Ausgehend von der neuen Bestmarke ergeben sich verschiedene Szenarien – ein schneller Einbruch ist nicht in Sicht. Auf Wochensicht legte der Dax 2,3 Prozent zu.
Dax-Kurve
Wie sind die Perspektiven für den deutschen Leitindex?
Bild: Bloomberg Creative/Getty Images [M]
Düsseldorf Der deutsche Aktienmarkt bestätigt zum Wochenausklang seine starke Form. Am Freitag schloss der Dax 0,2 Prozent höher bei 16.054 Punkten. Das Tageshoch lag bei 16.084 Zählern und damit noch knapp über der Bestmarke, die der Leitindex am Donnerstag markiert hatte. Auf Wochensicht bedeutet dies einen Anstieg von 2,33 Prozent.
Der Freitagshandel hat dazu gedient, die neuen Rekorde zu verarbeiten. Die Handelsspanne war gering, das gehandelte Volumen ebenso. Neue Jobdaten aus den USA bestätigten am Nachmittag das positive Bild. An der Wall Street stiegen die wichtigsten Indizes erneut auf neue Rekordstände.
Trotz der verhältnismäßigen ruhigen Bewegung im Gesamtmarkt hat die Dax-Tafel am Freitag deutliche Ausschläge bei den Einzelwerten gezeigt. Gefragt waren vor allem konjunkturabhängige Werte: Die MTU-Aktie ist über die Marke von 200 Euro gestiegen und lag mit plus 6,5 Prozent an der Dax-Spitze. Auch die Autobauer VW und BMW sowie Airbus, Puma und Adidas haben zu den Favoriten gehört. Die Lufthansa war mit plus 5,7 Prozent bester MDax-Wert.
An anderer Stelle haben Anleger ordentlich Kasse gemacht. Die Papiere von Sartorius stiegen erstmals über die Marke von 600 Euro – und rutschten dann unter 544 Euro. Der Laborausrüster lag mit minus 7,8 Prozent am Dax-Ende. Ähnlich erging es den Merck-Papieren, die auf einen Rekordwert von über 219 Euro stiegen und dann steil nach unten rutschten. Bei beiden Papieren hat der Handel nach den erreichten Bestmarken enorm angezogen.
Aus Deutschland kamen am Morgen schwache Zahlen zur Lage der Industrie, die wirkten sich aber kaum auf den Gesamtmarkt aus.
Ausgehend von der Entwicklung am Donnerstag ergeben sich verschiedene Szenarien – doch es sieht nicht danach aus, als müsste die gegenwärtige Marktlage Anleger in Unruhe versetzen.
Es wirkt, als hätte es den einen, größeren Auslöser gebraucht, um auch die letzte Hürde bis zu einer neuen Bestmarke zu nehmen. Die US-Notenbank Fed hat diesen Rückenwind dann mit ihrer Ankündigung geliefert, die Anleihekäufe bereits ab dem laufenden Monat einzuschränken. Das mag auf den ersten Blick zwar widersprüchlich klingen. Gleichwohl war dieser Schritt längst erwartet worden – und alle Marktteilnehmer haben Klarheit über das weitere Vorgehen.
Die weiter anhaltende Rally an der Wall Street beflügelt daher auch die deutschen Aktienmärkte. Neben dem geldpolitischen Impuls trägt auch die positive Berichtssaison zur guten Stimmung bei. Die Unternehmenswelt hat in den vergangenen Tagen – Ausnahmen bestätigen erfahrungsgemäß die Regel – erneut starke Zahlen vorgelegt. Dieser Faktor darf in der Debatte um Kursrekorde in Zeiten hoher Inflation nicht außer Acht gelassen werden.
Ein weiteres, wichtiges Signal: Der Dax hat sich am Donnerstag auch per Tagesschlusskurs erstmals über der Marke von 16.000 Punkten gehalten – ein prozyklisches Kaufsignal. Die Charttechniker von HSBC Deutschland sprechen von einem Vorstoß in „uncharted territory“.
Aus technischer Sicht sind dabei auch zwei Aufwärtskurslücken interessant. Schon seit dem Wochenauftakt gibt es einen Gap zwischen 15.760 und 15.690 Punkten. Am Donnerstag hat der Dax zwischen 15.998 und 15.973 Punkten eine weitere kleine Aufwärtskurslücke aufgerissen.
Diese entstehen, wenn der tiefste Punkt des Handelstages über dem höchsten Punkt des Vortages liegt. In diesem Bereich hat folglich kein Handel stattgefunden. Aus technischer Sicht gilt eine solche Entwicklung als ein Zeichen von Stärke.
Auch der mehrwöchige Vergleich von Hoch- und Tiefständen offenbart ein positives Bild: Der Dax befindet sich seit mehreren Wochen in einem Aufwärtstrend. Auf Wochenbasis werden seit der zweiten Oktoberwoche sowohl die höchsten Notierungen als auch die tiefsten Kurse immer höher. In der laufenden Woche ist dies sogar auf Tagesbasis gelungen. Damit sich dieser Trend fortsetzt, dürfte der Dax in der nächsten Woche nicht unter 15.760 Punkte fallen.
Der Kursanstieg in den vergangenen Wochen, der den Leitindex am Donnerstag auf seine neue Bestmarke gehievt hat, ist sehr dynamisch verlaufen – der Index ist in kurzer Zeit sehr stark gestiegen. Anfang Oktober kämpfte der Dax noch mit der 15.000er-Marke. Das macht das Börsenbarometer anfällig für eine Korrekturbewegung.
Unter privaten und professionellen Anlegern herrscht auf dem aktuellen Niveau eine hohe Bereitschaft, Positionen aufzulösen und Gewinne einzustreichen. Das geht aus verschiedenen Sentimentindikatoren hervor.
Möglicherweise haben Investoren schon am Donnerstag verkauft. Sollte dies zutreffen, haben im Gegenzug Anleger an der Seitenlinie die Chance zum Einstieg genutzt. Darauf deutet auch das hohe Handelsvolumen mit etwa 76 Millionen gehandelten Papieren am Donnerstag hin.
Dies war in den vergangenen Monaten mehrmals zu beobachten: Neue Käufer treten auf den Markt, sodass mögliche Rückschläge kaum sichtbar werden. „Entscheidend wird hier sein, wie sich das Verhältnis zwischen Käufern und Verkäufern entwickelt“, sagt Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Ohnehin hat das Handelsvolumen in den vergangenen Tagen – vom eingeschränkten Handel an Allerheiligen abgesehen – deutlich angezogen.
Dass Anleger vorsichtiger agieren, zeigt auch der Blick auf das Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart. Der Indikator notiert im negativen Bereich – Anleger haben vermehrt zu Put-Produkten gegriffen, die bei fallenden Kursen an Wert verlieren.
Die Absicherung der Anleger kann den Märkten nur guttun: Sollte der Dax fallen, wirkt der Put-Überhang dem entgegen. Sollte es in die andere Richtung gehen, könnten sich Anleger gezwungen sehen, ihre Absicherung aufzulösen – was den Markt weiter beflügelt.
Die Situation auf dem US-Arbeitsmarkt hat sich im Oktober noch einmal verbessert. Es entstanden 531.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft, wie die Regierung in Washington am Freitag mitteilte. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote sank im Oktober auf 4,6 von zuvor 4,8 Prozent und damit stärker als erwartet. Die neuen Daten fielen noch besser aus als erwartet.
Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, legte zu und ist damit auf dem höchsten Stand seit 13 Monaten. Das drückte wiederum den Euro mit 1,1513 Dollar auf den niedrigsten Stand seit 15 Monaten.
Der Euro-Dollar-Kurs steht schon seit längerem unter Druck. Ausschlaggebend ist für Experten vor allem die Geldpolitik: Während die US-Notenbank Federal Reserve in dieser Woche erste Schritte in Richtung einer weniger expansiven Ausrichtung unternommen hat, ist ähnliches im Euro-Währungsraum noch nicht zu erkennen. Zusätzlichen Auftrieb erhielt der Dollar am Freitag dann durch die robusten Konjunkturdaten.
Die Anleger hatten Jobdaten aus den USA in den vergangenen Monaten sehr genau verfolgt. Sie hatten sich Hinweise auf das weitere Vorgehen der Fed erhofft, die eine robuste Erholung auf dem Arbeitsmarkt stets zur Bedingung gemacht hat, um die Geldpolitik anzupassen. Zwar hat die Fed die geldpolitische Wende nun eingeleitet, dennoch könnten sich aus den Arbeitsmarktdaten neue Perspektiven ergeben, wann die Notenbank mögliche Zinsschritte vollzieht.
„Die Zinserhöhungserwartungen könnten wieder Fahrt aufnehmen, ungeachtet der Beteuerungen der Fed, dass die Zeit für Zinserhöhungen noch nicht reif sei“, kommentierte Ralf Umlauf von der Helaba. Bastian Hepperle vom Bankhaus Lampe führte jedoch relativierend an, dass trotz der starken Zahlen das Beschäftigungsniveau vor der Pandemie noch weit entfernt sei.
Anleger flüchteten am Freitag aus der Varta-Aktie. Die Papiere des Batterieherstellers sind am Freitag um bis zu 20 Prozent eingebrochen und steuerten auf den bislang größten Tagesverlust zu. Geschlossen hatte die Aktie mit minus 14,7 Prozent. Zum ersten Mal seit über einem Jahr fiel das Papier im frühen Handel sogar unter die 100-Euro-Marke. Am Donnerstag hatte es bei 128 Euro geschlossen.
Einige Kunden seien von Verzögerungen bei der Lieferung von Rohstoffen oder Halbleitern betroffen, teilte Varta mit. Einige hätten auch durch Lockdowns in Asien ihre Produktion unterbrochen. Zudem habe der verzögerte Start neuer Kundenprojekte belastet.
Der Vorstand hat den erwarteten Umsatz für das Jahr 2021 um 40 Millionen auf 900 Millionen Euro reduziert. Die Prognose für das operative Ergebnis (Ebitda) von 275 Millionen Euro und eine Ebitda-Marge von 30 bleibt erhalten. In der nächsten Woche gibt der Konzern seine Zahlen fürs dritte Quartal bekannt.
Der pessimistische Ausblick belaste das Vertrauen der Anleger in das Unternehmen, sagt DZ Bank-Analyst Michael Punzet. Er stufe die Titel daher auf „Verkaufen“ von „Kaufen“ herunter und senke den fairen Wert auf 90 von 145 Euro. Die Aktie war im Sommer beflügelt worden, nachdem das Handelsblatt erfahren hatte, dass Varta den Sportwagenbauer Porsche künftig mit Hochleistungsbatterien beliefert.
United Internet: Der deutsche Telekom-Milliardär Ralph Dommermuth erwägt die Übernahme des von ihm gegründeten Internet- und Mobilfunkanbieters. Konkret gehe es um eine Aufstockung auf 51 Prozent von derzeit 42 Prozent zu einem Preis von 35 Euro je Aktie, wie aus einer am Donnerstagabend veröffentlichten Pflichtmitteilung des Unternehmens hervorgeht. Die Aktie gewann im MDax 4,7 Prozent. Dommermuth ist auch Chef des Konzerns.
Uniper: Die gestiegenen Erdgaspreise schieben die Geschäfte des Energiekonzerns an. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg in den ersten neun Monaten auf 614 Millionen Euro. Der bereinigte Konzernüberschuss stieg ebenfalls um mehr als die Hälfte auf 487 Millionen Euro. Die Aktien des Energiekonzerns stiegen im MDax um ein knappes Prozent und waren mit 39,34 Euro so teuer wie nie. Dann setzten Gewinnmitnahmen ein.
Rheinmetall: Der Autozulieferer und Rüstungskonzern sieht sich trotz getrübter Umsatzerwartungen für 2021 im Aufwind. Die endgültigen Zahlen fürs dritte Quartal stimmten Anleger optimistisch, die Titel gewannen bis zu drei Prozent. Rheinmetall habe ein solides Quartal hinter sich, selbst im Autobereich, sagte ein Händler. Die Aktie schloss am Freitag mit plus 2,3 Prozent.
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