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13.01.2023

17:45

Dax-Kurve Bloomberg Creative/Getty Images [M]

Dax-Kurve

Wie sind die Perspektiven für den deutschen Leitindex?

Dax aktuell

Dax steigt ungebremst weiter – „Rally ist beeindruckend und beängstigend zugleich“

Von: Jürgen Röder

Der rasante Anstieg der Aktienkurse hängt auch mit dem Terminmarkt zusammen. Viele Profis haben Absicherungen verkauft. Eine womöglich brisante Entwicklung.

Düsseldorf Am deutschen Aktienmarkt erleben die Anleger historische Zeiten. Der Dax legt derzeit den wohl besten Börsenstart der vergangenen 33 Jahre hin. Sieben von neun Handelstagen hat der deutsche Leitindex im Börsenjahr 2023 positiv beendet. Das maximale Tagesminus lag bei lediglich 0,38 Prozent.

Der Jahresgewinn liegt nach nur neun Handelstagen bereits bei 1100 Punkten, seit Ende September sind es bereits plus 3200 Zähler. Für den Kapitalmarktexperten Thomas Altmann vom Investmenthaus QC Partners ist diese Serie "beeindruckend und beängstigend zugleich“.

Diese Serie ist so beindruckend, weil mittlerweile auch die wichtige Marke von 15.000 Punkten überwunden wurde. Dieser Bereich war von Mai 2021 bis Februar 2022 eine wichtige Unterstützung.

Dass der Dax sie so schnell und ohne einen vorherigen Rücksetzer überwinden konnte, ist schon eine Überraschung. Auch am heutigen Freitag schließt der Dax am frühen Abend bei 15.090 Zählern, ein Plus von 0,21 Prozent. Das neue Verlaufshoch dieser Aufwärtsbewegung seit Ende September liegt nun bei 15.132 Punkten, dem höchsten Kurs am heutigen Freitag.

Der schwache Start in die US-Berichtssaison konnte den Dax nur kurzzeitig aufhalten. Denn die Zahlen der US-Banken kamen nicht gut an. Die ersten Ergebnisse zeigen: Die Bank of America und JP Morgan hatten zwar die Erwartungen der Analysten übertroffen, die Papiere geben aber nach.

Die Serie ist zugleich beängstigend, weil aus technischer Sicht der Dax mittlerweile überkauft ist, also zu schnell zu hoch gestiegen ist. Was bedeutet: Ein deutlicher Rücksetzer ist wahrscheinlicher als weiter so rasant steigende Kurse.

Wie schnell so etwas gehen kann, hat der gestrige Handelstag gezeigt. Nach den US-Inflationsdaten rutschte der Dax am Donnerstag innerhalb weniger Minuten über 150 Punkte ab, bis wieder deutliches Kaufinteresse aufkam und den Leitindex erstmals seit Februar 2022 über der 15.000-Punkte-Marke schließen ließ.

Profis haben Absicherungen verkauft

Dass die Aktienmärkte so schnell so hoch gestiegen sind, hängt auch mit der Entwicklung am Terminmarkt zusammen. Denn die Rally nahm ab Mitte Dezember richtig Fahrt auf, und seitdem ging laut Altmann die Zahl der offenen Terminkontrakte in einem rasanten Tempo zurück.

Diese Kontrakte werden häufig zur Absicherung gegen fallende Kurse eingesetzt, sodass viele ausstehende Kontrakte einen hohen Absicherungsbedarf und eine hohe Skepsis bedeuten. Doch mit dem Verkauf solcher Put-Optionen haben die Shortseller den Markt beflügelt.

Shortseller wetten auf fallende Kurse, indem sie sich Aktien gegen eine kleine Gebühr von anderen Investoren ausleihen und direkt verkaufen. Sie setzen darauf, dass der Kurs fällt und sie die Aktie vor dem Rückgabetermin günstiger zurückkaufen können.

Um ihre Short-Wetten zu beenden, müssen die Profianleger Aktien kaufen. Damit stützen sie tendenziell den Preis. „Dieses Schließen der Absicherungspositionen hat einen großen Anteil an der aktuellen Aufwärtsbewegung“, meint Altmann.

Dass viele Profis ihre Absicherungspositionen am Terminmarkt geschlossen haben, ist für die weitere Entwicklung mittelfristig negativ zu werten. „Eine niedrige Absicherungsaktivität in Form weniger ausstehender Kontrakte hat in der Vergangenheit häufig eine Trendwende nach unten angekündigt“, erläutert Altmann.

Denn ohne Absicherung werden viele Profianleger gezwungen sein, in einen ersten Rücksetzer hinein Positionen zu verkaufen oder sich wieder abzusichern. In beiden Fällen wird verkauft. Das kann einen beginnenden Kursrutsch dann beschleunigen.

Konstruktive Anlegerstimmung

Laut der Umfrage der Börse Frankfurt unter mittelfristig orientierten Privatanlegern und institutionellen Investoren haben beide Anlegergruppen auf die starken Kursgewinne mit Verkäufen reagiert. Nach Ansicht von Joachim Goldberg, der die Erhebung auswertet, hat die Erholung viele auf dem falschen Fuß erwischt, und sie wird jetzt als überzogen betrachtet.

Das ergibt dem Verhaltensökonomen zufolge eine gute stimmungstechnische Ausgangslage. Denjenigen, die auf fallende Kurse gesetzt haben, könnte ein Rücksetzer bis auf 14.350/14.400 Punkte reichen, um ihre Short-Positionen zu schließen und damit den Markt zu stützen. Laut Goldberg sollten die verbliebenen Pessimisten weiteren Kursgewinnen nicht mehr lange zusehen können.

US-Berichtssaison startet – Bankaktien geben nach

Doch welches Ereignis könnte eine Trendwende auslösen? Neben der Sitzung der US-Notenbank am 1. Februar ist das vor allem die US-Berichtssaison, die am heutigen Freitag mit den ersten US-Großbanken startet. „Die Berichtssaison wird maßgeblich über die Richtung an den Börsen in den kommenden Wochen mitentscheiden“, meint auch Altmann.

Bei den Konsumaktien ist der Verlauf des Weihnachtsgeschäfts 2022 wichtig. Daraus lässt sich ablesen, wie konsumfreudig oder sparsam die für die US-Konjunktur so wichtigen privaten Einkäufer aktuell sind. Klar ist aber auch: Ein überraschendes Ereignis dürfte den Markt mehr beeinflussen als Termine, die vorher bekannt sind.

Blick auf Einzelwerte

United Internet: Ein Medienbericht zu einem möglichen Börsengang der Hosting-Tochter Ionos treibt die Aktie von United Internet an. Die Titel des IT-Dienstleisters steigen um 2,4 Prozent. United Internet habe frühe Gespräche mit Fondsmanagern geführt, um ein Gefühl für die Nachfrage zu bekommen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Donnerstagabend unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.

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Hella: Der Autozulieferer hat von einer hohen Nachfrage nach seinen Produkten profitiert und Umsatz und Gewinn gesteigert. „Hierzu haben im Wesentlichen die höheren Volumina, die Weitergabe von Preissteigerungen sowie unser effizientes Kostenmanagement beigetragen“, erklärte Hella-Chef Michel Favre die höhere Profitabilität. Die Jahresprognose bestätigte der Autozulieferer. Die Aktie stieg zwischenzeitlich um 0,2 Prozent auf 80,75 Euro, sank dann aber zum Börsenschluss wieder auf 79,90 Euro.

Hugo Boss: Nach einer Herabstufung fallen die Titel der deutschen Modefirma um mehr als zwei Prozent auf 59,66 Euro. Die Analysten der Bank of America haben die Papiere auf „underperform“ von „neutral“ herabgestuft und das Kursziel auf 50 von 52 Euro gesenkt. Es werde dem Konzern schwerfallen, noch besser als im Erfolgsjahr 2022 abzuschneiden - zumal er nur begrenzt von einer wirtschaftlichen Erholung in China profitieren könne, hieß es.

Automobilwerte: Preissenkungen beim US-E-Autobauer Tesla für Kunden in Europa und den USA den gesamten Sektor auf Talfahrt. Die Titel von Renault, Stellantis und Volkswagen fielen um bis zu 3,8 Prozent. Der europäische Sektorindex bröckelt bis zu 2,4 Prozent ab, der größte Tagesverlust seit Dezember 2022. Die Aktien des US-Elektroautobauers fallen an der US-Börse um 0,4 Prozent.

Hier geht es zur Seite mit dem Dax-Kurs, hier gibt es die aktuellen Tops & Flops im Dax.

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