Österreichs Notenbankchef Holzmann hat die Coronakrise als Chance für eine „schöpferische Zerstörung“ bezeichnet. Nun sieht sich die EZB genötigt, seine Äußerungen zu kommentieren.
Robert Holzmann
Der österreichische Notenbank-Gouverneur ist immer für eine Überraschung gut.
Bild: imago images/photonews.at
Frankfurt Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht sich genötigt, zu einem Interview des österreichischen Notenbank-Präsidenten Robert Holzmann Stellung zu nehmen, das sie offenbar in hohem Maße problematisch findet.
In der EZB-Mitteilung vom Mittwoch heißt es: „Der EZB-Rat war einstimmig zu dem Schluss gekommen, dass zusätzlich zu den am 12. März beschlossenen Maßnahmen die EZB weiterhin die wirtschaftlichen Folgen der Ausbreitung des Coronavirus genau beobachtet und bereitsteht, alle ihre Maßnahmen, wenn es angemessen und nötig ist, anzupassen, um die Liquidität des Bankensystems und die störungsfreie Übertragung ihrer Geldpolitik in alle Länder zu sichern.“
Kurz gesagt: Die Notenbank hilft weiterhin, wo sie kann, wenn es im Finanzsystem klemmt oder einzelne Staaten unter Druck geraten.
Holzmann gehört, wie alle nationalen Notenbank-Chefs des Euro-Raums, zusammen mit dem Direktorium zum EZB-Rat. Er ist von der rechtspopulistischen FPÖ ins Amt gehoben worden. Die EZB hatte in der vergangenen Woche umfangreiche Kredite an die Geschäftsbanken und neue Zukäufe von Anleihen beschlossen.
Holzmann hatte der österreichischen Zeitung „Der Standard“ nun gesagt: „Jede Wirtschaftskrise ist auch eine Reinigung. Sie kennen sicher Joseph Schumpeter und seine Theorie der schöpferischen Zerstörung. Schon die Geldpolitik der letzten Jahre mit Null- und Negativzinsen hat diese Reinigungskraft etwas unterbrochen. Man kann eine Krise auch dazu nützen, gestärkt daraus hervorzugehen und dabei den sozialen Anforderungen Genüge zu tun.“
Schumpeter hat die Theorie aufgestellt, dass im wirtschaftlichen Prozess auch Unternehmen verschwinden müssen, damit neue entstehen können.
Es passiert selten, dass die EZB einzelne Ratsmitglieder korrigiert. Ungewöhnlich ist vor allem, dass sie gleich zu Beginn ihrer Erklärung auch den Namen von demjenigen erwähnt, den sie meint.
Holzmanns Äußerungen kommen zu einem kritischen Zeitpunkt: Weltweit ringen Regierungen und Notenbanken gerade um die richtigen Konzepte, damit Unternehmen die Coronakrise überleben.
Zugleich sind die Risikoaufschläge italienischer Staatsanleihen relativ hoch, weil die Investoren offenbar Zweifel haben, dass die EZB oder die Europäische Union (EU) dem Land, das von der Krise besonders schwer getroffen ist, entschlossen genug beispringen würde.
Holzmann war vom früheren Vizekanzler und ehemaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in der Koalition mit der ÖVP unter Kanzler Sebastian Kurz durchgesetzt worden und für sechs Jahre als Gouverneur bestellt. Die frühere politische Rückendeckung kann er unter der neuen schwarz-grünen Regierung unter Kurz nicht mehr erwarten.
Wegen seiner direkten Art sorgt Holzmann regelmäßig für Irritationen im EZB-Rat. In der Coronakrise hat Holzmann aber zuletzt mit Blick auf die Lage in seinem Heimatland zu beruhigen versucht: „Die Oesterreichische Nationalbank ist jederzeit in der Lage, die Bargeldversorgung sicherzustellen“, versicherte der Gouverneur erst am Montag. „Die Konten sind sehr sicher.“
Er appellierte an die „Vernunft“ seiner Landsleute, Bargeld nicht in großen Mengen zu horten. Zu Hause sei es auch nicht sicher. Am vergangenen Freitag wurde zwei- bis dreimal so viel Bargeld in Österreich abgehoben wie vor der Coronakrise.
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