise.“
Bild: Bloomberg Creative/Getty Images [M]
PremiumDer deutsche Leitindex bewegt sich seit dem 12. Januar in einer geringen Spanne seitwärts. Doch das könnte sich aus mehreren Gründen bald ändern.
Düsseldorf Am deutschen Aktienmarkt geht es zum Wochenauftakt leicht abwärts. Der Dax verliert bis zum Handelsschluss 0,2 Prozent und fällt auf 15.126 Punkte.
Seit dem 12. Januar bewegt sich der Dax seitwärts in einer Spanne zwischen 15.270 Punkten auf der Ober- und 14.906 Zählern auf der Unterseite. In der vergangenen Handelswoche lag die Spanne sogar bei nur gut 200 Punkten, ungewöhnlich niedrig. Je länger solche „Ruhephasen“ dauern, umso dynamischer erfolgt der anschließende Kursrutsch, lautet eine alte Börsenregel.
Die Entscheidungen der Notenbanken in dieser Handelswoche haben das Potenzial, dem deutschen Leitindex eine neue Richtung zu geben. Anleger achten vor allem auf den Zinsentscheid der US-Währungshüter am Mittwochabend nach Börsenschluss in Deutschland. Für den Kapitalmarktexperten Thomas Altmann steht fest: „Angesichts der bevorstehenden Notenbanksitzungen und der bereits weit gestiegenen Kurse würde mich etwas mehr Vorsicht und Zurückhaltung unter den Anlegerinnen und Anlegern nicht verwundern.“
Es ist aber sehr schwer, die neue Richtung zu prognostizieren. Anhand der Erwartungen und der Positionierungen der Anleger lassen sich allerdings Szenarien entwickeln, wie es nach einer Richtungsentscheidung am deutschen Aktienmarkt weitergehen dürfte.
Sollte der deutsche Leitindex die Marke von 15.270 Punkten überwinden und damit ein neues Jahreshoch markieren, könnte es weiter nach oben gehen. Das wäre eine Überraschung. Viele Investoren haben sich gegen fallende Kurse abgesichert, ablesbar am Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart, an der Privatanleger handeln, und an der Umfrage der Börse Frankfurt, bei der auch institutionelle Investoren einbezogen werden.
Zwar haben sich laut der aktuellen Frankfurter Erhebung einige Pessimisten von ihren Short-Positionen getrennt, doch der verbleibende Rest der Bären dürfte wahrscheinlich nicht tatenlos einem neuerlichen Dax-Anstieg zusehen. Sie müssten ihre Short-Engagements schließen und den steigenden Kursen hinterherlaufen. Und laut dem Euwax-Sentiment liegt der Anteil der Short-Hebelprodukte auf den Dax derzeit auf dem höchsten Niveau der vergangenen zwölf Monate.
Diese Mischung begünstigt eher einen sogenannte „Short-Squeeze“, einen fulminanten Kurssprung ohne entsprechende Neuigkeiten. Denn Shortseller setzen mit sogenannten Leerverkäufen auf fallende Kurse. Dafür leihen sie sich Aktien gegen eine kleine Gebühr und verkaufen diese sofort in der Hoffnung, dass die Kurse fallen und sie die Aktien vor dem Rückgabetermin günstiger zurückkaufen können. Die Differenz zwischen Verkaufs- und Rückkaufpreis ist ihr Gewinn.
Steigen die Aktien dagegen, verlieren Shortseller Geld und müssen Aktien zurückkaufen, damit die Verluste nicht ausufern. Das ermöglicht dann zusammen mit weiten Käufen einen Short-Squeeze.
Bei einem Ausbruch nach oben signalisiert die Charttechnik dann ein weiteres Plus von 270, vermutlich sogar 350 Punkten. Dann dürfte der Dax in den kommenden zwei, drei Monaten mindestens in dem Bereich 15.550 bis 15.600 Punkten notieren.
Auf der Unterseite liegt das Tief bei 14.906 Zählern, entscheidender dürfte aber die Marke von rund 14.800 Zählern sein. Gut möglich, dass der Dax tiefer fällt, doch die vielen Shortseller dürften zumindest einen schnellen Ausverkauf verhindern. Denn zunächst werden viele Pessimisten ihre Positionen schließen und den Index damit stützen.
Laut einer Umfrage der Börse Frankfurt benötigen die verbliebenen Bären für halbwegs profitable oder verlustfreie Rückkäufe einen Dax im Bereich von vermutlich 14.700/14.750 Zählern. Verhaltensökonom Joachim Goldberg erwartet auf diesem Niveau Nachfrage von den heimischen Anlageprofis.
In diesem Bereich liegen auch die Hochpunkte aus den Börsenmonaten November (14.584 Zähler) und Dezember (14.675 Punkte) des vergangenen Jahres, ergo wichtige Orientierungsmarken für Anleger. Einiges spricht dafür, dass der deutsche Leitindex spätestens in diesem Bereich Halt findet.
Dennoch dürfte es dann spannend werden. Jörg Scherer, Leiter technische Analyse bei HSBC Deutschland, erwartet nach Kursen unterhalb von 14.800 Zählern die erste ernstzunehmende Konsolidierung des Jahres. Doch diese Konsolidierung dürfte zunächst angesichts der vielen Shortseller nicht dramatisch ausfallen.
Deutlich tiefer, im Bereich von 14.000 Zählern, liegt der Ausgangspunkt für diese Jahresauftaktrally. Bei aktuell 13.613 Zählern liegt die 200-Tage-Linie, die im Fokus von langfristig orientierten Anlegern steht und derzeit täglich um rund fünf Punkte ansteigt. In den kommenden Wochen oder Monaten dürfte das Börsenbarometer diese Linie erneut testen.
In der vergangenen Handelswoche gab es zum Teil deutliche Kursgewinne an den US-Börsen, während der Dax nur seitwärts tendierte. Damit hat sich die zwischenzeitliche Outperformance beim deutschen Leitindex gegenüber großen US-Börsenbarometern seit Jahresbeginn wieder aufgelöst.
Der Dax hat seit dem 2. Januar rund acht Prozent zugelegt und liegt damit auf einem ähnlichen Niveau wie der S&P 500. Auffallend ist: Der Technologieindex Nasdaq schoss in diesem Zeitraum um zwölf Prozent nach oben, der industrielastige Dow-Jones-Index liegt nur 2,5 Prozent im Plus.
Diese gegenteilige Entwicklung beim Dax gegenüber den US-Leitindizes in der vergangenen Handelswoche dürfte auch mit dem Devisenmarkt zusammenhängen. Seit seinem Verlaufstief im September 2022 ist der Euro gegenüber dem Dollar um zwölf Prozent gestiegen, was Gewinnmitnahmen bei Dax-Werten für internationale Anlegerinnen und Anleger attraktiv gemacht hat. Kein Wunder, dass der Euro dann in der vergangenen Handelswoche leicht nachgegeben hat.
Automobilwerte: Im Dax geben BMW-Aktien am Montag um 1,6 Prozent nach. Die Berenberg-Privatbank hatte nach erreichtem Kursziel ihre Kaufempfehlung für den Autobauer kassiert. Die VW-Vorzüge schlossen dagegen nach zuversichtlichen Aussagen des Finanzvorstands zu den Gewinnaussichten im Geschäft mit der Elektromobilität leicht im Plus.
PNE: Die US-Investmentbank Morgan Stanley gibt ihren geplanten Verkauf von PNE-Anteilen auf und setzt damit die Aktien des deutschen Windparkbetreibers unter Druck. Die Titel des im SDax gelisteten Unternehmens fallen bis zum Handelsende um rund 16 Prozent. Gespräche mit potenziellen Interessenten über einen Erwerb der Beteiligung in Höhe von 40 Prozent würden derzeit nicht weitergeführt, hatte PNE am Freitagabend mitgeteilt.
Ryanair: Der irische Billigflieger hat im dritten Quartal seines Bilanzjahrs 2022/23 einen Rekordgewinn erzielt und trotz Inflation bei den Buchungen bislang eine „sehr robuste“ Entwicklung verzeichnet. Die Aktie gibt aber um 2,4 Prozent nach.
Commerzbank/Rheinmetall: Die Commerzbank-Papiere schlossen nach überraschend vorgelegten vorläufigen Jahreszahlen rund ein Prozent höher.
Nach zwei verlustfreien Jahren auf Basis des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen sieht sich die Commerzbank zudem gut gerüstet für die Linde-Nachfolge im Dax. Das Nachsehen hätte dann eventuell Rheinmetall, den Experten zuletzt als Nachrückkandidaten gesehen hatten - die Anteile am Autozulieferer und Rüstungskonzern fielen um 0,4 Prozent.
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