Steuerakten im Regal
Im Durchschnitt bekommen diejenigen, die eine Einkommensteuererklärung abgeben, über 1000 Euro vom Fiskus zurück.
Bild: imago/fossiphoto
Erleichterungen für Alleinerziehende, energetisches Sanieren, Homeoffice oder Umzug – das Jahr 2020 bringt für Steuerzahler einige Änderungen mit sich. Ein Überblick.
Frankfurt Mai ist Steuererklärungszeit. Die Frist für die Abgabe ist seit letztem Jahr zwar erst Ende Juli, trotzdem nutzen viele den Wonnemonat mit seinen vielen Feiertagen für die Steuererklärung. Und der Aufwand lohnt sich meist.
Für das erste Corona-Jahr 2020 stehen die Chancen auf eine Steuerrückerstattung gut. Es wurden mehrere Pauschalen und Freibeträge angehoben. Besonders Kurzarbeiter sollten daran denken, Ausgaben geltend zu machen, um eine drohende Steuernachzahlung möglichst klein zu halten. Auch einige Formulare wurden 2020 überarbeitet. Das sind die wichtigsten Änderungen im Überblick:
Gute Nachrichten für alle, die berufsbedingt einen zweiten Haushalt führen. Schon 2019 hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass Einrichtungsgegenstände und Hausrat für die Zweitwohnung grundsätzlich in vollem Umfang als Werbungskosten steuerlich absetzbar sind (Az: VI R 18/17). 2020 teilte das Bundesfinanzministerium mit, dass die Finanzverwaltung Ausgaben bis zu 5.000 Euro inzwischen als unproblematisch ansieht (BMF-Schreiben IV C 5 - S 2353/19/10011 :006).
Der Gesetzgeber will die Elektromobilität weiter fördern. Deshalb gibt es 2020 für elektrisch betriebene Lieferfahrzeuge (Fahrzeugklassen N1, N2 und N3) und elektrisch betriebene Lastenfahrräder eine Sonderabschreibung. Wer sich ein neues Elektrofahrzeug oder -rad anschafft, kann künftig im Anschaffungsjahr eine Sonderabschreibung von 50 Prozent vornehmen - zusätzlich zur regulären Abschreibung.
„Elster“ ist die Abkürzung für „ELektronische STeuerERklärung“. Wer bislang das Formular „Elster-Formular“ genutzt hat, muss ab dem Steuerjahr 2020 auf „Mein ELSTER“ umsteigen. Planen Sie eventuell etwas mehr Zeit ein, denn die Eingabe ist etwas anders. Arbeitnehmer und Senioren können aber weiterhin auch die Papierformulare nutzen oder eine Steuersoftware oder Steuer-App nutzen.
Wer seit Anfang 2020 seine selbst genutzte Immobilie energetisch saniert, kann die Ausgaben bis zu einer Höhe von 200.000 Euro von der Steuer absetzen. Insgesamt sind 20 Prozent – also 40.000 Euro pro Wohnobjekt – verteilt über drei Jahre steuerlich abzugsfähig. Die Kosten für den Energieberater sind zur Hälfte absetzbar.
Wie jedes Jahr sind auch 2020 einige Grenzwerte gestiegen, weshalb Steuerzahler höhere Ausgaben bei der Steuererklärung geltend machen können: Der Grundfreibetrag – das steuerfreie Existenzminimum – beträgt nun 9408 Euro.
Mütter und Väter, die sich allein um ihren Nachwuchs kümmern, erhalten obendrauf noch einen speziellen Freibetrag für Alleinerziehende in Höhe von 4008 Euro (Vorjahr: 1998). „Nach unserer Erfahrung wurde der neue Freibetrag bei vielen in der Gehaltsabrechnung im letzten Jahr noch nicht berücksichtigt“, berichtet Erich Nöll, Geschäftsführer beim Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine (BVL).
Sie sollten also unbedingt eine Steuererklärung abgeben. Ein Alleinerziehender mit 40.000 Euro zu versteuerndem Einkommen zahlt dadurch inklusive Solidaritätszuschlag rund 761 Euro weniger Einkommensteuer für 2020.
Auch die Altersvorsorge wurde erneut attraktiver. Ledige können für 2020 Vorsorgeaufwendungen in Höhe von bis zu 25.046 Euro geltend machen – Ehepaare das Doppelte. Das Finanzamt berücksichtigt davon 90 Prozent.
Ein lediger Rentner, der 2020 in Rente ging, kann eine steuerfreie Jahresbruttorente von bis zu 13.708 Euro einstreichen – wobei diese Berechnung nur für Personen gilt, die ausschließlich Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder vergleichbare Altersrenten beziehen und keine anderen, steuerlich relevanten Einkünfte haben.
Wer beruflich bedingt umzieht, kann eine höhere Umzugspauschale geltend machen. Ab 1. März 2020 beträgt sie 820 Euro (vorher: 811 Euro), für Verheiratete sind es 1.639 Euro (vorher: 1.622 Euro). Für jede weitere Person kommt noch ein Betrag in Höhe von 361 Euro hinzu. Die Pauschale gilt für sonstige Umzugskosten. Daneben können die Aufwendungen für den Transport der Möbel, die Kosten für Fahrten zur Wohnungsbesichtigung oder für doppelte Mietzahlungen in tatsächlicher Höhe geltend gemacht werden.
Die Steuerformulare 2020 basieren im Wesentlichen auf denen des Vorjahres. Neu hinzugekommen ist die Anlage „Corona-Hilfen“ für Unternehmer und Selbstständige. Sie ergänzt die Anlage G, L und S und muss auch dann ausgefüllt werden, wenn die Hilfsgelder bereits in der Gewinn- oder Einnahmen-Überschuss-Rechnung enthalten sind.
Wer seine Wohnimmobilie energetisch saniert, muss die Kosten dafür in der neuen Anlage „Energetische Maßnahmen“ eintragen.
Neue Formulare gibt es auch für Rentner. Die bisherige Anlage R wurde in drei Anlagen aufgeteilt: In die Anlage R kommen wie bisher die gesetzlichen und privaten Renten aus dem Inland. Leistungen aus inländischen Altersvorsorgeverträgen und betrieblicher Altersvorsorge wie Riester- und Betriebsrenten werden jetzt in der neuen Anlage R-AV/bAV erklärt.
Und wer Renten und Leistungen aus ausländischen Versicherungen, Verträgen und betrieblichen Versorgungseinrichtungen erhält, muss dies künftig in der neuen Anlage R-AUS angeben.
Wegen der Corona-Pandemie arbeiteten im vergangenen Jahr viele Menschen von zu Hause aus. Wer dort kein eigenes Arbeitszimmer hat, das er absetzen kann, kann für 2020 und 2021 die Homeoffice-Pauschale von fünf Euro pro Tag ansetzen. Sie kann für insgesamt 120 Tage pro Jahr (also 600 Euro) in Anspruch genommen werden.
Kleinunternehmer brauchen ab 2020 keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen, wenn der Umsatz im vergangenen Kalenderjahr die Grenze von 22.000 Euro (bisher: 17.500 Euro) nicht überstiegen hat und 50.000 Euro im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht übersteigen wird.
Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung können als Sonderausgabe abgezogen werden. Um Steuern zu mindern, zahlen einige Steuerzahler Beiträge für weitere Jahre im Voraus. Die Grenze wird vom 2,5-Fachen des Jahresbeitrages auf den dreifachen Jahresbeitrag angehoben. Im Gegenzug wurde die Alters-Sonderregelung gestrichen. Bisher galt die Beschränkung nicht für Beitragszahlungen, die der Beitragsminderung nach Vollendung des 62. Lebensjahres dienen. Diese Regelung entfällt.
Die Steuererklärung kann man digital über „Mein ELSTER“ erstellen und abschicken, nachträglich eingeforderte Belege konnten bis dato jedoch nicht über die Plattform übermittelt werden, sondern ausschließlich in Papierform per Post oder per E-Mail eingereicht werden. Das ändert sich nun mit dem Projekt „NACHDIGAL - Nachlieferung digital“. Bayern, Hessen und Baden-Württemberg und Thüringen haben ihr System schon aufgerüstet. Die anderen Bundesländer sollen folgen.
Beim Bundesfinanzhof ist aktuell ein Gerichtsverfahren anhängig, in dem geprüft wird, ob die Ausgaben für Krankheitskosten – ohne zumutbare Eigenbelastung – ab dem ersten Euro berücksichtigt werden müssen (Az.: VI R 18/19). Diese sind eigentlich nur dann steuerlich absetzbar, wenn sie die Grenze der zumutbaren Eigenbelastung übersteigen.
Steuerzahler sollten bis zur Entscheidung des Verfahrens alle Krankheitskosten geltend machen. Hier wird kein Einspruch gegen den Steuerbescheid nötig, denn dieser bleibt wegen eines Vorläufigkeitsvermerks in diesem Punkt automatisch offen.
Außerdem prüft das Bundesverfassungsgericht aktuell in zwei Verfahren die Frage, ob der Zinssatz für Steuernachzahlungen und Steuererstattungen von 0,5 Prozent pro Monat (= 6 Prozent pro Jahr) im seit Jahren andauernden Niedrigzinsumfeld noch verfassungsgemäß ist (Az: BVerfG – 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17). Das Urteil dürfte auch Auswirkungen auf andere Steuerzahler haben, denn in vielen Fällen sind die Steuerbescheide wegen der Zinsen vorläufig und könnten damit noch zugunsten der Steuerzahler geändert werden.
Dürfen Verluste aus dem Verkauf von Aktien nur mit Gewinnen aus dem Verkauf von Aktien verrechnet werden? Damit befasst sich aktuell der Bundesfinanzhof (Az.: VIII R 11/18). Die Frage ist für Kapitalanleger interessant und könnte weitreichende Folgen haben. Denn zuletzt wurden weitere Verrechnungsbeschränkungen beschlossen – für Totalverluste ab 2020 und für Termingeschäfte ab 2021.
Seit diesem Jahr lindert der Fiskus nicht mehr in voller Höhe den Schaden aus Totalverlusten. Wer mit uneinbringlichen Kapitalforderungen Geld verliert, kann dies steuermindernd nur noch bis zu einer Höhe von 20.000 Euro mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnen. Der Rest muss aufs Folgejahr vorgetragen werden.
Lassen Sie sich nicht irritieren: In der Anleitung zur Anlage KAP ist noch der ursprünglich geplante Betrag von 10.000 Euro enthalten. Erst mit dem Jahressteuergesetz 2020 wurde diese Summe hochgesetzt. Der Bund der Steuerzahler erwartet, dass Anleger gegen diese Verrechnungsbeschränkung juristisch vorgehen. Sobald ein Verfahren bekannt wird, können betroffene Steuerzahler Einspruch gegen ihren Steuerbescheid einlegen und darum bitten, den Bescheid in diesem Punkt so lange offen zu lassen, bis eine Entscheidung vorliegt.
Ehepaare dürfen künftig mehrfach im Jahr ihre Steuerklasse wechseln. Das war bislang nur einmal jährlich möglich. Wenn am Jahresende eine Steuernachzahlung fällig wird, sollten Ehepaare immer prüfen, ob sie nicht besser die Steuerklasse wechseln, rät der Bund der Steuerzahler.
Die Klasse bestimmt unter anderem die Höhe von Lohnersatzzahlungen wie Arbeitslosen-, Kurzarbeitergeld oder auch Elterngeld, denn diese richten sich nach dem zuvor erhaltenen Nettogehalt. Hat ein Ehepartner 2020 Kurzarbeitergeld erhalten, sollte man prüfen, ob eine Einzel- oder die Zusammenveranlagung günstiger ist, empfiehlt der Bund der Steuerzahler.
Das Kurzarbeitergeld selbst ist zwar steuerfrei, es erhöht aber den Steuersatz für die übrigen Einkünfte. Am einfachsten lässt sich die bessere Variante mit einer Steuer-Software ausrechnen, aber auch Lohnsteuerhilfevereine oder Steuerberater können dies prüfen.
Corona schränkte die Reisetätigkeit vieler Arbeitnehmer stark ein. Wer trotzdem unterwegs war, kann nunmehr eine höhere Verpflegungspauschale absetzen: Bei mehr als acht Stunden Abwesenheit von zu Hause beträgt sie 14 Euro, bei 24 Stunden 28 Euro. Für Berufskraftfahrer, die in ihrer Lkw-Kabine übernachten statt in einem Hotel, gibt es eine neue Pauschale in Höhe von acht Euro pro Tag.
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