In Deutschland gewinnen Gewährleistungsversicherungen an Bedeutung. Die Risikoabsicherung hat Vorteile, erhöht aber die Komplexität.
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Mit einer Gewährleistungsversicherung schließt der Verkäufer weitgehend die Haftung für Garantien und Steuern aus.
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Frankfurt Ein zentrales Thema bei M&A-Deals ist die Risikoverteilung: Käufer sind auf eine möglichst umfangreiche Sicherung aus, Verkäufer hingegen möchten weitgehend aus der Haftung heraus.
Typische Sicherungsinstrumente im deutschen Markt bei größeren Transaktionen sind das Treuhandkonto oder das Patronat. Bei vielen Deals kommen sie aber nicht in Betracht.
Im angloamerikanischen Umfeld hat sich die „Warranty-and-Indemnity-Versicherung“, zu Deutsch „Gewährleistungsversicherung“ etabliert und bewährt. In Deutschland gewinnt diese Form der Risikoabsicherung an Bedeutung, vor allem die klassische Industrie und der Mittelstand fangen aber erst an, das Mittel für sich zu entdecken.
Das liegt möglicherweise an den Kosten. „Sie hängen von der eingekauften Haftungshöhe ab. Bei einer Transaktion im Bereich von 100 Millionen Euro wird der Käufer zwischen zehn und 20 Millionen Euro abdecken wollen.
Die Prämie liegt je nach Anbieter und Marktlage zwischen einem und zwei Prozent“, rechnet Henrik Armah vor, Rechtsanwalt bei der Kanzlei Greenberg Traurig. Über die vergangenen Jahre sei der Preis gesunken, vor rund fünf Jahren habe dieser noch zwischen 70.000 und 100.000 Euro liegen können.
Der Verkäufer schließt weitgehend die Haftung für Garantien und Steuern aus, für den Käufer ergibt sich der Vorteil, dass das Versicherungsunternehmen haftungstechnisch den Verkäufer ersetzt.
Frühere zähe Verhandlungen um die Risikoverteilung fallen mit der Versicherung leichter: „Es gibt weniger Diskussionen über den Umfang des Garantiekatalogs“, berichtet Deny-Jean Silny, Head of Legal M&A bei der Bayer AG. „Aber: Auch beim Rückgriff auf eine Versicherungslösung möchte der Verkäufer Aussagen ins Blaue hinein vermeiden, die unter Umständen als vorsätzliches Verhalten gewertet werden könnten.“
Zum Beispiel der Streit, ob entgangene Gewinne ersetzt werden sollen, ist mit der Versicherungslösung regelmäßig obsolet. Ein weiterer Vorteil: „Die Verkäufer-Käufer-Beziehung bleibt unbelastet“, so Armah. „Das ist vor allem dann wichtig, wenn die Verkäufer selbst oder Vertreter aus dem verkaufenden Betrieb weiterhin im Management des Zielobjekts tätig sein sollen.“
Zu den Nachteilen der Gewährleistungsversicherung gehört, dass bekannte Risiken nicht versichert sind und das den Grundumfang limitiert. Zusatzoptionen lassen sich die Versicherer gut bezahlen.
Mit dem Versicherer haben die Parteien außerdem einen zusätzlichen Partner mit am Verhandlungstisch, der kritisch hinterfragt und genau hinsieht. Umso höhere Bedeutung kommt der Sorgfaltsprüfung – der Due Diligence – zu.
Die Berichterstattung muss hohen formalen Anforderungen genügen. Und: „Um Verzögerungen zu vermeiden, sollte der Bericht keine missverständlichen Formulierungen enthalten“, erklärt Silny. Ziel müsse es sein, dass ein Versicherer möglichst wenige Rückfragen hat.
Dadurch besteht unternehmensintern mehr Abstimmungsbedarf, der Prüfprozess gestaltet sich komplexer. „Unklarheiten und Lücken bei der Sorgfaltsprüfung können zulasten des Versicherungsschutzes gehen und Ausschlüsse zur Folge haben.“ Ob eine Gewährleistungsversicherung ein Geschäft begleiten soll, sollte daher möglichst früh in die Überlegungen einbezogen werden.
Was noch aussteht, ist außerdem der Krisenfall. Noch ist ungewiss, wie sich Versicherungsgesellschaften verhalten. Lassen sie sich erst einmal verklagen, ist nicht viel gewonnen. Das weiß auch Rechtsanwalt Armah: „Es gibt Bewertungen, es gibt die Einschätzungen der Broker. Aber erst eine Krise wird zeigen, ob das Netz auch wirklich hält.“
Alexander Pradka ist leitender Redakteur bei der Fachzeitschrift „In-house Counsel“. Dieser Artikel stammt aus der Kooperation zwischen dem Handelsblatt und der Fachzeitschrift.
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