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23.03.2023

17:55

Dax-Kurve Bloomberg Creative/Getty Images [M]

Dax-Kurve

Wie sind die Perspektiven für den deutschen Leitindex?

Dax aktuell

Dax schließt unverändert – Erwartungen von Fed und Märkten klaffen auseinander

Von: Andreas Neuhaus

Der Ausverkauf an den US-Börsen setzte sich in Deutschland nicht fort. Zwei Marken sollten Anleger beim Dax nun beachten.

Düsseldorf Der deutsche Aktienmarkt hat den jüngsten Zinsentscheid in den USA gut verkraftet. Der Leitindex Dax schloss nahezu unverändert zum Vortag bei 15.210 Punkten. Am Nachmittag lag er lange im Plus, das Minus des Börsenbarometers betrug am gesamten Handelstag nie mehr als 0,9 Prozent.

In den USA hatte die Zinserhöhung der Notenbank Fed am Mittwochabend um weitere 0,25 Prozentpunkte deutlich heftigere Reaktionen ausgelöst. Der Leitindex Dow Jones und der marktbreite S&P 500 schlossen jeweils 1,6 Prozent im Minus. Am Donnerstag starteten beide Indizes aber mit Gewinnen in den Tag.

Beim Dax gilt es für Anleger nun zwei Marken zu beachten: Auf der Oberseite ist der Bereich rund um 15.300 Punkte wichtig. Darunter verläuft der gleitende Durchschnittskurs der vergangenen 50 Tage, der den kurzfristige Trend anzeigt. Zudem liegt hier das Januar-Hoch. Steigt der Dax nachhaltig darüber, wäre das ein Zeichen der Stärke und ein Zeichen für weitere Kursgewinne.

Auf der Unterseite gilt es die Aufwärtslücke bei 14.980 Punkten vom Dienstag zu beachten. Zu solchen Lücken kommt es, wenn der Tiefstkurs eines Handelstages über den Höchststand des Vortages liegt. Wird eine solche Aufwärtslücke nicht schnell geschlossen, wird sie zu einer Unterstützung. Sollte der Dax unter diese Marke fallen, würde auch die Unterstützung wegbrechen.

Für die aktuellen Marktreaktionen gibt es zwei Gründe.

1. Erwartungen der Fed und der Märkte klaffen auseinander

Investoren hatten damit gerechnet, dass die Fed am Mittwochabend das Ende der Zinserhöhungen signalisiert. Schließlich war es der steile Anstieg der Zinsen gewesen, der zur Pleite der Silicon Valley Bank geführt hatte und damit die Krise der Regionalbanken in den USA auslöste.

Doch die Fed reagierte anders als erwartet. Die Zinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte entsprach zwar den Markterwartungen, doch gleichzeitig stellte Notenbankchef Powell klar, dass die Bankenkrise nicht automatisch bedeutet, dass die Währungshüter den Kampf gegen die Inflation aufgeben.

Nach Einschätzung von Michael Heise, Chefökonom des Vermögensverwalters HQ Trust, zeigt die Fed damit ein gewisses Maß an Gelassenheit gegenüber den jüngsten Finanzmarkturbulenzen. „Ähnlich wie die EZB setzt die Fed auf eine Trennung von liquiditätspolitischen Maßnahmen zur Stabilisierung des Bankensystems und zinspolitischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation“, erklärt Heise.

Allerdings klaffen die Einschätzungen der Fed und des Marktes hinsichtlich der weiteren Zinsentwicklung weit auseinander. Aus den jüngsten Zinsprojektionen der Fed-Mitglieder, den Dot-Plots, geht hervor: Sie erwarten, dass der Leitzins Ende 2023 bei 5,00 bis 5,25 Prozent liegt. Das würde einem weiteren Zinsschritt um 0,25 Prozentpunkte und keinen Zinssenkungen entsprechen.

Märkte preisen mindestens zwei Zinssenkungen ein

Das Fed-Watch-Tool der größten Terminbörse CME zeigt dagegen aktuell für die letzte Dezembersitzung nur eine Wahrscheinlichkeit von 0,3 Prozent an, dass der Leitzins tatsächlich auf diesem Niveau liegen wird. Die Mehrzahl der Marktteilnehmer rechnet mit einem Leitzins in der Spanne von 4,00 bis 4,25 Prozent beziehungsweise 4,25 bis 4,50 Prozent. Das entspräche mindestens zwei Zinssenkungen um 0,25 Prozentpunkte ausgehend vom aktuellen Niveau.

Wir sind bereits seit Längerem der Auffassung, dass der steilste Zinserhöhungszyklus seit Jahrzehnten die zinssensitive Investitionsnachfrage der Unternehmen im Laufe dieses Jahres merklich unter Druck bringen und entsprechend eine Rezession auslösen wird. Andreas Busch, Bantleon-Ökonom

Andreas Busch, Volkswirt des Vermögensverwalters Bantleon, geht davon aus, dass die Fed die Leitzinsen spätestens im zweiten Halbjahr zur Stützung der Wirtschaft deutlich senken muss. „Wir sind bereits seit Längerem der Auffassung, dass der steilste Zinserhöhungszyklus seit Jahrzehnten die zinssensitive Investitionsnachfrage der Unternehmen im Laufe dieses Jahres merklich unter Druck bringen und entsprechend eine Rezession auslösen wird“, sagt Busch. Die aktuelle Verunsicherung im Bankensektor werde den Prozess tendenziell noch beschleunigen.

Dass die Erwartungen von Fed und Märkten so weit auseinanderklaffen, hat das Potenzial, die Märkte weiter zu bewegen. Denn langfristig können nicht beide recht haben, eine der Parteien wird ihre Erwartungen anpassen müssen – mit entsprechenden Reaktionen der Märkte.

2. Bankenkrise bleibt akutes Thema

Mit der weiteren Zinserhöhung bleibt auch eine weitere Ausbreitung der aktuellen Krise der US-Regionalbanken eine akute Gefahr. Die Hoffnung vieler Investoren war gewesen, dass es eine Blankoversicherung für Bankeinlagen gibt – diese Hoffnung wurde enttäuscht.

Damit bleibt ein weiterer Bankrun die größte Angst der Investoren, erklärt Analyst Jochen Stanzl vom Onlinebroker CMC Markets. Bei einem solchen versuchen viele Kunden gleichzeitig, ihre Einlagen abzuziehen. Da die Banken die Einlagen aber in langfristige Kredite umwandeln, die sie ausgeben, können niemals alle Kunden gleichzeitig bedient werden. Das kann zu einer Bankenpleite führen und auf andere Institute übergreifen.

„Die Fed hat so getan, als ob sie im Dunkeln tappe, und meinte, es sei zu früh, um die Situation der Banken abschließend einschätzen zu können“, sagt Stanzl. „Mit dieser Strategie hat sie wohl den Versuch unternommen, weitere Fragen der Journalisten für den Moment abzuwiegeln.“

Blick auf die Einzelwerte

Banken: Nach den Zinserhöhungen der Notenbanken in den USA (Mittwoch), Schweiz und Norwegen (jeweils Donnerstag) geraten europäische Bankentitel stärker unter die Räder. Titel der Commerzbank schlossen mit einem Minus von mehr als vier Prozent als Dax-Schlusslicht, die Aktien der Deutschen Bank verloren mehr als drei Prozent. Anleger hatten wegen der Verwerfungen im Bankensektor auf eine Zinspause gehofft.

Die Analysten der Citigroup stuften den europäischen Bankensektor von „Overweight“ auf „Neutral“ herunter. Die Fundamentaldaten für die Institute sähen zwar gesund aus. „Aber die anhaltende Vertrauenskrise könnte die Risikobereitschaft der Banken einschränken und den Kreditfluss verringern“, sagten die Aktienstrategen.

Rheinmetall: Die Aktie des Rüstungskonzerns gewann rund zwei Prozent. Hier gab es Fortschritte bei einer möglichen Bestellung von mehr als 100 Boxer-Panzern aus australischer Rheinmetallproduktion durch Deutschland.

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Nemetschek: Die Titel des Bausoftware-Herstellers zogen um fast 16 Prozent an, obwohl dieser wegen der Umstellung auf ein Abo-Modell 2023 mit einem langsameren Wachstum rechnet. Laut dem Stifel-Analysten Chandramouli Sriraman zeigt der Ausblick aber, dass sich das Abomodell in den kommenden Jahren bezahlt machen wird. Dann rechnet Nemetschek nämlich mit einer Wachstumsbeschleunigung.

Scout 24: Der Online-Immobilienmarktplatz zahlt seinen Aktionären nach einem kräftigen Gewinnzuwachs im vergangenen Jahr mehr Dividende. Das kam gut an, die Aktie stieg um viereinhalb Prozent.

Die Reaktion von weiteren Anlageklassen

Devisen: Der Euro legt leicht zu auf 1,09 Dollar. Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann erklärt das damit, dass sich das aktuelle Statement der US-Notenbank zum Zinsentscheid wesentlich vorsichtiger anhöre als noch im Februar.

Im Februar hieß es noch: „Der Ausschuss geht davon aus, dass weitere Erhöhungen des Zielbereichs angemessen sein werden.“ Nun schrieb die Fed: „Der Ausschuss geht davon aus, dass eine gewisse zusätzliche Straffung der Geldpolitik angemessen sein könnte.“

„Fed-Chef Jerome Powell hat diese vorsichtigere Sprache anschließend in der Pressekonferenz betont“, sagt Leuchtmann. „Da darf es nicht verwundern, dass der Dollar nicht dramatisch, aber doch deutlich nachgegeben hat.“

Anleihen: Am Anleihemarkt ist die Reaktion auf die Fed-Sitzung uneinheitlich. Nachdem jüngsten Anstieg der Renditen gaben sie zunächst nach, zuletzt agierten sie wieder auf dem Niveau des Vortags.

Gold: Der Goldpreis zieht an und liegt mit knapp 1994 Dollar aber noch unter dem am Montag erreichten Jahreshoch von 2010 Dollar.

Diese Marke könnte aber bald wieder in den Blick geraten, glaubt Alexander Zumpfe , Trader beim Edelmetallspezialisten Heraeus: „Sollte sich der Eindruck verfestigen, dass die Phase der Zinserhöhungen einem Ende entgegengeht, wird Gold weiterhin gefragt bleiben.

Preise über 2000 Dollar kommen dann wieder in Reichweite.“ Sein Rekordhoch erreichte das Metall mit 2075 Dollar im Jahr 2020.

Öl: Die Ölpreise erholen sich etwas von den zuletzt starken Verlusten. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Mai kostete zuletzt 76,50 Dollar und damit 0,3 Prozent mehr als am Vortag.

Der Erdölmarkt ist nach wie vor angeschlagen. In den vergangenen Wochen wurde er durch die Bankturbulenzen in den USA und Europa belastet. Die Rohölpreise waren Anfang dieser Woche auf 15-monatige Tiefstände gefallen. Seither hat sich die Lage an den Märkten wieder etwas entspannt.

Bitcoin: Der Kurs der ältesten und wichtigsten Kryptowährung liegt aktuell bei rund 28.477 Dollar. Damit hat er seine Verluste vom Vortag wieder aufgeholt. Nach der zuletzt starken Rally war es zwischenzeitlich zu Gewinnmitnahmen gekommen.

In einer vorherigen Version wurde die 50-Tage-Linie mit der 200-Tage-Linie verwechselt, wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

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