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29.04.2022

14:11

Preise

Inflation im Euro-Raum auf Rekordhoch: Preise steigen um 7,5 Prozent

Von: Jan Mallien, Lisa Oenning

Die Folgen des Ukrainekriegs machen sich bei der Teuerung bemerkbar. Die Europäische Zentralbank gerät dadurch stärker unter Handelsdruck.

Lebensmittel: Kunden auf einem Wochenmarkt dpa

Kunden auf einem Wochenmarkt

Der Kaufkraftverlust belastet die Verbraucher.

Düsseldorf/Frankfurt Die Inflationsrate im Euro-Raum ist im April weiter gestiegen: Die Verbraucherpreise erhöhten sich um 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, wie das europäische Statistikamt Eurostat am Freitag in Luxemburg auf Basis einer ersten Schätzung mitteilte.

Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Experten hatten mit diesem Anstieg gerechnet. Im März hatte der Wert bei 7,4 Prozent gelegen. Für Deutschland hatte das Statistische Bundesamt für April bereits eine Inflationsrate von 7,4 Prozent vermeldet. Allerdings unterscheidet sich die Berechnungsweise für Deutschland von der auf europäischer Ebene.

Aktuell wird die Inflation durch die Folgen des Krieges in der Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen angeheizt. Russland ist ein wichtiger Exporteur von Öl und Gas nach Europa, aber auch von Weizen und anderen Rohstoffen, die zum Beispiel für Düngemittel benötigt werden. Dort sind die Preise zuletzt zum Teil deutlich gestiegen.

Grafik

Die hohe Inflation setzt die Europäische Zentralbank (EZB) unter Druck. Sie strebt eigentlich eine Preissteigerung von zwei Prozent für den Währungsraum an. Die Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib, fordert daher jetzt schnellere Zinserhöhungen. „Ich würde mir wünschen, dass die EZB bei der Ratssitzung im Juni die Zinsen schneller erhöht als bisher in Aussicht gestellt.“

Bislang hat sich die Notenbank nicht klar festgelegt. Sie will ihre Anleihezukäufe bis Juni auf monatlich 20 Milliarden Euro reduzieren. Ein Ende der Käufe gilt als Voraussetzung für eine Zinserhöhung. Wann es aber genau dazu kommt, ist ließ EZB-Chefin Christine Lagarde auf ihrer Pressekonferenz Mitte April offen.

Signale für Zinserhöhung im Juli

Vor wenigen Tagen sagte die Notenbankpräsidentin jedoch, dass die Käufe „mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem frühen Zeitpunkt im dritten Quartal, wahrscheinlich im Juli“, auslaufen würden. Das sei dann der Zeitpunkt, „sich die Zinsen und eine Erhöhung dieser Zinsen anzuschauen“.

Zuvor hatten bereits EZB-Vize Luis de Guindos und Bundesbank-Chef Joachim Nagel eine Zinserhöhung im Juli signalisiert. Aktuell liegt der für die Geldpolitik entscheidende Einlagenzins im Euro-Raum bei minus 0,5 Prozent. Viele Analysten haben zuletzt ihre Prognosen angepasst und gehen jetzt davon aus, dass er schneller angehoben wird.

Die US-Großbank JP Morgan erwartet im Juli die erste Zinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte. Danach rechnet sie mit weiteren Schritten im September und Dezember und vier Erhöhungen im kommenden Jahr. Dann läge der Einlagenzins bei 1,25 Prozent.

Jari Stehn, Europa-Volkswirt der US-Bank Goldman Sachs, erwartet ebenfalls einen Stopp der Anleihezukäufe für Ende Juni und dann dieselbe Abfolge an Zinserhöhungen bis auf 1,25 Prozent im kommenden Jahr. Eine schwache Konjunktur könne zu einer langsameren Abfolge führen, erklärte Stehn. Sollten sich jedoch Zweitrundeneffekte zeigen, also Lohnerhöhungen, die wiederum die Preise treiben, dann sei im Gegenzug auch eine schnellere Abfolge möglich.

EZB-Chefvolkswirt Philip Lane relativierte am Freitag die Bedeutung der erwarteten Zinswende. Wichtiger sei der Umfang und die zeitliche Abfolge bei der Normalisierung der Zinspolitik, sagte der Ire auf Bloomberg TV. „Die Geschichte kreist nicht darum, ob wir uns beim Einlagesatz von minus 0,5 wegbewegen“, fügte er hinzu.

Innerhalb des Euro-Raums war die Inflation im April in Estland am höchsten (19 Prozent), gefolgt von Litauen (16,6 Prozent) und Lettland (13,2 Prozent).

Stärkster Preistreiber im Währungsraum war Energie, die sich um 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr verteuerte. Der Anstieg fiel damit etwas niedriger aus als noch im März, als er bei 44,4 Prozent gelegen hatte. Die Preise für unverarbeitete Nahrungsmittel zogen um 9,2 Prozent an. Die um besonders schwankungsanfällige Preise für Energie, Lebensmittel sowie Alkohol und Tabak bereinigte Kernrate lag bei 3,5 Prozent.

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