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09.03.2023

18:02

Dax-Kurve Bloomberg Creative/Getty Images [M]

Dax-Kurve

Wie sind die Perspektiven für den deutschen Leitindex?

Dax aktuell

Dax trotzt höheren Bondrenditen – Anleger werfen Immobilienwerte aus dem Depot

Von: Jürgen Röder

Nach anfänglichen Verlusten kommt am deutschen Aktienmarkt wiederholtes Kaufinteresse auf. Ein Termin am Freitag könnten nun wegweisend sein.

Düsseldorf Der deutsche Aktienmarkt zeigt sich erstaunlich robust gegen negative Nachrichten – vor allem bei der Zinsentwicklung. Der Dax schloss am Donnerstag unverändert bei 15.633 Punkten.

Der Handel verlief im Vergleich zu den jüngsten Sitzungen eher ruhig. Der Leitindex lag bis zum Nachmittag fast durchgehend im Minus, ehe ihn freundliche US-Börsen ein Stück weit nach oben hievten.

Das Tagestief lag bei 15.535 Zählern und damit in der Nähe des Tiefpunktes, den der Dax nach der Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell erreicht hat. Powell hatte am Dienstag mit seiner Ankündigung, mehr Tempo bei den Zinserhöhungen zu machen, den Dax rund 200 Punkte abrutschen lassen.

Aus der Nähe der beiden Tiefpunkte innerhalb von drei Handelstagen lässt sich schlussfolgern, dass knapp oberhalb von 15.500 Zählern kurzfristiges Kaufinteresse vorherrscht.

Somit ist der Dax weiter in der Nähe seines zuletzt erreichten Jahreshochs von 15.706 Punkten und außerdem nur knapp vier Prozent unter dem Rekordhoch von 16.290 Zählern – eine interessante Entwicklung.

Die Worte Powells treiben die Zinserwartungen nach oben und wirken sich besonders auf den Anleihemarkt aus. Die Renditen für Bonds mit zweijähriger Laufzeit – diese Anleihen reagieren besonders sensibel auf Veränderungen der Geldpolitik – haben Mehrjahreshochs erreicht.

So ist die Rendite für zweijährige US-Staatsanleihen auf bis zu 5,08 Prozent gestiegen, das ist der höchste Wert der vergangenen 16 Jahre. Auch die Rendite für zweijährige Bundesanleihen erreichte mit zeitweise 3,38 Prozent am Donnerstag den höchsten Stand seit 2008.

Anlageprofis bleiben skeptisch

Sowohl die Anlageprofis als auch die privaten Anleger haben das neue Jahreshoch am vergangenen Dienstag genutzt, um Gewinne mitzunehmen. Das lässt sich aus der aktuellen Sentimentumfrage der Börse Frankfurt unter mittelfristig agierenden Investoren ableiten. Das erklärt auch, warum es nach dem Rekordhoch schnell wieder abwärtsging.

Fünf Prozent der befragten Profis haben verkauft und warten nun ab, bevor sie wieder einsteigen. Bei den privaten Anlegern verkauften 15 Prozent, die Hälfte von ihnen ging „short“, erwartet also noch weiter fallende Kurse.

Laut dem Verhaltensökonomen Joachim Goldberg, der die Erhebung auswertet, begegnen beide Anlegergruppen Kursgewinnen beim Börsenbarometer mit Skepsis. Vor allem bei den institutionellen Investoren scheint diese Skepsis grundsätzlich stärker ausgeprägt zu sein. Allerdings ist der Pessimismus absolut betrachtet klein und dürfte also kaum marktbewegend sein.

Goldberg erwartet größeres Kaufinteresse bei den Investoren wieder zwischen 15.220 und 15.270 Zählern. „Allerdings würde diese Nachfrage nicht ausreichen, um sich etwaigen größeren und langfristigen Kapitalabflüssen etwa aus dem Ausland nachhaltig entgegenstellen zu können“, meint der Sentimentexperte. Für solche Abflüsse gebe es derzeit jedoch auch noch keine Indizien.

Hellofresh und Varta bleiben im Fokus der Shortseller

Die Hellofresh-Aktie ist am Donnerstag mit 17,83 Euro auf den tiefsten Stand seit knapp drei Jahren gefallen. Seit dem Höchstkurs Ende 2021 mit 97,50 Euro hat das Papier mehr als 80 Prozent verloren. Und behalten die Hedgefonds recht, ist noch kein Ende der Talfahrt in Sicht.

Denn die Aktie bleibt der Lieblingswert der Shortseller – zusammen mit dem Varta-Papier. Bei keinen anderen Anteilsscheinen ist der Anteil von Leerverkäufen so hoch wie bei dem Batteriehersteller und dem Kochboxenversender.

Derzeit gibt es bei Varta laut der Datenbank des Bundesanzeigers eine Leerverkaufsquote von 8,91 Prozent aller frei handelbaren Aktien. Diese Quote liegt bei Hellofresh bei 8,46 Prozent. Im Gegensatz zum Kochboxenversender ist die Varta-Aktie allerdings seit Ende Dezember wieder um knapp 50 Prozent gestiegen.

Shortseller setzen mit sogenannten Leerverkäufen auf fallende Kurse. Dafür leihen sie sich Aktien gegen eine kleine Gebühr und verkaufen diese sofort in der Hoffnung, dass die Kurse fallen und sie die Aktien vor dem Rückgabetermin günstiger zurückkaufen können. Die Differenz zwischen Verkaufs- und Rückkaufpreis ist ihr Gewinn.

Dass die Shortseller ihre Positionen nicht glattstellen, ist eher ein Indiz für weitere Kursverluste bei beiden Aktien. Denn Möglichkeiten, hohe Gewinne zu realisieren, gab es in den vergangenen Monaten zuhauf.

Ein wichtiger Termine am Freitag

Eine Vorentscheidung über den künftigen Weg am deutschen Aktienmarkt könnte der morgige Freitag bringen. Denn es steht der US-Arbeitsmarktbericht an.

Der US-Arbeitsmarktbericht, der an jedem ersten Freitag des Monats veröffentlicht wird, hat besondere Bedeutung bekommen, weil laut US-Notenbankchef Powell noch keine Entscheidung über den Umfang des Zinsschritts im März gefallen ist. Entsprechend könnte der Bericht die Frage beantworten: Werden die Zinsen am 22. März um 25 oder um 50 Basispunkte erhöht?

Im Arbeitsmarktbericht erwarten Ökonomen für den Monat Februar ein Stellenplus von 203.000, nach 517.000 im Januar. Eine wichtige Zahl dürfte auch die Höhe der gestiegenen Löhne sein, sie ist ein Gradmesser für die künftige Inflationsentwicklung.

Beim Hexensabbat, der am Freitag nächster Woche stattfindet, liegt laut den Daten des Anbieters Stockstreet der größte Teil der dann fälligen Calls zwischen 16.100 und 15.500 Punkten. Die Käufer dieser Calls haben ein Interesse, dass der Dax möglichst weiter nach oben steigt.

Die Verkäufer dieser Call-Optionen, im Fachjargon „Stillhalter“ genannt, wollen möglichst Kurse unterhalb des Abrechnungskurses. Diese Verkäufer sind meist Banken oder institutionelle Anleger, die den Basiswert der Option im eigenen Depot halten. Gut möglich, dass der Dax-Abrechnungskurs am Freitagmittag innerhalb dieser Spanne liegt.

Blick auf die Einzelwerte

Nordex: Die schwächelnde Konjunktur hat die Ertragskraft des Windkraftanlagenbauers stärker beeinträchtigt als erwartet. Die operative Gewinnmarge hat vorläufigen Berechnungen zufolge 2022 bei minus 4,3 Prozent gelegen. Prognostiziert war eine Spanne von null bis minus vier Prozent. Die Nordex-Aktie verlor bis zu einem Prozent, drehte anschließend aber in die Gewinnzone und legte über sechs Prozent zu. Sie war stärkste Aktie im Nebenwerteindex MDax.

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Gerresheimer: Dahinter folgte die Aktie von Gerresheimer mit einem Plus von fünf Prozent. Händlern zufolge haben die Analysten von JP Morgan die Titel von „neutral“ auf „overweight“ hochgestuft.

LEG: Dass der MDax dennoch im Minus schloss, lag unter anderem an der LEG-Aktie. Sie brach über elf Prozent ein auf 60 Euro. Der Immobilienkonzern hatte angekündigt, die Dividende auszusetzen. Auch andere Branchenwerte verloren deutlich: TAG Immobilien lag 4,5 Prozent tiefer, Aroundtown 6,3 Prozent und Vonovia fünf Prozent.

Deutsche Post: Nach einem zurückliegenden Rekordjahr stellt sich das Unternehmen schon für 2023 auf schrumpfende Gewinne ein. Für Enttäuschung an der Börse sorgt der Dividendenvorschlag. Obwohl die Deutsche Post den Konzerngewinn auf 5,4 Milliarden Euro steigerte und damit über den Erwartungen der Analysten lag, soll es je Anteilsschein lediglich 1,85 Euro Dividende geben. Erwartet wurden 1,89 bis 1,91 Euro. Allerdings kündigte der Vorstand an, sein bislang zwei Milliarden Euro umfassendes Aktienrückkaufprogramm um eine Milliarde Euro zu erweitern. Die Aktie stieg um 1,5 Prozent.

Hannover Rück: Der Rückversicherer schüttet an seine Aktionäre insgesamt sechs Euro je Aktie für das abgelaufene Jahr aus. Die Gesamtdividende setzt sich aus einer Basisdividende von fünf Euro und einer Sonderdividende von einem Euro zusammen. Die Gesamtsumme übertrifft die Ausschüttung aus dem Vorjahr. Die Aktie gab dennoch 3,4 Prozent ab.

Anmerkung: In einer ursprünglichen Version stand, dass am morgigen Freitag der große Verfallstag ist. Dieser Termin ist erst Freitag nächster Woche, der Fehler wurde korrigiert.

Hier geht es zur Seite mit dem Dax-Kurs, hier gibt es die aktuellen Tops & Flops im Dax.

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