P&R beschäftigt weiter die Gläubiger. Vorausgefüllte Forderungslisten sollen es ihnen einfacher machen – doch Anwälte warnen vor der Unterschrift.
Düsseldorf Es war eine logistische Herausforderung: 80.000 Briefe hat Insolvenzverwalter Michael Jaffé an die Anleger des gescheiterten Direktinvestmentanbieters P&R verschicken lassen. Etwas später als versprochen sind sie nun bei den Empfängern angekommen: In vorausgefüllten Forderungsanmeldungen ist dort aufgelistet, wie viel Geld der insolvente Containerriese jedem einzelnen Anleger schuldet.
Jetzt stößt die Post vom Verwalter allerdings auf Misstrauen: Zwar freuen sich die überwiegend älteren Anleger, dass sie ihre Unterlagen nicht selbst durchforsten müssen, sondern dass ihre Ansprüche schon komplett eingetragen sind. Erste Checks haben ergeben, dass die Tabellen stimmen.
Allerdings: Die Sparer unterschreiben mit dem Formular auch eine vom Insolvenzverwalter verfasste Erklärung, in der sie auf bestimmte Ansprüche verzichten sollen. Zuvorderst geben die Anleger damit das Recht ab, auf ihre Container zuzugreifen. Anwälte raten daher von der Unterschrift ab.
Die Forderungsanmeldung ist für Anleger der erste wichtige Schritt nach dem Zusammenbruch des Containervermittlers im März. Die P&R-Gruppe hatte privaten Sparern Seefrachtcontainer verkauft. Diese wurden über eine Schweizer Schwestergesellschaft an Reedereien vermietet, die Anleger bekamen die Miete ausgezahlt und konnten nach fünf Jahren den Container mit Abschlag wieder zurückgeben.
Der Haken: Mit der Pleite stellte sich heraus, dass eine Million Container fehlten. 54.000 Anleger bangen nun um eine Gesamtsumme von 3,5 Milliarden Euro.
Das Hauptproblem: Fraglich ist, ob die vorhandenen Container überhaupt einzelnen Anlegern zugeordnet werden können. Nur etwa zehn Prozent der Anleger haben sich Zertifikate auf ihre Frachtkiste geben lassen. Auch sie sollen in den Forderungsanmeldungen nun unterschreiben, dass sie keine Ansprüche auf „ihren“ Container geltend machen wollen.
Ein weiterer Punkt: Alle Anleger, gleich ob sie ein Zertifikat haben oder nicht, haben vertraglich zugesicherte Ansprüche auf Mietzahlungen. Sollten die deutschen P&R-Gesellschaften zahlungsunfähig sein, können die Sparer diese Ansprüche auf laufende Zahlungen direkt bei der mit der Vermietung der Container beauftragten P&R-Schwestergesellschaft in der Schweiz geltend machen. So steht es zumindest in den Verträgen. Auch darauf sollen die Anleger nun mit ihrer Unterschrift unter die vorausgefüllte Forderungsanmeldung verzichten.
3,5 Milliarden Euro hat der Anbieter von Container-Investments von Anlegern eingesammelt. Nun stellt sich heraus: Fast zwei Drittel der Container gibt es gar nicht.
Anlegeranwälte warnen nun, Gläubiger gäben durch eine Unterschrift verfrüht zu viel aus der Hand. Insolvenzverwalter Jaffé hingegen bezweifelt, dass Anleger überhaupt Eigentumsrechte an bestimmten Containern haben, ganz egal, ob sie ein Zertifikat mit Nummer besitzen oder nicht. Die Abtretungen gehen laut Jaffé allesamt ins Leere, weil es an der „notwendigen Bestimmtheit“ fehle. Auch müsse er erst nach Eröffnung des Verfahrens geltend gemachte Sicherheiten anfechten. Aber er bestätigt auch: Den Gläubigern steht offen, selbst alle Belege beizubringen und zuzuschicken.
Mehrere große Kanzleien setzen die Forderungsanmeldungen ihrer Mandanten nun neu auf – ohne die umstrittene Abtretungsklausel. So auch Marc Gericke von der Kanzlei Goeddecke: „Ich würde die Diskussion über besondere Rechte Einzelner jetzt noch gar nicht führen. Das ist juristisches Hochreckturnen, das versteht doch kein Anleger.“ Rechtsanwalt Peter Mattil möchte die möglichen Eigentumsverhältnisse erst über ein Gutachten klären lassen.
Keine gute Idee sei es, in den Formularen des Verwalters eigenhändig Sätze durchzustreichen: „Dann könnten die Forderungen nicht anerkannt werden.“
Rechtsanwalt Wolfgang Schirp aus Berlin stört sich besonders an dem Punkt, dass Anleger mit ihrer Unterschrift auch auf ihre Rechte auf Mietzahlungen gegenüber der Schweiz verzichten sollen. „Ich halte das Vorgehen des Insolvenzverwalters für irreführend“, sagt er. Er rät, vollständig eigene Anspruchsanmeldungen abzugeben und sich die Verfolgung aller Rechte, auch der Ansprüche gegen die Schweiz, vorzubehalten.
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